Ehrenamt und Herzenssache: Türkei und Deutschland

Ihr seid aber trotzdem weiterhin eine unabhängige NGO, oder?

Ist das eine Lebenshaltung, die man aus dem Ehren­ amt mitnehmen kann?

Feyza Kılınç: Ja, natürlich.

Feyza Kılınç: Das nimmt man definitiv mit. Ich arbeite jetzt schon sechs Jahre für Uluslararası Damla Gönül - lüleri Derneği und möchte das, was ich hier mache, mein Leben lang tun. Aber von irgendwas musst du auch leben? Wäre zu­ mindest eine Aufwandsentschädigung nicht angemes­ sen? Wie denkst du über die Professionalisierung von sozialem Engagement? Feyza Kılınç: Nun, wir arbeiten ja professionell. Wir wissen genau, was wir tun. Wir tun es eben freiwillig, ohne Geld. Ich arbeite als Psychotherapeutin und bin daher nicht darauf angewiesen, für mein Ehrenamt Geld zu bekommen. Natürlich ist mir der Gedanke der Professionalisierung, die du ansprichst, nicht völ - lig fremd. Ich merke auch, wie mein Beruf und mein freiwilliges Engagement immer mehr zusammenge - hen. Meine Kenntnisse als Psychotherapeutin helfen mir sehr bei meiner Freiwilligenarbeit. Wie hast du die Unterschiede bei freiwilligem Enga­ gement in Deutschland und der Türkei während des Deutsch-Türkischen Fachtags wahrgenommen?

Umfasst die Förderung auch euer Personal – zum Beispiel die Köche – oder sind es ausschließlich Mittel für das Essen? Feyza Kılınç: Wir bekommen die Förderung aus - schließlich für die Lebensmittel, die wir benötigen. Wer hier arbeitet, tut es zu 100 % ehrenamtlich und bekommt kein Geld dafür. Unsere ehrenamtlich Enga - gierten möchten nichts. Das betrifft nicht nur die Kö - che, sondern zum Beispiel auch die Kinderbetreuung, die wir anbieten, wenn ganze Familien zu uns kom - men. Unsere Arbeit gründet auf dem Herzen, nicht auf Geld. Beim ersten Teil des Deutsch-Türkischen Fachtags im Oktober hast du über deine Arbeit berichtet und dabei viel Begeisterung ausgestrahlt. Wo kommt die her? Feyza Kılınç: Es löst bei mir ein Glücksgefühl aus, wenn Menschen, denen wir helfen können, strahlen. Es ist schön, für Menschen da zu sein. Wenn du nach meinem Motiv fragst: Ich möchte Menschen lachen sehen.

Feyza Kılınç: Die Unterschiede scheinen wirklich groß zu sein. Nach dem Fachtag habe ich Freunde in Deutschland kontaktiert, um mehr darüber zu erfahren, wie es dort funktioniert. Mir kommt es fast wie ein Arbeitszweig vor, der gut finan - ziert ist. In der Türkei bedeutet Frei - willigkeit 100 % Freiwilligkeit. Unse - re Arbeit gründet auf dem Herzen, nicht auf Geld. Niemand denkt dar - an, irgendetwas zu bekommen.

Feyza Kılınç arbeitet als Ehrenamtlerin für eine NGO in Ankara, die Essen an bedürftige Menschen ausgibt. Sie berichtet von ihrer freiwilligen Arbeit und was sie dazu motiviert.

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