World Café Europe Handbuch DEU-Webseite 211221

Alles was Du brauchst um ein erfolgreiches World Café zu planen und durchzuführen

V E R N E T Z E N , I N S P I R I E R E N , T E I L H A B E N .

Über uns

World Café Europe e.V. leistet seit über einem Jahrzehnt Pionierarbeit in der Anwendung des Dialogverfahrens „World Café“. Wir wollen Einzelpersonen und Gemeinschaften eine Stimme geben, um für die herausfordernden Fragen unserer Zeit gemeinsam Lösungen zu entdecken und mitzugestalten. Inspiriert von der Kraft des Dialogs und der kollektiven Intelligenz hat sich World Café Europe e.V. zum Ziel gesetzt, innovative Wege zur Gestaltung, Begleitung und Wirkungsdokumentation von World Café-Dialogen zu erkunden und zu erproben. Wir wollen neue Ansätze für den Einsatz von World Cafés erarbeiten und Ideen für bestmögliche Praktiken fördern. Durch Leben und Umsetzung der Werte Purpose, Achtsamkeit, Großzügigkeit, Wagemut, Qualitätsorientierung in der Zusammenarbeit mit seinen Partnern strebt World Café Europe e.V. danach, seine Mission zu erfüllen. Wir möchten die Art und Weise verändern, wie Bürgerinnen und Bürger sich für die großen Herausforderungen Europas engagieren und Verantwortung dafür übernehmen.

World Café Europe ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein Vereinsregister VR 200743 Amtsgericht München, Deutschland

www.worldcafe.eu

Design: Michelle Maiser Mediadesign Fotos: istock und Ensemble Enabler Übersetzung: Suzanne Bürger, München

© 2021 World Café Europe

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Reflexionen zur Realisierung eines wirkungsvollen World Cafés

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KAPITEL 1 · WORLD CAFÉ

Seite 3

Gespräche, die begeistern, inspirieren und Wissen vermitteln Was ist ein World Café? Grundannahmen des World Cafés Die Magie der „kollektiven Kreativität“ (Peter Senge) World Café-Etikette

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KAPITEL 2 · INFRASTRUKTUR

Seite 14

Die Erfolgsfaktoren eines World Cafés Raum und Ausstattung Der Simultanzeichner Vorbereitung eines World Cafés in 5 Schritten Checkliste für ein World Café

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KAPITEL 3 · STRATEGISCHE AUSRICHTUNG

Seite 26

Der Faktor Zeit

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KAPITEL 4 · MODERATION

Seite 33

Gegenseitige Befruchtung von Ideen Gruppendynamik Gespräche beenden Die Kunst des Tischwechsels

Klare Anweisungen Plenumsgespräch Tipps + Tricks

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KAPITEL 5 · DIE „IDEEN-ERNTE“

Seite 53

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Ändern wir die Gesprächskultur, so ändern wir die Zukunft.

K A P I T E L 1

ALAN WEBBER

GRÜNDER DER ZEITSCHRIFT FAST COMPANY UND EHEMALIGER CHEFREDAKTEUR DER HARVARD BUSINESS REVIEW

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In unserer immer komplexeren Welt brauchen wir frische Perspektiven, um die großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Heraus- forderungen erfolgreich zu meistern. Innovative Dialogansätze für Großgruppen erbringen nachhaltige Lösungen, denn sie: Gespräche, die begeistern, inspirieren und Wissen vermitteln

· setzen Kreativität frei, · erzeugen Gruppenkonsens, · fördern die gemeinschaftliche Zusammenarbeit und · schaffen ein tieferes Verständnis für spezifische Fragen/Probleme

Ergebnisorientierte Strategie für einen effektiven Austausch in Großgruppen Bedeutsame Fragen, vorbehaltloses Zuhören und Gespräche in kleiner Runde bilden das Herzstück eines World Cafés. Nach jeder Dialogrunde wechseln die Teilnehmer die Tische, so dass ihre Er- kenntnisse und Sichtweisen weiter- getragen und verknüpft werden. Das Verständnis der Gruppe für ein Thema erreicht somit eine ganz neue Di- mension. Während sich Menschen und Ideen im Raum bewegen, entsteht eine gemeinschaftliche Kreativität. Die Gruppe entdeckt bisher ungeahnte Möglichkeiten und verspürt eine starke innere Motivation, diese Ideen in die Tat umzusetzen.

Beschleunigung kommunikativer Prozesse durch Gesprächsnetzwerke World Café Europe arbeitet mit Orga- nisationen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen. Wir bauen Partnerschaften auf, um sowohl die Effektivität als auch die Nachhaltigkeit von Großgruppen-Dialogveranstaltungen zu stärken. Gemeinsam mit unseren Klienten wollen wir Führungskapazitäten schaffen, um auf allen Ebenen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft eine verstärkte Unterstützung von Dialogen im World Café-Format zu erreichen. Wir

wollen die Kraft der Gemeinschaft wiederentdecken und auf diesem sozialen Kapital aufbauen − durch Gespräche über Themen, die die Menschen bewegen.

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Wir sind überzeugt, dass solche Gespräche Veränderungen einleiten werden, die wir in Wirtschaft und Ge- sellschaft heute brauchen. Im Zentrum unserer Arbeit steht die Entdeckung von „Next Practices“ (neue Prozessmuster) durch Erkundung innovativer Ansätze bezüglich Planung, Umsetzung und Nachhaltigkeit von Großgruppen- Veranstaltungen, gemeinsam mit zukunftsbewussten Partnern. Mit unserem Netzwerk erfahrener Moderatoren und unserer umfassenden Sprachenkompetenz können wir europa- und weltweit wir- kungsstarke Veranstaltungen auf hohem Qualitätsniveau gestalten und umsetzen.

Was ist ein World Café? Bedeutsame Fragen , vorbehaltloses Zuhören und Gespräche in kleiner Runde sind das Herzstück eines World Cafés.

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Grundannahmen des World Cafés

Das Wissen und die Weisheit, die wir brauchen, sind bereits vorhanden und können zugänglich gemacht werden.

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Wenn sich das System auf kreative Weise mit sich selbst verbindet, tritt unsere kollektive Intelligenz zum Vorschein.

Kollektive Intelligenz

Unser Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen, den sogenannten „Neuronen“. Diese bilden ein gigan- tisches Netz aus Verknüpfungen, das zuständig ist für alles, was wir denken, fühlen und erinnern. Wenn wir etwas Neues lernen, werden die Neuronen stärker vernetzt. Diese Verknüpfungen schaffen ein pulsierendes Netzwerk, in dem die Neuronen noch schneller und effizienter miteinander kommunizieren können. Durch dieses wachsende Kommunikationsniveau entsteht neues Wissen.

Diese Vorgänge bieten eine anschauliche Analogie für das, was während eines World Café-Dialogs abläuft. Durch die Vernetzung von Menschen („Neuronen“) schafft ein World Café ein lebendiges Netzwerk, in dem sich Ideen rasch durch die gesamte Gruppe bewegen. Dieser Austausch von Erkenntnissen und Sichtweisen fördert die Kommunikation zwischen den Teilnehmern innerhalb der Gesamtgruppe − somit entsteht aus den Gesprächen der Gruppe ein höherer Wissens- und Erkenntnisstand, den ein Einzelner nie selbst hätte erreichen können. Das nennt man kollektive Intelligenz.

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Die Magie der kollektiven Kreativität.*

Schon mein ganzes Leben lang hat mich das Rätsel der kollektiven Kreativität fasziniert. Wie geschieht es, dass Men- schen manchmal auf fast magische Weise gemeinsam etwas schaffen, das von Leben, Kraft und Schönheit erfüllt ist? Zum Beispiel eine Sportmannschaft, die plötzlich auf einer anderen Ebene agiert und das Spiel nicht mehr einfach nur ein Spiel ist, sondern gleichsam zu einem ästhetischen Statement wird (wobei nach wie vor gekämpft und gespielt wird). Oder ein Symphonie- orchester, in dem alle Spieler eins werden mit der Musik. Eine Balletttruppe, in der die Tänzer in ihren Bewegungen miteinander zu verschmelzen scheinen. Eine Läuferin, die am Ende des Wettkampfes ihre „Gegner“ voller Freude umarmt – wissend, dass ihre Leistung nur durch das gemeinsame Bestreben aller Mitläufer möglich wurde. Diese Frage hat mich getrieben und begleitet, aber auch beunruhigt. Treten diese immer wieder zu beobachtenden Beispiele kollektiver Kreativität nur im Sport oder in den darstellenden Künsten auf? Ist das der Grund, warum Singen, Tanzen, Trommeln, Laufen und Springen seit Beginn der Menschheitsgeschichte eine solch verbindende Kraft zwischen den Kulturen entfalten?

In den modernen Kulturen spielen diese Aktivitäten jedoch eine weitaus weniger zentrale Rolle und als Erwachsene begegnen wir ihnen heutzutage eher als Zuschauer und kaum mehr als aktive Teilnehmer. Unser Leben dreht sich stattdessen um Organisieren, Managen, Unterrichten, Kinder erziehen, Menschen heilen und die tagtägliche Bewältigung von Stresssituationen. Als jemand, der wie viele andere stets darauf hinge- wiesen hat, dass wir auch in unserem täglichen Arbeitsleben kollektive Kreativität kultivieren können, machte ich mir Gedanken darüber, ob vielleicht viel zu viel geredet und zu wenig konkret dafür getan wird. Das Potenzial ist zweifellos vorhanden – aber man machte sich zu wenig Gedanken über die Mittel und Wege, wie Kreativität in der Praxis freigesetzt werden könnte. Aus diesem Grund fühlte ich mich zum World Café gleich hingezogen. Meiner Ansicht nach ist ein World Café- Gespräch der zuverlässigste Weg, den ich bisher kennen gelernt habe, um kollektive Kreativität sichtbar werden zu lassen. Die zahlreichen Beispiele in diesem Buch führen dies sehr anschaulich vor Augen.

* Vorwort von Peter Senge für das Buch „Das World Café – Kreative Zukunftsgestaltung in Organisationen und Gesellschaft“ von Juanita Brown und David Isaacs, Carl- Auer Verlag, Heidelberg (Übers. aus dem Amerikanischen: Suzanne Bürger, München)

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In mir haben diese Stories unzählige Erinnerungen wachgerufen an die Zeit, als Juanita und ich in den letzten Jahr- zehnten damit begannen, in zahlreichen Zusammenkünften mit dem World Café zu experimentieren – mit kleinen und mit großen Gruppen, in Ost und West, Nord und Süd. Im Laufe dieser Erfahrungen hat mich immer wieder verblüfft, wie leicht und einfach ein World Café-Dialog zustande kommt und wie rasch die Menschen sich auf intensive und tief empfundene Gespräche einlassen. Hierzu bedarf es keiner formellen Anweisungen, wie es bei den meisten Organisationsentwick- lungsmethoden oder Gruppenverfahren sonst üblich ist. Und dies deutet bereits auf etwas Wichtiges hin: Das World Café ist keine Technik. Es ist die Einladung, miteinander auf eine Weise umzugehen und zu kommu- nizieren, die bereits Teil unserer Natur ist. Auch die Kraft und die nachhaltige Wirkung vieler World Café-Diskussionen versetzen mich stets aufs Neue in Er-

druck auf folgenden einfachen Nenner: „Ich bin immer wieder verblüfft, was ein kollektiver Lernprozess alles hervorzubringen vermag.“ Auch die Einfachheit und Eleganz des ganzen Prozesses und somit seine problemlose Übertragbarkeit haben mich beeindruckt. Mir fallen nur sehr wenige Prozesse ein, die es in gleichem Maße fertig bringen, Menschen zum gemeinsamen Denken anzuregen – ob Führungskräfteretreats, Budget- und Planungsmeetings, Großgruppen-Konferenzen mit 1000 Teilnehmern oder Gemeindeausschüsse, wo Menschen zusammenkommen, um gemeinsam das Umfeld zu gestalten, in dem ihre Kinder heranwachsen werden. Das World Café ist jedoch nicht nur ein zuverlässiges Verfahren, um kollek- tive Kreativität sichtbar werden zu lassen. Es ist darüber hinaus auch eine starke Metapher für eine Wandlung unserer Denkweise im Hinblick auf unsere Arbeit im Allgemeinen und die Gründe für den Erfolg und oder das Versagen einer Organisation bei der Nutzbarmachung kollektiver Kreativität im Besonderen. Stellen wir uns einmal mehrere formelle oder informelle Teams vor, deren Zusammenarbeit darin besteht, in einem großen Café „Tischgespräche“ zu führen ... wo die Team-Mitglieder miteinander inter- agieren, indem sie zwanglos von einem Cafétisch zum anderen wandern und sich in einem Netz von Gesprächen untereinander austauschen und gegen- seitig beeinflussen.

staunen. Nach Abschluss einer dreitägigen Zusammenkunft von

vierzehn Führungskräften, die intensive Café-Gespräche geführt hatten, brachte Arie de Geus, einer der Wegbereiter des organisationalen Lernens, seinen Ein-

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Ausgehend von dieser Vorstellung könnte man sich künftig eine Orga- nisation leicht als ein lebendiges Netzwerk von Individuen und Gruppen vorstellen, die miteinander „im Gespräch sind“. Das passiert rings um uns her natürlich ständig – zumeist jedoch mit weitaus geringerer Wirkungskraft als es möglich wäre. Es finden zwar zwischen den Menschen durchaus vernetzte Gespräche und Interaktionen statt, aber die energetisierende Wirkung und Dyna- mik, die potenziell in ihnen stecken, kommen dabei nicht unbedingt zur Ent- faltung. Diese besonderen Merkmale machen jedoch genau das aus, was die wenigen großartigen Organisationen von der großen Mehrzahl der mittelmäßigen unterscheidet. Und es erklärt, warum Organisationen, die eine Zeit lang Großes geleistet haben, irgendwann in der Versenkung verschwinden. Die Kern- frage lautet also – wird bei den Gesprächen, die in einer Organisation geführt werden, schöpferische Kraft freigesetzt oder nicht? Die Antwort darauf hängt meines Erachtens weniger von den Eigenschaf- ten oder Fähigkeiten der Beteiligten, als vielmehr von der Qualität der Fragen ab, die den Gesprächen zugrunde liegen. Ein World Café, in dem keine Fragen auf den Tisch kommen, die wirklich bedeutsam sind und den Teilnehmern am Herzen liegen, gerät zu einem rein mechani- schen Prozess, bei dem die Leute letztlich uninspiriert miteinander

kommunizieren, von Tisch zu Tisch wandern und sich gegenseitig Bericht erstatten.

Es weckt keine Begeisterung und somit keine schöpferische Energie – und zwar aus dem gleichen Grund, aus dem die meisten Organisationen darin versagen, kreative Energie freizusetzen: Die Fragen und Probleme, mit denen sich die Men- schen dort auseinandersetzen, beflügeln weder ihre Einsatzbereitschaft, noch ihre Phantasie. Nach alledem ist es erstaunlich, wie selten so etwas in World Café- Gesprächen passiert. Woran mag das liegen? Könnte es sein, dass es Menschen, die in einer gesprächs- förderlichen Atmosphäre ohne Anleitung von außen zusammensitzen, von selbst dazu zieht, sich mit bedeutsamen Fragen zu beschäftigen? Dass sie dann auf eine natürliche Weise von sich aus keine Zeit mit unwichtigen Dingen verschwenden? Finden in vielen Organisationen nur deshalb keine echten, konstruktiven Gespräche statt, weil die Menschen sich nicht auf das konzentrieren dürfen, was sie wirklich berührt – oder vielleicht sogar davon abgehalten werden? Welche externen und internen Kräfte hier auch wirken mögen, eines liegt klar auf der Hand: Das Leben ist zu kurz, um unsere Zeit mit unwichtigen Dingen zu verschwenden. Wir alle wissen, dass wir unser Augenmerk auf das richten sollten, was tatsächlich von Bedeutung ist.

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Der Biologe Humberto Maturana, der das Denken über Kommunikation und menschliche Gemeinschaften stark beeinflusst hat, sagte einmal: „Die Geschichte folgt dem Weg unserer Wünsche“. Als ich dies das erste Mal von Humberto hörte, wusste ich zunächst nichts damit anzufangen. Was ich bislang an Geschichte erlebt habe, einschließlich der jüngeren Vergangen- heit, schien mir nicht dem Weg irgend- welcher Wünsche zu folgen, sondern vielmehr durch unerwartete und unerwünschte Nebeneffekte bestimmt, die sich aus unseren Handlungen ergeben: Der Klimawandel, die zunehmenden Spannungen zwischen Arm und Reich, die wachsende Unsicherheit – dies sind doch alles Dinge, die sich kein Mensch gewünscht hat. Als ich über diesen Satz tiefer nach- dachte, erkannte ich, dass Humbertos Aussage eigentlich die Aufforderung an uns darstellt, eine Haltung der Ver- antwortung einzunehmen, der wir uns gemeinhin entziehen. Obwohl die Kon- sequenzen unserer kollektiven Hand- lungen nicht das sein mögen, was wir anstreben, sind die Motivationen, die uns zu diesen Handlungen veranlassten – und somit auch deren Folgen herbei- führten – letztlich Ausdruck unserer Wünsche. Diese Wünsche sind jedoch zu kurzsichtig. Zu egozentrisch. Sie ent- stehen losgelöst von den Wünschen und Bedürfnissen anderer.

Kurz, die Wünsche, denen der Lauf der Geschichte heute folgt, sind nicht die Art von Wünschen, mit der wir eine Zukunft

gestalten können, in der wir alle gemeinsam einen Platz finden.

Ich denke, der eigentliche Sinn und Zweck des World Cafés besteht darin, den wahren Wünschen des größeren Ganzen Raum zu geben. Könnten wir uns nicht eine Welt vorstellen, in der die Menschen miteinander im Gespräch sind über Dinge, die uns allen wirklich wichtig sind und uns am Herzen liegen? Fangen Sie an, Ihre eigenen World Café-Dialoge zu begleiten und finden Sie es heraus!

Peter Senge ist Senior Lecturer am Massachusetts Institute for Technology (MIT) sowie Mitbegründer und Vorsitzender der Society for Organizational Learning (SoL). Der Autor des weithin anerkannten Buches „Die fünfte Dimension“, das den Dialog als Schlüsselelement in lernenden Organisationen vorstellt, erzählt hier aus seiner nunmehr 10-jährigen Erfahrung mit dem World Café und dessen Beitrag zur kollektiven Kreativität.

Bildquelle: https://medium.com/bigthinkingio/peter- senges-11-laws-of-systems-thinking-cdd7334188b2

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World Café-Etikette

Für ein wirklich gutes Gespräch sind ein paar Dinge unerlässlich. Eine Karte mit der „Café- Etikette“, die auf jedem Tisch steht, bietet den Teilnehmern hierzu einige hilfreiche Hinweise. Sie dienen als Leitfaden, um aus den World Café-Gesprächen das Beste herauszuholen: Beitragen • Achten Sie darauf, dass jeder der vier Teilnehmer zu Wort kommt. Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Überlegungen miteinander. Schweigsame sollten ggf. ermuntert werden, ihre Gedanken ebenfalls einzubringen. Zuhören • Gutes Zuhören besteht nicht nur dar- in, die Ohren aufzumachen sondern auch darüber nachzudenken, was das Gesagte für das weitere Gespräch bedeutet. Mit vorbehaltloser Aufmerksamkeit können Sie die Äußerungen anderer tiefer ver- stehen. Produktive Gespräche fördern

Teilen Sie Ihre eigenen Gedanken dazu mit und/oder entwickeln Sie sie weiter. So können die Ideen der Teilnehmer konstruktiv aufeinander aufbauen. Auf die Emergenz achten • Spüren Sie gemeinsam, wie sich aus den verschiedenen Ideen und Ansätzen neue Einsichten und Muster heraus- kristallisieren. Das ist die kollektive Intelligenz, wie sie nur aus einer Gruppe erwächst! Haben Sie Spaß dabei • Lachen ist erlaubt! Spaß und Kreativität gehen Hand in Hand. Jeder kann seine schöpferische Ader ausleben, indem er mit den Filzstiften auf die Papiertisch- decke malt, zeichnet oder Schlüssel- begriffe aufschreibt!

Ideen verknüpfen • Gefällt Ihnen die Idee, die gerade vorgetragen wurde?

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Der Reiz einer Unterhaltung besteht weniger darin, sich mit seiner eigenen Intelligenz hervorzutun, als vielmehr anderen Gelegenheit zu geben, die ihre zu zeigen.

JEAN DE LA BRUYÈRE Französischer Schriftsteller

Gemeinsam neue Muster- und Sichtweisen heraushören

Eigene Ansichten und Ideen beitragen

HABEN SIE SPASS DABEI!

Ideen miteinander verknüpfen

Zuhören um zu lernen und zu verstehen

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Gute Vorbereitung ist der halbe Sieg.

K A P I T E L 2

MIGUEL DE CERVANTES AUTOR VON „DON QUIXOTE”

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Der stille Erfolgsfaktor eines World Cafés: Infrastruktur

Die sorgfältige Planung der Infrastruktur ist das A und O für das Gelingen eines World Café-Dialogs. Für die Gestaltung eines optimalen Projektmanagements müssen Sie das große Ganze im Auge behalten. Diese ersten Planungsschritte müssen gut ineinandergreifen und sorgfältig koordiniert werden. Dazu gehört die Auswahl des geeigneten Ortes, die Beschaffung der erforderlichen Ausstattung und schließlich die Herrichtung des Raumes, in dem das World Café stattfinden wird.

Die Auswahl des Standorts für ein World Café bestimmt das

Die Größe des Raums steht im direkten Verhältnis zu der Anzahl der Tische, die wiederum durch die Gesamtzahl der Teilnehmer bestimmt wird. Hinzu kommt der Raumbedarf für den Simultanzeichner, einen Moderatoren- Tisch, einen Tisch für diverse Materialien und die Bereitstellung der Getränke. Für ein World Café mit 100 Teilnehmern an 25 Tischen brauchen Sie optimaler- weise ca. 225 qm².

Gesamterlebnis der Teilnehmer. Ein gastfreundliches Ambiente zu finden, in dem sich die Teilnehmer wohlfühlen, gehört daher zu den wichtigsten ersten Planungsentscheidungen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Tageslicht und ein Ausblick ins Freie unser kreatives Denken fördert und positiv beeinflusst. Auch die Decken- höhe spielt eine Rolle: Studien haben gezeigt, dass Menschen in Räumen mit hohen Decken für neue Ideen und Ansätze aufgeschlossener sind und eher bereit, eingefahrene Denkmuster zu verlassen. Eine lockere, informelle Um- gebung zu finden (oder zu gestalten) – weg von den üblichen grauen Meetingräumen − ist die erste kreative Herausforderung für das Planungsteam.

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Raum und Ausstattung: Was für Tische?

Größe und Form der Tische spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle, um eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre zu schaffen.

Es gibt runde, quadratische und recht- eckige Tische. Bei den alten Griechen galt der Kreis als die perfekte Form − Symbol für göttliche Symmetrie und das Gleichgewicht der Natur. Nach unseren langjährigen Erfahrungen mit Tischen unterschiedlicher Form und Größe hat sich gezeigt, dass runde Tische der Qualität und Tiefe eines World Café- Dialogs eindeutig förderlich sind. Ein Rundtisch ermöglicht jedem Teilnehmer eine gleichberechtigte Teilhabe am Gespräch. Unserer Meinung nach wird die symbo- lische Bedeutung des Kreises als Aus- druck von Harmonie und Einheit und somit als förderndes Element der Gesprächsbereitschaft der Teilnehmer oft übersehen. Findet das World Café in einem Hotel oder einem Besprechungsraum statt, handelt es sich bei den dort vorhan- denen Tischen meist um Esstafeln oder Konferenztische, die für ein World Café

denkbar ungeeignet sind: Viele haben einen Durchmesser von 175 cm oder mehr und sind für 8-10 Personen gedacht. Hier nach einer besseren Lösung zu suchen ist ein wichtiger Planungsschritt. Der ideale Durchmesser eines runden World Café-Tisches ist 120 cm. Dies ist die perfekte Größe für vier Teilnehmer, bei der die Einheit innerhalb der Gesprächsgruppe gewahrt bleibt. Tische dieser Größe sind in der Regel leicht zu beschaffen – eine zuverlässige Bezugsquelle sind z.B. Firmen, die sich auf Mietmöbel für Messen und Events spezialisiert haben.

120 cm

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Der Teufel steckt im Detail: Die technische Ausstattung

Die visuelle und akustische Kommu- nikation mit einer großen Teilnehmer- gruppe erfordert technische Unter- stützung. Jeder Raum ist anders und stellt seine eigenen Anforderungen. Je größer die Zahl der Teilnehmer, desto wichtiger die sorgfältige Planung und Vorbereitung dieser technischen Infrastruktur. Von zentraler Bedeutung sind hier das Soundsystem und der Beamer (Projektor) mit Leinwand (bzw. Großbildschirm). Das Soundsystem ist unerlässlich und erfüllt zwei Funktionen, die für einen World Café unverzichtbar sind: Es macht die Ansagen des Moderators für alle gut hörbar und bietet einzelnen Teilnehmern die Möglichkeit, der Gesamtgruppe ihre Ideen und Erkenntnisse mitzuteilen. Wichtiger Praxistipp: Jeder Moderator bekommt sein eigenes drahtloses Mikro- fon. Für die Teilnehmer sind bis zu 4 zusätzliche Mikrofone bereitzuhalten. Um eine gute Tonqualität zu gewährleisten, sollten die Lautsprecher überall im Raum verteilt sein.

Die World Café-Fragen werden den Teilnehmern mittels Beamer und einer großen Leinwand visuell präsentiert. Üblicherweise wird ein World Café von einer PowerPoint-Präsentation begleitet, die den Prozessablauf in Wort und Bild veranschaulicht. Hier gilt es zu beachten: (1) die Qualität und Schärfe der Bildprojektion vom Laptop oder Beamer auf die Leinwand und (2) die Größe der Projektionsfläche − jeder im Raum muss die Texte deutlich lesen können. In einem großen Raummit sehr vielen Teilnehmern können Flachbildschirme eingesetzt werden, um die Sichtbarkeit der Präsentation für alle zu unterstützen.

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Bitte vergessen Sie nicht den Simultanzeichner

Zu den Best Practices eines World Café gehört der Einsatz eines Simultanzeichners (Graphic Recorder), der die allmählich hervortreten- de kollektive Intelligenz der Gruppe in einer einzigartigen Kombination aus Text, Bild und Farbe in Echtzeit erfasst und visualisiert.

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Schritt 1: Herauskristallisieren von Ideen und Mustern

Bei der Planung eines World Café ist zu beachten, dass der Simultanzeichner einen bestimmten Ort innerhalb des Raumes, eine ausreichend große Fläche und angemessene Beleuchtung benötigt. Einer der vielen Gründe, warum Simultanzeichnungen von Moderatoren geschätzt werden ist die Tatsache, dass sie unsere rechte, kreative Hirnhälfte aktivieren. Jeder Teilnehmer entwickelt seinen ganz eigenen Bezug zu den entstehenden Bildern und entdeckt dabei für sich neue Bedeutungen. Daher ist es so wichtig, dass dieses parallel zu den Gesprächen entstehende "visuelle Protokoll" von jedem im Raum gut gesehen werden kann. In sehr großen World Cafés kann man die Zeichnung über eine 2. Videokamera auf eine Großleinwand projizieren.

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Schritt 2: Materialien und Bedingungen

Ein World Café dauert in der Regel drei Stunden und erfordert eine mindestens 3 m lange Zeichenfläche. Zu diesem Zweck bringt der Simultanzeichner entweder eine transportable Graphic Wall (Zeichentafel) mit − oder die lange Papierbahn wird an einer glatten, entsprechend langen Wandfläche befestigt. Die Live-Visualisierung sollte für alle Teilnehmer gut sichtbar entstehen – achten Sie also unbedingt auf gute Ausleuchtung!

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Der Simultanzeichner

Jedes Projekt hat seine Herausforderungen, jedes Projekt hat seine Belohnungen.

STEPHEN SCHWARTZ Amerikanischer Journalist

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Vorbereitung eines World Cafés in 5 Schritten

Bei der Herrichtung eines Raumes für ein World Café ist der Faktor Zeit das Schlüsselelement. Oft sind die zahlreichen Tätigkeiten innerhalb eines engen Zeitrahmens zu erledigen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Raum (besonders beim berühmten "Ersten Mal“) optimalerweise bereits am Tag oder am Abend vor der Veranstaltung hergerichtet werden sollte, damit sich die Moderatoren in Ruhe auf das World Café vorbereiten können.

In jedem Fall haben Sie dann einen Zeitpuffer, um unvorhergesehene Probleme zu lösen, bevor das World Café beginnt.

Schritt 1: Lieferungen von externen Lieferanten Vieles muss an den Standort angeliefert werden, wie z.B. Tische, Blumenschmuck etc. Das erfordert eine wohlüberlegte Koordination der Anlieferzeiten − das gilt insbesondere für die Tische und die technische Ausstattung. Notieren Sie sich die Handynummern von den Lieferanten und den Mitgliedern Ihres Planungsteams – das erspart Ihnen unnötige Herumrennerei.

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Schritt 2: Anordnung der Tische im Raum

Nach der Anlieferung arrangieren Sie die Tische in einer lockeren Anordnung im Raum, so dass ein einladendes Kaffeehaus-Ambiente entsteht, in dem man sich wohlfühlt und ungezwungen unterhalten kann. Keine Reihen!

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Vorbereitung eines World Cafés in 5 Schritten

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Schritt 4: Dekoration und Ausstattung der Tische • Jeder Tisch wird mit einer weißen Stofftischdecke belegt. • Über diese werden dann große weiße Papierbögen gelegt (Papiertischdecke) – je nach Anzahl der Dialogrunden.

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Schritt 3: Technische Vorbereitung

• Sobald die Tische im Raum verteilt sind, beginnen die Soundtechniker mit der Aufstellung des Soundsystems, des Projektors und der Leinwand.

Hier die Grundausstattung für jeden Tisch: • Karte mit der Café-Etikette • Redeobjekt

• Im vorderen Teil des Raumes werden 1-2 kleine Tische aufgestellt (für Moderationsmaterial, Unterlagen etc.).

• Filzmarker zum Malen/Aufschreiben von Ideen auf den Papiertischdecken • Post-it-® Klebezettel oder Karteikarten für die Teilnehmer zum Ausfüllen • Ein kleines Blumengesteck

• Der Simultanzeichner stellt seine Graphic Wall auf bzw. befestigt die Papierbahn an der Wand.

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Schritt 5: Testlauf der Technik

• Die Pinnwände werden an der hierfür vorgesehenen Stelle im Raum aufge- stellt. • Falls für die Pausen-Snacks/Getränke eine Catering-Firma beauftragt wurde, richtet diese ihre Tische her.

Sobald der Raum, das Soundsystem und die Tische einsatzbereit sind, testen die Moderatoren, ob ihre PowerPoint- Präsentation einwandfrei auf die Leinwand projiziert wird und alle Mikrofone funktionieren. Nun ist alles einsatzbereit und der Moderator kann die verbleibende Zeit nutzen, um sich zu sammeln, mit den Kollegen nochmals kurz den Ablauf durchzugehen − und vielleicht auch einen Happen zu essen und etwas Energie zu tanken.

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Vorbereitung eines World Cafés Checkliste

Der Raummuss groß genug sein, um die eingeladenen Teilnehmer problemlos an 4-er Tischen unterzubringen. Zusätzlich muss er ausrei- chend Platz bieten für das Moderatorenteam, den Simultanzeichner und 2 Snack-/Getränketische.

Auswahl eines einladenden und angenehmen Raums Ideal wäre natürliches Tageslicht (Fenster oder Oberlicht) • Keine Säulen • Geräuschdämpfender Teppichboden • Wenig oder kein Wandschmuck • Direkter Zugang zwischen World Café-Raum und angrenzendem Pausenraum (1 od. mehrere) • Kleiner Raum neben dem Veranstaltungsraum zur Unter- bringung von Materialien etc.

Anmeldung und Check-in-Bereich

• Begrüßungspersonal • Tische und Stühle für das Begrüßungspersonal • Teilnehmerliste(n) • Namensschilder für alle Teilnehmer und genügend Stifte zum Aufschreiben der Namen • Einverständniserklärungen betr. Bild-, Ton-, Videoaufnahmen (falls erforderlich) • Separater Bereich für Garderobe/ Taschen • Wegweiser zum World Café-Raum

Beleuchtung Regelbare Deckenbeleuchtung, damit im Raum alles für jeden gut sichtbar ist.

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Raumausstattung

• Rundtische (Ø 120 cm), locker und zwanglos im ganzen Raum verteilt. Keine Reihen! • Weiße Stofftischdecken (Ø 240 cm) • Stühle (4 für jeden Tisch) • 2 Rundtische für die Moderatoren (Ø 85 cm) • Stehtische (Ø 85 cm und 110 cm), im Raum verteilt zum Abstellen von Gläsern/Tassen • Tischdecken für die Stehtische • Tabletts zum Abräumen von Tassen/Gläsern von den World Café-Tischen (falls kein Catering- Personal) • Getränke-Station(en) (für Wasser, Fruchtsäfte, Snacks/Obst, Gläser, Servietten etc.). 2 zusammenge- stellte rechteckige Langtische (ca. 40 cm x 140 cm) mit bodenlangem Tischtuch rundum • Die Getränkestationen können beidseitig im Raum positioniert werden • Abfallbehälter

Pausenbereich (separate Fläche leicht zugänglich vom World Café-Raum) • Tische mit Heißgetränken (Kaffee, Tee, Milch, Zucker) • Leichte Snacks, Gebäck, Obst • Gläser, Tassen, Metallbesteck, Servietten • Abfallbehälter

Für den Simultanzeichner/ Ideen-Ernte

• 1 runder Hochtisch (Ø 85, Höhe 110 cm)

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Audio-visuelle Ausrüstung

In der Regel ist ein Kostenangebot von einem externen Lieferanten einzuholen, da die meisten Hotels/ Sitzungsräume nicht über die erfor- derliche technische Ausstattung verfügen. Der Lieferant muss mit den Einrichtungen des Hauses vertraut sein und folgende Unterstützung bieten, damit ein störungsfreier Aufbau gewährleistet ist:

Projektion der Powerpoint- Präsentationen und Videos

• Beamer/Projektor oder groß- formatige Projektion der Power- Point-Präsentation vom Laptop/ USB-Stick • Große Leinwand vorne im Raum (ca. 5 m breit x 3 m hoch) • World Cafés mit über 200 Teilneh- mern: Große Flachbildschirme − überall im Raum verteilt für opti- male Sichtbarkeit der PowerPoint- Präsentation. OPTION: Zusätzliche Videokamera für Simultanzeichnung • Videokamera − verbunden mit dem Projektionssystem zur Übertragung der Live-Simultanzeichnung auf eine Großleinwand • Videokamera mit Stativwagen • Lampen zur Ausleuchtung der Simultanzeichnung (bei Bedarf)

Personal

• Während des gesamten World Cafés müssen 1-2 Techniker verfügbar sein für Aufstellung, Überwachung und Abbau der Technik • Transport zum und vom Standort; Aufbau und Abbau der Technik

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Wenn Sie Menschen um sich haben, die sich mit leidenschaftlichem Engagement für ein gemeinsames Ziel einsetzen, ist alles möglich.

K A P I T E L 3

HOWARD SCHULTZ EHEMALIGER CEO DER STARBUCKS COFFEE COMPANY

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Strategische Ausrichtung

Wenn eine Organisation eine große Gruppe von Menschen für einen World Café-Dialog zusam- menbringt, investieren viele Menschen hunderte von wert- vollen Arbeitsstunden in die Planung und Durchführung einer solchen Veranstaltung. World Café Europe hält es für wichtig, sich von vornherein darüber im Klaren zu sein, warumman ein World Café veranstalten will und was man mit diesem besonderen Dialogformat anstrebt. Der allererste Planungsschritt ist also eine Teamreflexion, um Ziel und Zweck dieser Gespräche zu definieren und was dadurch erreicht werden soll. Die Zweckbeschreibung ist gewisser- maßen die DNS eines World Café-Dialogs. Sie liefert den Rahmen, damit alle Mitwirkenden auf einer Linie liegen – vom Planungsteam bis zu den Teilnehmern. Mit dieser strategischen Ausrichtung ergibt sich ein nahtloser Ablauf von der Planung über die Gestaltung und Durchführung eines World Cafés bis zur Analyse seiner Ergebnisse. Ein Ziel ist im direkten Einklang mit dem Zweck. Beide definieren aus einem breiteren Blickwinkel, was die Organisatoren mit dem World Café anstreben.

Der Zweck ist der Klebstoff, der alles zusammenhält.

Ziele geben die Wegrichtung vor.

Ziele liefern somit den Wegweiser für die Gestaltung, mit der das Planungsteam gezielt auf diese Erwartungen hinarbei- ten kann. Die Durchführung eines gut organisierten und erfolgreichen World Cafés ist der Realisierung eines Films nicht unähnlich. Um das Erlebnis in seiner Ganzheit erfahrbar zu machen, müssen die verknüpften Aktivitäten sorgfältig geplant werden.

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Detaillierter Ablaufplan Schrittweise und detaillierte Beschrei- bung der einzelnen Aktivitäten, die im Laufe eines World Café auszuführen sind, einschließlich der zu behandelnden Fragen.

Diesen Zweck erfüllt der Ablaufplan: Er gibt einen detaillierten Überblick über die vielen Schlüsselelemente, die es im Verlauf eines World Cafés zu koordinieren gilt − Zeitrahmen, Aktivitäten, Dialogfluss, Infrastruktur, Materialien und Moderation. Der von World Café Europe erstellte Ablaufplan ist auf die speziellen Merkmale eines World Cafés ausgelegt und umfasst drei wichtige Komponenten: 1 Gesamtüberblick Die 1. Seite bietet einen raschen Überblick über alle anstehenden Aktivitäten sowie deren Dauer bzw. zeitliche Abfolge.

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Checkliste Wer ein World Café plant und als

Moderator begleitet, muss an eine Menge denken. Diese übersichtliche Checkliste hilft dabei, VOR Beginn der Veranstal- tung nochmals zu kontrollieren, ob wirklich alles Notwendige erledigt bzw. verfügbar ist.

Der Ablaufplan ist Ihr Kompass für die gemeinsame Reise.

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Nutzung des Ablaufplans Was ist im Laufe eines World-Cafés bei jedem Schritt zu tun?*

Abschnitt 1: Gesamtüberblick

Abschnitt 2: Detaillierter Ablaufplan

Diese zusammenfassende Übersicht umfasst zwei Abschnitte: Den zeitlichen Ablauf des World Café- Dialogs und die Terminplanung für die vorbereitenden Tätigkeiten. So hat man den gesamten Ablauf auf einen Blick vor Augen. Die linke Hälfte des Blattes enthält die Aufbautätigkeiten, die VOR Beginn des World Cafés zu erledigen sind. Die "Zeit"- Spalte bleibt leer, da jedes World Café zu einem anderen Zeitpunkt beginnt. Die für die Tätigkeiten vorgesehenen Zeit- rahmen werden vom Moderatorenteam eingetragen. So bleibt die Planung im Blick, bis das World Café startklar ist. Die rechte Hälfte des Überblicks zeigt die Zeiten und den Ablauf der einzelnen Schritte während des World Cafés. Dieser Abschnitt wird individuell an die Vorbe- reitungsschritte und Termine des jewei- ligen World Cafés angepasst. Anhand dieser Gesamtübersicht können die Moderatoren wie auch die internen und externen Teammitglieder auf einen Blick sehen, ob das World Café plan- gemäß auf Kurs ist.

Damit das Moderatorenteam Zweck und Zielsetzung des World Cafés im Auge behält, beginnt dieser Teil mit dem entsprechenden Zweck und den Zielen des World Cafés. Hinzu kommen detaillierte Angaben zu den Aufbau- und anderen Tätigkeiten, die vor Beginn des betreffenden World Cafés zu erledigen sind. Danach erfolgt eine Schritt-für-Schritt- Übersicht über den Ablauf des World Cafés. Die detaillierten Angaben in den Spalten Zeitrahmen / Aktivität / Frage und Anweisungen / Intention / Ma- terialien / Moderator helfen dabei, das World Café durch diese Phase zu begleiten. Die linke Spalte enthält die Zeitvorgabe für das jeweilige Segment mit Start- und Endzeit.

* Dieser Text gibt einen allgemeinen Überblick darüber, wie ein Ablaufplan für ein World Café zu lesen ist.

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Abschnitt 3: Checkliste für Infrastruktur und Materialien Diese Checkliste dient als Gedächt- nisstütze − hier ist alles aufgelistet, was erforderlich ist, um ein World Café in ruhigem Fahrwasser durch alle Phasen zu navigieren.

Im Zentrum stehen die Spalten "Frage und Anweisungen", denn darin wird genau beschrieben WAS zu tun bzw. zu präsentieren ist und WIE dabei vorzu- gehen ist. Diese Informationen bieten dem Moderator eine wichtige Orientie- rungshilfe, um das World Café effektiv zu begleiten. In der nächsten Spalte "Intention" wird erläutert, welcher Zweck mit der jeweiligen Aktivität verfolgt wird. Die Spalte "Materialien" weiter rechts gibt an, welche Materialien für die betreffende Aktivität erforderlich sind. Aus der Spalte "Moderator" geht hervor, wer für welche Aktivität zuständig ist. Die zuständigen Moderatoren tragen sich an den entsprechenden Stellen namentlich ein, so dass bei der Frage "Wer macht wann was?" keine Unklar- heiten auftreten.

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Der Faktor Zeit

Die Zeit kann für einen World Café-Moderator unerbittlicher Feind oder hilfreicher Freund sein − je nachdem, wie sie genutzt wird. Sorgen Sie dafür, dass die Zeit stets auf ihrer Seite ist!

Aufbau

Ist kein früherer Aufbau möglich, müssen Sie für den Aufbau 2 Stunden vor Beginn eines World Cafés kalkulieren − das ist das absolute Minimum! Zur Unterstützung sollten zusätzliche Hilfskräfte engagiert werden. Finden an einem Tag zwei World Cafés statt, ist nach der Veranstaltung am Vormittag unbedingt genug Zeit einzuplanen, um den Raum neu herzu- richten: Die Papierbögen und Materialien auf den Tischen müssen ausgetauscht bzw. neu verteilt werden. An solchen Tagen müssen die Moderatoren besonders auf sich selbst achten: Ein gesundes Mittagessen und etwas Ruhezeit vor der zweiten Veranstaltung sind ein Muss.

Wichtig: Vor Beginn eines World Cafés sollte noch etwas Zeit verbleiben, damit die Moderatoren sich innerlich sammeln und 100 % auf ihre bevorstehenden Aufgaben konzentriert sein, wenn die ersten Teilnehmer eintreffen. Die Aufbau- zeit daher nicht bis auf die letzte Minute verplanen! Hotel- oder Konferenzräume sind oft schon am Vorabend dafür zugänglich; die Anlieferungen können dann am Nachmittag vor der Veranstaltung erfolgen (oder früher). Findet ein World Café am Nachmittag statt, können diese Tätigkeiten am Vormittag durchgeführt werden. Planen Sie unbedingt genügend Zeit für die Herrichtung des Raums und den Aufbau der technischen Anlagen ein. Es gibt eine Menge zu tun und manches dauert oft länger als man denkt. Es empfiehlt sich aus Erfahrung, diese Aufbautätigkeiten am Tag (oder am Abend) vor dem World Café zu erledigen.

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Der Faktor Zeit

Moderation

Der Ablaufplan dient dem Moderator als Zeitgeber. Jeder im Team ist mit dafür verantwortlich, dass ein World Café pünktlich abläuft. Die Zeiten in der linken Spalte des Ablaufplans zeigen die geplante Dauer einer bestimmten Aktivität (Start-/ Endzeit). Somit weiß jeder genau, welche Aktivität wann beginnt und kann den Zeitplan insgesamt im Auge behalten. Hilfreicher Tipp: Die Handy-Stoppuhr kann bei der Einhaltung der geplanten Zeiten helfen. Sie misst die Gesamtdauer einer Aktivität und signalisiert, wann der Gong geschlagen werden muss bzw. wann eine Aktivität endet. Hierbei ist der Ton natürlich stumm zu schalten, so dass die Zeitsignale für die Moderatoren zwar sichtbar sind, aber nicht im ganzen Raum gehört werden können!

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4

Man kann auf zwei Arten kreativ sein. Man singt und tanzt. Oder man schafft ein Umfeld, in dem sich Sänger und Tänzer entwickeln.

K A P I T E L 4

WARREN BENNIS GRÜNDER DES LEADERSHIP INSTITUTE AN DER UNIVERSITY OF SOUTHERN CALIFORNIA

PIONIER IM BEREICH DER FÜHRUNGSKRÄFTEENTWICKLUNG

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Gegenseitige Befruchtung von Ideen: Wie verbreitet sich Wissen?

Am Anfang steht ein Gespräch. Jemand hat eine Idee und teilt sie mit den ande- ren. Diese teilen sie weiteren Menschen mit. Der wachsende Austausch erweitert den Kreis der Menschen, die von dieser neuen Idee bzw. Sichtweise erfahren. In einem World Café wird dieses altbewährte Prinzip der Ideenverbreitung gezielt vorangetrieben: Durch simple Tischwechsel werden die Sichtweisen/ Ideen weitergetragen und verbreiten sich exponentiell im ganzen Raum. Die Grafik auf der nächsten Seite zeigt, wie rasch sich Ideen in der Gesamtgruppe fortpflanzen.

Der befruchtende Austausch zwischen den Disziplinen ist von grundlegender Bedeutung für die wahrhaft revolutionären Fortschritte in unserer Zivilisation.

NEIL DE GRASSE TYSON Amerikanischer Astrophysiker

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Was sagt uns diese Grafik über die Dynamik eines World Cafés?

Zu Beginn der 1. Dialogrunde eines World Cafés bringt jeder Teilnehmer seine Idee (bzw. Sichtweise, Meinung, Perspektive) in das Gespräch ein. Anfangs sind also pro Tisch 4 Ideen vertreten. Das ändert sich jedoch, nachdem an diesem Tisch alle miteinander gesprochen haben: Jeder steht zwar immer noch für seine Idee, kennt aber nun bereits drei weitere. Nach dem ersten Tischwechsel sitzen sich jeweils vier neue Leute gegenüber, von denen jeder außer seiner eigenen Sichtweise bereits auch die Ideen von drei anderen Leuten mitbringt! Damit sind in dieser 2. Dialogrunde nun schon 16 Sichtweisen repräsentiert − und nach einem weiteren Tischwechsel erweitert sich diese Zahl auf 64. Diese steigt exponentiell nach jedem weiteren Tischwechsel. Nach nur drei Tisch- wechseln kursieren pro Tisch theoretisch 256 Sichtweisen (bzw. Meinungen, Ideen, Perspektiven, Erkenntnisse)! Aus dieser Mischung von Gesprächen und wechselseitigem Ideenaustausch kristallisiert sich im Laufe eines World Cafés eine kollektive Gruppenintelligenz heraus.

Anzahl der Ideen an 1 Tisch

Anzahl der Tischwechsel

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Die Magie der 4: Gruppendynamik

Was ist die ideale Gruppengröße für wirklich gute Gespräche?

Die magische Vier Obwohl 3 bis 6 Personen als die ideale Gruppengröße gelten, hat die Zahl 4 etwas Magisches. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass sich bei 4 Personen an einem Tisch die höchste Gesprächsbe- teiligung aller ergibt. Bei größeren Gruppen haben oft nicht alle die Gelegenheit, gehört zu werden bzw. sich aktiv in das Gespräch einzubringen. Viele trauen sich in 5er- oder 6er-Gruppen nicht zu äußern, was in einer 4er-Gruppe so gut wie nie vorkommt. Aus diesem Grund ist die Zahl 4 für den World Café-Prozess von elementarer Bedeutung.

Unsere Erfahrung bestätigt die For- schungsergebnisse, wonach sich eine große Gruppe immer mehr in kleinere Untergruppen zersplittert, je größer sie wird. Wenn jeder Einzelne die Chance erhalten soll sich in das Gespräch ein- zubringen − ab wann ist eine Gruppe dann zu umfangreich? Nach wissenschaftlicher Erkenntnis ist eine Gruppe zu groß, sobald sie mehr als sieben Teilnehmer hat. Damit jeder von ihnen am Gespräch teilhaben kann, ist ein externer Moderator erforderlich. Ohne diesen spaltet sich eine solche (oder noch größere) Gruppe naturgemäß in kleinere Untergruppen. Die optimale Größe einer selbstorganisierten Ge- sprächsgruppe liegt daher bei 3-6 Personen − nur dann ist ein sinnvoller Ideenaustausch unter aktiver Be- teiligung aller möglich.

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Optimale Gruppengröße für ein World Café

Was ist die ideale Anzahl an Teilnehmern einer World Café-Veranstaltung? Darüber wird seit den Anfängen des World Café diskutiert. Als Mindestzahl gelten 30 bis 40 Teilnehmer. Je kleiner die Gesamtgruppe, desto geringer die Chance, dass sich die Vierergruppen an den Tischen bei jeder Dialogrunde neu durchmischen. Aber wie steht es mit umfangreicheren World Cafés? Gibt es da eine bestimmte Optimalgröße − oder eine Maximalgröße? Nun, die einzige Begrenzung ist der verfügbare Raum! Je mehr Platz zur Verfügung steht, desto mehr Tische können Sie unterbringen. Unser bislang größtes World Café hatte 1000 Teilnehmer.

Aber ist eine solche gigantische Größe ideal? Nach langjähriger Erfahrung hat sich die Dunbar-Zahl 150* als die ideale Gruppengröße erwiesen. Der Evolu- tionspsychologe Prof. Robin Dunbar erkannte die Zahl 150 als die natürliche Größe für menschliche Gruppen: Unter 150 versteht man die kognitive Grenze der Anzahl an Menschen, mit denen ein Individuum stabile soziale Beziehungen unterhalten kann. Größere Gemein- schaften zerfallen in neue Untergruppen. Die Dunbar-Zahl entspricht also der Idealgröße eines World Café: Die Gruppe ist dann groß genug, um eine Gemein- schaft zu bilden, aber nicht so groß, dass die Gespräche beeinträchtigt werden.

* DUNBAR, ROBIN | How Many Friends Does One Person Need?: Dunbar''s Number and Other Evolutionary Quirks, Harvard University Press 2010

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Die Gespräche beenden

Es mag paradox klingen, dass es in einer Dialogveranstaltung, die Gespräche gezielt fördert, zu den schwierigsten Herausforderungen des Moderators gehört, diese Gespräche wieder zu stoppen! Ein World Café inspiriert die Teilnehmer zu einem lebhaften Gedan- kenaustausch mit ihren Tischgenossen, so dass sie kaum mehr auf den Mode- rator achten, wenn das Ende einer Dialogrunde naht. Im besten Fall sind sie so vertieft in ihre Gespräche, dass sie gar nicht mehr aufhören wollen.

Für den Ablauf eines World Cafés ist es jedoch wichtig, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer zu erhalten, um mit dem nächsten Schritt des Dialogprozesses fortzufahren. Aber wie bekommt man alle Teilnehmer im Raum dazu, ihre Gespräche gleichzeitig einzustellen?

Wir haben eine

2-Schritte- Methode

entwickelt, mit der sich die Gespräche einer Gruppe, egal welcher Größe, garantiert beenden lassen

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Die Magie der 4: Gruppendynamik

Schritt 2: Den linken Arm hochheben

Mit der "Isaacs-Methode" lassen sich die Gespräche einer Großgruppe auf effektive Weise zum Abschluss bringen (erfunden von David Isaacs, dem Mit- begründer des World Cafés): Um eine Dialogrunde zu beenden oder aus einem anderen Grund die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf sich zu ziehen, erheben die Moderatoren gleichzeitig ihren linken Arm über den Kopf. Da dieses Verfahren zu Beginn des World Cafés den Teil- nehmern erläutert und gemeinsam mit ihnen durchgespielt wurde, wissen nun alle, dass es an der Zeit ist, ebenfalls den linken Arm zu erheben − und nicht mehr weiterzureden! Diese einfache, aber wirkungsvolle Handbewegung ermöglicht die Kommu- nikation mit einer Großgruppe: Im ge- samten Raum werden die Gespräche eingestellt und die Gruppe ist bereit für die nächste Phase. David Isaacs simple Methode hat noch nie versagt!

Schritt 1: Gong-Ankündigung

Keiner lässt sich gerne mitten im Satz unterbrechen, bevor er seine Gedanken zu Ende geführt hat. Um das Gespräch der Teilnehmer nicht abrupt zu unterbrechen, lassen wir 2 Minuten vor Ablauf einer Dialogrunde einen ange- nehmen Gongschlag ertönen − als sanften Hinweis für die Teilnehmer, dass die Runde sich dem Ende neigt und sie ihre Gespräche langsam beenden mögen.

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