Ehrenamt und Herzenssache: Türkei und Deutschland

„Es war für alle eine wichtige Erfahrung, ernst- genommen zu werden“ Interview mit Tillie Kluthe vom Verein AB Eğitim, Kültür ve İnsan Hakları Çalışmaları Derneği Die „Mersin International Activities Group“ (kurz: „Mersin International“) besteht seit Juli 2016. Gegründet hat sie Tillie Kluthe. Sie pendelt seit vielen Jahren zwischen Ber - lin und Mersin, gelegen an der türkischen Südküste, ist Vorsitzende des „Freundschaftsvereins Berlin-Mersin e.V.“, Förderverein der Städtepartnerschaft zwischen Tempelhof-Schöneberg zu Berlin und Mezitli-Mersin, sowie des Vereins „AB Eğitim, Kültür ve İnsan Hakları Çalışmaları Derneği“ in Mersin, einem Verein für EU- Austauschprojekte und Veranstaltungen im Bereich Bildung, Kultur und Menschenrechte. Gemeinsam mit ihren Freund*innen in Mersin nahm Tillie Kluthe die zunehmenden Spannungen in der tür - kischen Hafenstadt wahr: Seit Beginn des Syrienkriegs 2011 sind tausende Menschen in die Provinzhaupt -

stadt geflüchtet, die Bevölkerung wuchs um ca. 30 % an. Im Alltag und in den sozialen Medien konnte eine zunehmend ablehnende Haltung der Anwohner*innen gegenüber den Menschen aus Syrien beobachtet wer - den, die häufig auf Fehlinformationen und Vorurteilen basierte. Kluthe und ihre Mitstreiter*innen kamen auf die Idee, ihre Vorerfahrungen mit inklusiven, interkultu - rellen Erasmus+-Projekten zu nutzen und gemeinsam mit türkischen, syrischen und anderen Freiwilligen mit Migrationserfahrung einen interkulturellen Austausch auf lokaler Ebene in Form von Stadtteilfesten zu orga - nisieren. In den folgenden Jahren haben sie auf diese Weise u.a. mehrere Frühlingsfestivals auf die Beine gestellt – mit sehr wenig Budget, nur mit Hilfe kleinerer lokaler Spon - soren und in Kooperation mit der Bezirksverwaltung Me - zitli, lokalen Vereinen, Initiativen und Angehörigen der Schulen und der Mersiner Universität. Wir haben Tillie Kluthe nach ihren Erfahrungen beim Aufbau dieses Projekts und bei der Arbeit mit Freiwilli - gen vor Ort gefragt.

Was ist das Besondere an diesem Projekt – inhaltlich, organisatorisch, politisch?

Tillie Kluthe: Die Idee war inspiriert von Nachbar - schaftsfesten, sogenannten

„Kiezfesten“, die ich aus Berlin kenne, und von Erfahrungen in Erasmus+-Projekten. Das Be - sondere an „Mersin Internatio - nal“ ist eindeutig die Mischung an Menschen, an lokalen Insti - tutionen, Vereinen und Initia - tiven, die hier in einem bunten Potpourri zusammengekom - men sind. Es war uns sehr wichtig, unter - schiedlichste Personen sowohl in das organisierende Team, als Beitragende zum Programm der Festivals, als auch als Gäste anzusprechen. Die jeweils ein - tägigen Festivals wurden dabei sehr kurzfristig mit maximal zwei Monaten Vorlaufzeit orga - nisiert. Dies erforderte von allen Beteiligten viel Spontanität und

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