04-2018 D

Als Physiotherapeutin In Guinea

2015 war ich gemeinsam mit einer Familie, die lange in der interkulturellen Ar- beit tätig war, für eine Entdeckungsreise in Dakar, Senegal. In dieser Zeit wuchs in mir derWunsch, selber einmal als Physiotherapeutin einen Einsatz in Afrika zu machen, um Erfahrungen zu sammeln und auch mein eigenes Wissen weiterzu- geben. Anfang Dezember 2017 geht es dann tatsächlich los – ich reise mit SAM global nach Guinea und beginne meine Arbeit als Physiotherapeutin im Projekt ProESPOIR im Spi- tal CHRS. Ich bin die einzige Weisse im gesamten Spital und arbeite in der Physio mit zwei Einheimischen zusammen. Einer von ihnen hat eine Ausbildung zum Physiothe- rapeuten in Benin abgeschlossen, der andere eine kurze Rehabilitationsausbildung absolviert. Ich merke schnell, dass ich zuerst einiges von ihnen lernen muss, um über- haupt zu verstehen, wie der Arbeitsalltag abläuft. Auch im Umgang mit den Patien- ten bin ich auf sie angewiesen, denn sie versehen diese viel besser als ich – nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell. Ich schätze die Zusammenarbeit mit den beiden und es ist interessant, mit ihnen auszutauschen und von ihrer Erfahrung zu profitieren. Ganz andere Arbeitssituation Der kulturelle Unterschied ist manchmal aber auch ermüdend. Ich bin froh, dass ich mich ab und zu mit Martha aus demTeam austauschen kann, die zwischendurch auch im CHRS arbeitet und mich versteht. Die Arbeitsmoral der Einheimischen ist nicht im- mer so, wie ich es mir gewohnt bin. Zum Beispiel bin ich an manchen Tagen die Ein- zige, die arbeitet, während meine Kollegen irgendwo anders sind und irgendwelchen sozialen Angelegenheiten nachgehen … Eine weitere Herausforderung ist, dass ich immer wieder mit Situationen und Krank- heitsbilder konfrontiert werde, die ich in der Schweiz noch nie angetroffen habe. Die Arbeit verlangt viel Flexibilität. Doch das Positive überwiegt für mich definitiv – ich habe mich inzwischen an die Umstände gewöhnt, die Arbeit gefällt mir und die Mitar- beitenden und Patienten bringen mir viel Dankbarkeit entgegen. Wichtiger Austausch von Wissen Ich möchte alle motivieren, die noch zögern, einen solchen Einsatz zu machen. Es ist wichtig, dass ein Austausch zwischen unseremWissen und demWissen der Menschen in den Einsatzländern stattfindet. Wir können ihnen helfen, selbstständiger zu werden, indem wir sie anleiten und ihnen ihre Verantwortung bewusst machen. Unsere Anwe- senheit soll nie ein «An-ihrer-Stelle-Arbeiten» sein, sondern ein Coachen, damit sie sel- ber die Arbeitsqualität verbessern können. Ich kann hier hautnah miterleben, welche positiven Auswirkungen das hat. Gute Freundschaften aufgebaut Nicht nur das Arbeiten hier gefällt mir sehr gut, sondern auch meine Freizeit: Ich habe schnell Freunde gefunden, unternehme viel mit anderen jungen Erwachsenen, singe im Chor mit und tanze regelmässig mit ein paar jungen Leuten aus der Gemeinde. Einen der Tänze, die wir gemeinsam einstudiert haben, konnten wir sogar an verschie- denen Orten aufführen, unter anderem in einem öffentlichen Saal in der Stadt und auf einem Fussballplatz. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass ich mich für diesen Einsatz entschieden habe und kann viel lernen und profitieren!

Manuela Eggenberg war von Dezember 2017 bis Juli 2018 für einen Kurzeinsatz im ProESPOIR in Guinea

An dieser Stelle geben jeweils junge Erwachsene und Kurzzeitmitarbeitende etwas aus ih- rem Leben weiter.

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