01-2020 D

Hattet ihr schon einmal Angst in Bezug auf den Glauben? Tobias: Nein. Einheimische, die sich vom Islam abwenden, müssen jedoch mit Sanktionen rechnen. Timo: Extremismus erleben wir in Guinea nicht. Ausgestossen werden Personen, die sich vom Islam abwenden und sich zu einem anderen Glauben bekennen. Aber uns gegenüber ist man offen. Allerdings nehmen viele in Guinea wahr, dass der Wahabismus, eine strenge Form des Islams, zunimmt. Es werden, auch bei uns, immer mehr Frauen mit Vollverschleierung gesehen – ein Anzeichen dafür, dass der Extremismus zunehmen könnte. Anne-Marie: Nein. Agathe: Da wir uns in einem Land befinden, das schon Angriffe von Boko Haram erlebt hat, sind wir uns der Gefahr bewusst. Und wenn wir kleine Kinder sehen, die gedrillt werden und sich abmühen, tut das weh. Aber im Allgemeinen werden wir von den Muslimen als «die Leute des Buches» respektiert.

Tobias, ActionVIVRE Nord, Guinea

Welche besonderen Erlebnisse habt ihr schon gemacht? Tobias: In unserer Gastkultur ist es wichtig, einander zu segnen. Wenn wir sie im Namen Gottes segnen, freuen sie sich darüber und wir spüren oft, wie das tiefer berührt als ein gut gemeinter Wunsch. Biete ich an, für Verletzte oder Verwundete zu beten, sind sie grundsätzlich offen und dankbar und freuen sich darüber. Timo: Meine erste Woche in Guinea habe ich in einem kleinen Dorf verbracht. Ein Lehrmeister aus dem Atelier hatte einen Laptop bekommen, auf dem auch christliche Filme gespeichert waren. Eines Abends startete er den Jesus-Film. Viele muslimische Jugendliche kamen dazu und sahen interessiert zu. Der Lehrmeister sagte, dass sie den Film oft und gerne anschauen. Auch wenn es vielleicht in ers- ter Linie darum geht, überhaupt einen Film zu schauen, so hat es mich überrascht, dass ein christlicher Film ohne Probleme gezeigt und gesehen werden kann und Jesus die Jugendlichen offensichtlich fasziniert. Anne-Marie: In unserem Kinderclub habe ich einige Erlebnisse gemacht, die mich bewegt haben. Unser Nachbarsmädchen, neun Jahre alt, kam in den Club. Beim nächsten Mal kam sie wieder – mit einem blauen Auge: Mit traurigem Blick erklärte sie, dass ihre Eltern sie geschlagen hätten, als sie von ihrem Besuch im Kinderclub erfuhren. Trotzdem kam sie auch danach mehrere Male vorbei. Vie- le Kinder würden gerne kommen, doch ihre Eltern verbieten es ihnen. Bewegt haben mich auch die drei Mädchen, die mich eindringlich gebeten haben, das muslimische Bekenntnis aufzusagen, da ich sonst in die Hölle kommen würde. Ich spürte, dass sie mich mögen und es gut mit mir meinen! Agathe: Gott schenkt immer wieder einzelnen Muslimen Träume und Visionen, in denen er sich ihnen offenbart, oder sie werden durch Teile von Gottes Wort oder durch Videos berührt. Das ist ermutigend zu sehen.

Timo, ActionVIVRE Süd, Guinea

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