LIEFERKETTENGESETZ
den auch ein anderer Kunde Ihnen vermitteln will, desto eher wird dieser auf Ihre Teilnahme an seiner eigenen Schulung verzichten. Wie groß ist die Gefahr, dass mein Kunde mich wegen des LkSG von seiner Lieferantenliste streicht? Was passiert zum Beispiel, wenn ich Fragebögen unbeantwortet lasse und CoCs nicht unterschreibe? Kann oder muss er mich dann sogar wegen der LkSG-Vorgaben aussortieren? Im Zweifel wird Ihr Kunde zunächst das Gespräch mit Ihnen suchen, war- um sie den Fragebogen nicht oder nur zum Teil beantwortet haben. Wie schnell und ob es tatsächlich zu einem „Delisting“ aus LkSG-Grün- den kommen kann, ist offen. Dies wird wesentlich davon abhängen, welche Rechtsprechung sich durch- setzen wird. Denn das LkSG enthält dazu unterschiedlich auslegbare Aussagen. Gemäß Paragraph 7 LkSG ist ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen bei Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht nur ge- boten, wenn „keine anderen milderen Mittel zur Verfügung stehen und eine Erhöhung des Einflussvermögens
nicht aussichtsreich erscheint“. Der Gesetzgeber hängt die Hürden hier- für in seiner Gesetzesbegründung sehr hoch. Sollten die Gerichte die Gesetzesbegründung bei ihrer Recht- sprechung berücksichtigen, dürfte ein Delisting dauern. In der Gesetzesbegründung heißt es: „Es gilt der Grundsatz Befähigung vor Rückzug: Nur in Fällen, in denen die Verletzung oder der Verstoß als sehr schwerwiegend bewertet werden, wenn nach Ablauf des im Konzept […] definierten Zeitplans alle Versu- che der Risikominderung gescheitert sind, dem Unternehmen keine ande- ren milderen Mittel zur Verfügung stehen und eine Erhöhung des Ein- flussvermögens als nicht aussichts- reich erscheint, ist als letztes Mittel ein Abbruch der Geschäftsbeziehung zu dem Zulieferer geboten.“ Allerdings kann sich auch eine andere Rechtsauffassung durchset- zen. So heißt es in Paragraph 6 LkSG, dass das Unternehmen angemessene Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich verankern müsse. Insbesondere seien geeignete Beschaf- fungsstrategien und Einkaufsprakti- ken zu entwickeln und zu implemen- tieren, durch die festgestellte Risiken verhindert oder minimiert werden.
Es ist jedoch einen Versuch wert, mit einem eigenen CoC an Großkun- den heranzutreten. Solange ihr eige- ner CoC LkSG-konform ist, dürften Sie Chancen haben, dass einige Kun- den Ihren CoC akzeptieren und nicht darauf bestehen, dass Sie deren CoC durcharbeiten und unterschreiben. Grundlage Ihres eigenen CoC könnte dabei einer der Ihnen zuge- sandten CoCs sein, den sie durchge- arbeitet haben und dessen Klauseln Sie akzeptieren konnten. Er sollte zudem von einem Kunden stammen, bei dem Sie davon ausgehen können, dass er ihn LkSG-konform abgefasst hat. Vielleicht lohnt es sich beim Versenden Ihres eigenen CoCs Ihren Kunden mitzuteilen, dass Ihr CoC dem Wortlaut oder Inhalt des CoCs eines bestimmten Unternehmens ent- spricht. Dadurch kann Ihr Kunde im Zweifel den von Ihnen zugesandten Inhalt des CoCs schneller einordnen und leichter akzeptieren. Wie gehe ich mit Schulungsaufforderungen um? Will mich künftig jeder Großkunde in eigenen Schulungen, Online-Tutorials und ähnlichem befähigen, menschenrechts- und umweltbezogene Risiken besser erkennen zu können? Dann komme ich ja zu nichts anderem mehr ... Auch mit Aufforderungen zu Schulungen handelt Ihr Kunde nicht willkürlich. Fällt er unter das LkSG, dann ist er gesetzlich verpflichtet, mit Ihnen als direktem Zulieferer Schu- lungen und Weiterbildungen durch- zuführen, um die ihm gegenüber eingegangenen vertraglichen Ver- pflichtungen zum Einhalten von Men- schenrechten- und Umweltschutz durchzusetzen (§6, Abs. 4 LkSG). Auch hier besteht jedoch die Hoff- nung, dass einige Großkunden im angemessenen Rahmen pragmatisch vorgehen: Lassen Sie sich deshalb von den ersten Schulungen, an denen Sie teilnehmen, Teilnahmebestätigungen ausstellen. Idealerweise skizziert die- se Teilnahmebestätigung Inhalt und Dauer der von Ihnen als Zulieferer ab- solvierten Schulung. Je aktueller die Schulung und je klarer erkennbar ist, dass sie den Schulungsinhalt abdeckt,
Noch viel Diskussionsbedarf: Was darf ein Kunde fordern? Wann droht ein Rauswurf aus dem Lieferantenpool?
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IHK Global Business 03/2023
ihk.de/rhein-neckar
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