01-2015 D

Lebe ICH - oder WERDE ICH GELEBT

Wer wünscht sich nicht, eine klare Lebensvision zu ha- ben, von der Arbeit erfüllt zu sein, sich von Gott am rich- tigen Platz zu wissen und möglichst grosse Segensspu- ren zu hinterlassen? Wir erinnern uns an Leute, die – so scheint es – genau diesen Traum leben können. Sie erzählen von sich, Gottes Stimme gehört, von ihm einen Auftrag erhalten zu haben und jetzt mit seiner Hilfe einen segensreichen und erfüllten Dienst tun zu können. Das scheinen ganz besondere Menschen zu sein, die Gott speziell auserwählt hat und die weit über dem christlichen Durchschnitt liegen. Ist das wirklich so? Oder wie Einzelne fühlen sich zurzeit vielleicht eher wie in ein Korsett gezwängt. Umstände zwingen sie dazu, imMoment Dinge zu tun, die sie lieber nicht tun möchten. Oder die Angst vor dem Ungewissen hält sie davon ab, mutige und neue Schritte zu wagen. Die Macht des Gewohnten gibt ihnen mehr Sicher- heit als die Ungewissheit eines neuen Weges. Schnell drängt sich da die Frage auf: Lebe ich – oder werde ich gelebt? Ich finde es sehr wichtig, dass wir uns dieser Frage ehrlich stellen. Wer über längere Zeit das Gefühl hat, gelebt zu wer- den, wird auf Dauer frustriert und unglücklich sein. Natürlich kann es Umstände geben, wie zum Beispiel ein Unfall oder eine Krankheit, die uns über eine gewisse Zeit davon abhal- ten, unsere Lebensvision zu leben. Oder bestimmte Rahmen- bedingungen prägen unser Planen entscheidend mit. Wer zum Beispiel verheiratet ist und/oder eine Familie hat, muss können wir unsere Lebensvision finden? Lebe ich – oder werde ich gelebt?

seine Lebensvision diesen Rahmenbedingungen anpassen. Wichtig ist aber, dass wir unsere persönliche Lebensvision oder, anders gesagt, unsere Berufung finden und uns danach ausrichten. Es ist nicht Gottes Absicht, uns in einer Aufgabe festzuhalten, in der wir ständig unter dem Eindruck stehen, am eigentlichen Ziel vorbei zu leben. Wie finde ich meine Lebensvision? Ich weiss noch genau, wie ich als junger Christ darunter ge- litten habe, meine persönliche Berufung zu finden. Schon sehr früh spürte ich einen tiefen Wunsch in mir, mein gan- zes Leben für Jesus Christus und in den Aufbau christlicher Gemeinden zu investieren. Damals hörte ich aber fast immer nur Berichte von Missionaren, die eigentlich nie in die Missi- on gehen wollten. Doch eines Tages hatten sie eine intensive, ja fast übernatürliche Begegnung mit Gott, sodass sie genau wussten, zu diesem Schritt berufen zu sein. Sicher spricht Gott auch heute noch zu Einzelnen so deutlich. Bei mir löste dies aber stets grosse Verunsicherung aus. Ich dachte, dass mein tiefer Wunsch, Gott zu dienen, nur eine menschliche Idee sei. Und so wartete ich immer auf dieses übernatürliche Berufungserlebnis, das mir hoffentlich eine genaue Dienst- anweisung geben würde. Ich glaube, dass es auch heute noch viele Christen gibt, in deren Herzen schon lange eine Vision für ihr Leben brennt. Aber sie warten auf ihr übernatürliches Berufungserlebnis und lassen so wertvolle Jahre verstreichen. Schon mehrmals haben mir Leute enttäuscht erzählt, dass sie vor langer Zeit eine Herzensvision für etwas Bestimmtes hatten, aber den entscheidenden Schritt zur Umsetzung nie gewagt haben.

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