NATIONAL GEOGRAPHIC SPECIAL

EUROPÄISCHE EROBERER

Seinen militärischen Triumph an der Milvischen Brü- cke schrieb er hinterher dem Gott der Christen zu. Historiker sind sich uneins, ob Konstantins Bekeh- rung zum Christentum aufrichtig oder doch eher ein politisches Manöver war. Unbestritten ist, dass Kon- stantin 313 gemeinsam mit dem oströmischen Kai- ser Licinius die Mailänder Vereinbarung verkündete. Die Übereinkunft gewährte „den Christen und allen Menschen freie Vollmacht, ihre Religion zu wählen“. NEUE HAUPTSTADT KONSTANTINOPEL Im Jahr 324 übernahm Konstantin die Alleinherr- schaft. Rom verlor für ihn den Glanz. Die Stimmung zwischen den heidnischen Bürgern und ihrem christ- lichen Kaiser war angespannt. Konstantin erkannte außerdem, dass es aus militärischer Sicht klug wäre, den Regierungssitz in den Osten zu verlegen, um das Territorium und die wertvollen Kornspeicher Ägyptens besser gegen Gefahren aus dem Osten verteidigen zu können. Und so ernannte der Kaiser Konstantinopel (das heutige Istanbul) im Jahr 330 zu seiner neuen Resi- denzstadt. Gegründet unter dem Namen Byzantion, befand die Stadt sich bereits seit einem Jahrhundert unter römischer Herrschaft. Im Laufe der folgenden Jahre baute Konstantin sie in monumentalem Umfang aus. Er vergrößerte die Stadtfläche massiv und bot volle Staatsbürgerschaft und kostenloses Brot, um ranghohe Männer mit ihren Familien zu einem Umzug zu bewegen. Ein großer Palast sowie impo- sante Sitzungssäle sorgten für das Hauptstadt-Flair. Neue Kirchen entstanden, Christen waren willkom- men, aber auch Andersgläubige wurden toleriert. Rom verlor an Bedeutung. Nach der Reichsteilung ging Westrom im Jahr 476 schließlich unter. Kon- stantinopel hingegen überdauerte als Hauptstadt von Ostrom, dem späteren Byzantinischen Reich, noch ein Jahrtausend lang die Geschichte. ◆ LINKS: Die Buntglasdarstellung von Jesus stammt aus einer anglikanischen Kirche in New South Wales, Australien. Das Lamm Gottes symbolisiert die Auferstehung Christi.

RELIGION Das Christentum

D as Christentum, das als Religion das Abendland seit 2000 Jahren prägt, ent- stand um 26 oder 27 in einem entlegenen Winkel des Römischen Reiches, als der Wan- derprediger Jesus von Nazareth die Bühne der Weltgeschichte betrat. Mit seiner Bot- schaft von Vergebung, Liebe und Erneuerung zog er in seiner Heimat Galiläa (im heutigen Israel) die Massen an. Er sprach davon, dass sich die Prophezeiungen der Heiligen Schrift nun erfüllten, bezeichnete sich jedoch nie öffentlich als „Messias“ – den in der Hebräi- schen Bibel angekündigten Retter der Juden. Um das Jahr 30 wurde Jesus wegen Blas- phemie gekreuzigt. Die Bibel erzählt, dass er drei Tage nach der Kreuzigung von den Toten auferstanden sei. Seine Anhänger nannten ihn fortan Jesus Christus („der Gesalbte“) und begannen, seine Lehren zu verbreiten.

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DENKER, HERRSCHER, MACHER

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