01-2020 D

EDITORIAL

Der Glaube – verbindend oder trennend?

«Für uns ist es keinProblem, dass dieseMenschen einen anderen Glauben haben. Für uns sind die- jenigen ein Problem, die gar nicht glauben und beten!», erklärte ein muslimischer Guineer über- zeugt, als er von einem Vertreter der Schweizer Fachorganisation Unité auf den christlichen Glauben unserer Mitarbeitenden angesprochen wurde. Gemeinsam mit der Unité, über die wir Unterstützungsgelder vom DEZA erhalten (un- gefähr 10 % unseres Budgets), wollten wir im Rahmen einer Wirkungsanalyse unter anderem herausfinden, ob sich unser Glaube negativ auf unsere Arbeit auswirkt. Dabei kam klar heraus: Das Gegenteil ist der Fall. Das Fremde schreckt ab Die Antwort des Guineers hat mich berührt. Die- ser Muslim fühlt sich unseren Mitarbeitenden näher, weil sie auch glauben – selbst wenn es nicht der gleiche Glaube ist. Der Glaube verbin- det. Doch gilt das für mich auch? Sind mir die Muslime in der Schweiz besonders nahe, weil sie glauben? Wenn ich ganz ehrlich bin: eigentlich nicht. So ganz andere Traditionen, andere Um- gangsweisen, andere Gebete, und dann noch der Terror in einigen Ländern – vieles ist mir fremd und schreckt mich ab.

Verständnis schaffen, Ängste überwinden

Doch die letzten Jahre hier bei SAM global ha- ben mich vieles gelehrt. In den meisten unserer Einsatzländer leben vor allemMuslime. Ich weiss heute mehr über den Islam und verstehe da- durch die Kultur und die Menschen besser. Von unseren Mitarbeitenden und Kurzzeitern höre ich Geschichten, die von Gastfreundschaft und Herzlichkeit geprägt sind. Und von Rahel, der Leiterin unseres Projekts ProCONNECT in der Schweiz, werde ich immer wieder ermutigt, die Angst vor dem Fremden zu überwinden und Schritte auf Muslime in meinem Umfeld zuzu- machen. Inzwischen haben sich dadurch schon schöne, herzerwärmende und prägende Begeg- nungen ergeben. In diesem Focus möchten wir Sie auf diese Reise mitnehmen. Wir geben spannende Fakten über den Islam weiter, setzen uns mit wichtigen Fra- gen auseinander und lassen unsere Mitarbeiten- den erzählen, weshalb sie sich unter Muslimen engagieren und wie sie die Arbeit in einemmus- limischen Land erleben. Ich wünsche Ihnen viele spannende Erkenntnisse und berührende Lese- momente!

1/2020

Sarah BRÜHWILER, Kommunikation

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