Clausewitz

Die Bauernrepublik bleibt für Jahrzehnte frei

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„Liebling“ des Landsknechts: der Langspieß

Die Beute ist auch ohne Lösegelder riesig. Größten Symbolwert hat der erbeutete Dane- brog, materiell ergiebig ist der eroberte Tross mit seinen Wagen und Geschützen. Auch die gegnerischen Toten plündert man aus. Der Sage nach bestatten die Bauern nur die ein- fachen Krieger, die Adeligen lässt man liegen. Hamburg und Lübeck bringen im Mai 1500 einen für die dänische Krone demütigenden Friedensschluss zustande. Für König Johann kommt es noch dicker: Die Schweden nutzen die Niederlage und stürzen ihn 1501. Landsknechtsverbände müssen auch im sogenannten „Schweizerkrieg“ 1499 herbe Niederlagen einstecken. Ein paar Jahre spä- ter beginnt jedoch ihr rasanter militärischer Aufstieg und die Entwicklung der typischen Landsknechtstracht. Dithmarschen bleibt noch zwei Generatio- nen unabhängig, unterliegt aber Dänemark in der sogenannten „Letzten Fehde“ 1559. Bis heute ist die Schlacht von Hemming- stedt tief im kollektiven Gedächtnis der Dith- marscher verankert. Zur Erinnerung wird im Februar 1900, also exakt 400 Jahre nach der Schlacht, die Tausendteufelwarft eingeweiht. Das Kunstwerk wird von dem Kieler Archi- tekten Wilhelm Voigt entworfen, im Zentrum ruht ein schwerer Findling auf vier starken Steinsäulen. Auf ihm ist der legendäre Schlachtruf der Dithmarscher Bauern eingra- viert: „Wahr die Garr, de Bur de kumt!“ Vom Denkmal, das auf einem kleinen Hügel steht, hat man eine gute Aussicht auf das umlie- gende Land, das bis heute passenderweise stark landwirtschaftlich geprägt ist. Die stol- zen Bauern von damals sind hier nicht ver- gessen. Hagen Seehase ist Realschullehrer sowie Autor PLOLWÁUKLVWRULVFKHU$UWLNHOXQG)DFKEÙFKHU dann gerät die Spitze der sich aufschaukelnden Pike schnell vor das Gesicht eines weiter hinten marschierenden Kameraden. Zumeist zieht man den Langspieß dicht hinter der Spitze gefasst hinter sich her und hebt ihn erst kurz vor dem Einnehmen der Kampfformation hoch. Maximilian schreibt seinen Landsknechten den Gebrauch des Langspießes vor, der allerdings nur als Waffe für Infanterieformationen taugt – ein Einzelner kann damit nur wenig anfangen. UNZERTRENNLICH: 'HU/DQJVSLH¼JHKÓUW ]XP/DQGVNQHFKWZLHGLH0XVNHWH]XU /LQLHQLQIDQWHULH)ÙUGLH5HLWHUHLLVWHLQHGD - PLWDXVJHUÙVWHWH)RUPDWLRQQXUVFKZHU]X GXUFKGULQJHQLP1DKNDPSILVWGLHÁX¼HUVW ODQJHXQGXQKDQGOLFKH:DIIHGDIÙUPHKU RGHUZHQLJHUQXW]ORV Abb.: Archiv Clausewitz

Reiter sein, um den Knecht davor zu schützen. Trotz dieser beeindruckenden Maße wiegt ein Langspieß aus langbrüchigem Eschenholz im Durchschnitt „nur“ 3,5 Kilogramm. Somit kann ein Landsknecht diese Waffe bequem trans- portieren, allerdings selten geschultert, denn

einzugreifen. Die Dithmarscher jedoch greifen gezielt die Pferde an und hemmen somit die Beweglichkeit. Die Ritter und ihr Gefolge wer- den in die Gräben abgedrängt, wo die Bauern sie leicht niedermachen können. Blutiger Abgesang Nach nur drei Stunden ist die Schlacht vor- über. Während der König und sein herzog- licher Bruder ihr Leben retten können, sind die beiden Grafen von Oldenburg, die Offi- ziere der Garde und der Bannerträger Hans von Ahlefeldt nebst vielen Angehörigen sei- ner Familie tot. Auch die adeligen Familien Die Hauptwaffe der Landsknechte ist der Lang- spieß, welchen sie von den Schweizern über- nehmen. Der Langspieß, später Pike genannt, taucht dort zum ersten Mal Anfang des 15. Jahrhunderts in den Appenzellerkriegen (1401- 1429) auf. Wahrscheinlich haben die Eidgenos- sen italienische Formen adaptiert, die sie dann in ihren Gevierthaufen einsetzen. Der Langspieß, ursprünglich um 1330 in Turin hergestellt, ist den Schweizern wohl seit Längerem bekannt. Eine Skulptur aus dem Jahr 1370 aus Basel zeigt einen Krieger mit einer solchen Waffe. Über die Eidgenossen breitet sich der Langspieß dann auch im oberdeutschen Raum aus. Der Spieß misst fünf bis sechs Meter und verfügt an der Spitze über eine 16 bis 18 Zen- timeter lange verstärkte Stoßklinge. Die Waffe muss länger als die Lanzen der gegnerischen

Rantzau, Reventlov und Pogwitsch müssen einen großen Blutzoll entrichten. Mitleidlos haben die Dithmarscher die blu- tige Sitte des „Abkeulens“ praktiziert: Sie töten alle Gegner, derer sie habhaft werden können. Selbst mögliches Lösegeld für hochrangige Gefangene interessiert sie nicht, denn jetzt ist der Tag der Rache. Die Verluste der dänisch- holsteinischen Seite sind immens, es ist von 4.000 bis 7.000 Toten auszugehen. Unter ihnen sind auch 360 Adelige. Bei den Dithmarschern sollen dagegen nur 60 Bauern und acht ange- worbene Söldner ums Leben gekommen sein, was äußerst unwahrscheinlich ist.

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Clausewitz 5/2025

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