BUCHTIPP: HÜTTENDUFT
D ie Pflanzenmilch liegt uns noch etwas im Magen«, sagt Evelyn. Was die Wir- tin der vegan-vegetari- schen Franz Fischer Hütte, meint, ist nicht die Verdaulichkeit von Ha- fer- und Sojadrink, sondern der dadurch anfallende Müll. Während Bauern aus der Region Kuhmilch und Jogurt in wiederver- wendbaren Edelstahlbehältern liefern, kommt die Pflanzenmilch in handelsübli- chen Tetra Paks. »Ansonsten machen wir eigentlich alles selbst, aber auch noch die Milch? Das schaffen wir gerade (noch) nicht. Trotzdem haben wir unseren Müll schon gewaltig reduziert, auf ein Drittel der Mengen als wir noch konventionellen Hüt- tenbetrieb hatten.« Acht Mülltonnen und drei, vier Plastiksäcke fallen auf der Franz Fischer Hütte derzeit an – während der ganzen Hüttensaison von Juni bis Oktober. Evelyn Matejka und ihr Partner Tom Burger betrachten ihre Hütte als ganzheit- liches Projekt. Ernährung, Gesundheit, Nachhaltigkeit und einfaches Leben sind Themen, die die beiden seit längerem be- schäftigen und für die sie auch ihre Gäste sensibilisieren möchten. Ohne zu missio- nieren, sondern mit den simplen, aber um- so köstlicheren Gerichten aus Evelyns Kü- che. Die unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum vom Essen auf anderen Hütten, sind aber zu 90 Prozent vegan (vegetari- sche Variationen wie Käse oder ein Ei sind
Gsund und guat ist das Motto dieses Kochbuchs mit den besten Rezepte der Franz Fischer Hütte zum Nachkochen. Ganz ohne exotische oder seltene Zutaten Evelyn Matejka, Tom Burger »Hüttenduft. Gerichte und Geschichten aus den Tauern« 216 Seiten, Bergwelten, 22,00 €
möglich). Das Jägergeschnetzelte besteht aus Dinkelseitan, die Kaspressknödel aus weißen Bohnen. »Nicht alles schmeckt eins zu eins wie das Original aus Tierprodukten, aber lecker ist es trotzdem. Das sagen uns auch die Gäste«, sagt Evelyn. Über 60 Pro- zent seien Wiederholungstäter, kämen hauptsächlich wegen des Essens, manche dieses Jahr sogar schon zum 13. Mal. Regional und raffiniert Ihre Pflanzenküche bieten Evelyn und Tom nun den dritten Sommer an. Die Umstel- lung kam schleichend. Evelyn, die bereits seit 13 Jahren Hüttenwirtin ist und schon lange selbst überwiegend vegan isst, merk- te, dass immer mehr Gäste vegetarisches Essen bevorzugen. Außerdem misstraute sie den Gütesiegeln für Fleischprodukte mit jedem Skandal in den Medien mehr. Die Umstellung hatte aber auch ganz praktische Gründe. »Die pflanzliche Küche ist günsti- ger. Wir haben fast alles in Bioqualität, die Produkte kommen aus 250 bis 300 Kilo- meter Umkreis. Bei 20 000 Essen pro Sai- son wäre das mit Fleisch nicht zu bewerk- stelligen, Biofleisch ist einfach zu teuer«, erklärt Evelyn. Und Tom ergänzt: »Wir le- gen Wert auf einfache, aber qualitativ hoch- wertige Zutaten. Wenn man nur regionale Produkte zur Verfügung hat, muss man sich etwas einfallen lassen. Statt Cashews ver- wenden wir zum Beispiel Sonnenblumen- oder Kürbiskerne.« Aus ersteren besteht
etwa das Hack für die Bolognese. In Toms Lieblingsessen, dem Tauerncurry, sorgt nicht Kokosmilch, sondern ein Extrakt aus weißem Wurzelgemüse für die cremig sä- mige Soße. Dazu gibt es Dinkelreis. Übernachtungsgäste auf der Franz Fi- scher Hütte können täglich zwischen drei oder vier Abendmenüs wählen. Diese Viel- falt ist das Ergebnis eines langen und krea- tiven Prozesses. Besonders schwierig war es allerdings bei den Kuchen. Ein Großteil der zehn Kuchen, die Evelyn jeden Morgen
Bei Evelyn Matejka (unten re.) und Tom Burger auf der Franz Fischer Hütte im Salzburger Lungau gibt es vegane Köstlichkeiten. Hingabe, gute Zutaten und Kreativität sorgen für einprägsame Gaumengenüsse, egal ob bei herzhaften Gerichten wie Blaukrautleibchen oder bei Süßem vom Kuchenbüffet.
08/22 DER GRÜNE BERGSTEIGER 33
Made with FlippingBook flipbook maker