Pacific-Ruhm, Pacific-Ruin Der typische Lebenslauf einer DB-03 10
Leistungsträger E 11/E 42 Ihre Einsatzgeschichte beim Bw Halle P
vereinigt mit
5.2025 Sep./ Okt.
ISBN 978-3-98702-231-9 EUR 13,90 A: € 15,30 • CH: CHF 25,80 Be, Lux, NL: € 16,00 DK: DKR 140,00
Diesel für die Nebenbahnen
Wie die DR den Traktionswechsel vorantrieb und warum sich die Dampflok mancherorts hielt
Die Karriere des „Rembrandt“ DB-Fernzug mit vielen Besonderheiten
Ältester erhaltener Bahnhof Deutschlands Vienenburg im Wandel der Zeit
Dampf und Tram-Episode auf Amrum Inselbahn im „Wechselbad“
Foto-Pirsch nach 50ern „mit großen Blechen“ Österreich-Besuch im Sommer ´69
Straßenbahngeschichte neu erleben
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Ludwig Schönefeld präsen- tiert in diesem Band rund 180 faszinierende Aufnahmen aus der wechselvollen Bochumer
Straßenbahnhistorie. 160 Seiten · ca. 180 Abb. ISBN 978-3-98702-179-4 € [D] 29,99
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Dieselbetrieb, typisch für eine Nebenbahn der DR: Am 7. Juli 1991 befährt die 112 640 mit P 18564 Geismar – Leinefel- de den Viadukt bei Lengenfeld unterm Stein Georg Wagner
Liebe Leserinnen, liebe Leser, vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich wie mir? Als ich das Bild oben sah, wurden Erinnerungen wach an angenehme, wenngleich schon etwas zurückliegende Eisenbahnjahre. An beschaulichen Nebenbahnbetrieb, der manchmal rustikal, aber doch irgendwie heimelig daherkam. Ein Stück klassischer alter Eisenbahn halt. Allerdings: Das ist meine Perspektive, geprägt von den Zeiten, als ich mit der Bahn groß geworden bin. Zwei Jahrzehnte vorher hätte man den Zug mit der DR-Diesellok und den Rekowagen gar nicht als klassisch angesehen, sondern als modernes Mittel, um den damaligen (wiederum beschaulichen ...) Dampfbetrieb zu ersetzen. Wie die Reichsbahn beimTraktionswechsel vorging, Moderne von früher
Moderne einst und jetzt schwingt auch bei einigen anderen Bei- trägen des aktuellen Hefts mit. Ob die kuriose, weil fast immer kriselnde Inselbahn Amrum, der Aufstieg und Fall der DB- Schnellzuglok 03 1049, die überraschendenVeränderungen um den „Rembrandt“: Es ist bemerkenswert, wie sich Dinge manch- mal wenden. Da trifft dann eine Ausstellung wie die Fahrzeug- schau 1985 in Bochum-Dahlhausen vermutlich genau den Nagel auf den Kopf. Sie bringt viele Heldinnen und Helden der Schiene zusammen: die Glanzlichter von gestern, die Heroen von heute und die Maschinen, die das Morgen prägen (sollen) ... VielVergnügen mit unserem neuen Ausflug in die unendliche Welt der Eisenbahn und einen schönen weiteren Sommer für Sie! Thomas Hanna-Daoud, Leitender Redakteur Bahn Extra
welche Erfolge sie erzielte und was ihr in die Quere kam, erfahren Sie im aktuellenTitelthema ab Seite 12.
Bei der Strecke Rennsteig – Frauenwald rollten von 1961 bis zur Stilllegung 1965 Züge mit V 15 (l.). In Bochum-Dahlhausen gab es 1985 eine beachtliche Fahrzeugschau (M.) und auf Amrum fuhr die Inselbahn Züge und nebenbei rollende Umkleidekabinen (r.) Slg. W.-D. Machel (l.), Slg. O. Strüber (M.), Slg. MHZ (r.) r Stilllegung 1965 Züge mit
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BahnExtra | INHALT
14 Oft machten LVT (Foto) den Anfang und dann folgten Dieselloks: Wie die Deutsche Reichsbahn ab den 1960ern den Traktionswechsel auf ihren Nebenbahnen forcierte
24 Wo die Planungen aufgingen: der Traktionswechsel in Westsachsen
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40 Wo auch Sonderlösungen gefragt waren: der Traktionswechsel auf schmaler Spur
Was künftig auf der Strecke fuhr: die wichtigsten Dieselfahrzeuge im Portrait
BahnExtra: Titel – Diesel für die DR-Nebenbahnen ALBUM 12 Diesel statt Dampf DerTraktionswechsel im Gange HINTERGRUND 14 Zwei Schritte vor ... Wie die Reichsbahn die Nebenbahnen auf Dieselbetrieb umstellte BEISPIEL 18 Die Inselbewohner DerTraktionswechsel auf Usedom BEISPIEL 20 Auf der Städtebahn Dieseltraktion für Belzig – Neustadt (Dosse) BEISPIEL 22 Schneller Wechsel Vorzeigestrecke „Pfefferminzbahn“ ALBUM 23 Reif für das Abstellgleis DreiT 3, die dem Diesel weichen mussten BEISPIEL 24 Frühzeitig umgestellt 32 Von „Ferkeltaxen“ ... 36 Über den „Balkan“
Pacific-Ruhm, Pacific-Ruin Der typische Lebenslauf einer DB-03 10
Leistungsträger E 11/E 42 Ihre Einsatzgeschichte beim Bw Halle P
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5.2025 Sep./ Okt.
ISBN 978-3-98702-231-9 EUR 13,90 A: € 15,30 • CH: CHF 25,80 Be, Lux, NL: € 16,00 DK: DKR 140,00
Diesel für die Nebenbahnen
Wie die DR den Traktionswechsel vorantrieb und warum sich die Dampflok mancherorts hielt
Die Karriere des „Rembrandt“ DB-Fernzug mit vielen Besonderheiten
So lief derTraktionswechsel in Westsachsen FAHRZEUGE Die typischen Nebenbahn-Dieselfahrzeuge BEISPIEL
Ältester erhaltener Bahnhof Deutschlands Vienenburg im Wandel der Zeit
Dampf und Tram-Episode auf Amrum Inselbahn im „Wechselbad“
Foto-Pirsch nach 50ern „mit großen Blechen“ Österreich-Besuch im Sommer ´69
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Die Umstellung bei Frose – Quedlinburg BETRIEB 38 Vom Dampf- zum Diesel-Bw Die Wandlung der Dienststelle Salzwedel BEISPIEL 40 Vorhaben abgebrochen Das Projekt „Schmalspur-Dieselbetrieb“ ALBUM 46 …eine Notiz wert Bemerkenswertes vom Nebenbahnbetrieb
Aufnahmen der Titelseite: Gr. Bild: Rudolf Heym (118 mit Personenzug bei Kloster Veßra, 1986); Bilder Reihe oben: Bernd Kappel/ Eb-Stiftg., Joachim Volkhardt (v. l.); Einklinker: Wolfgang Bügel/Eb-Stiftg. (EC 2 „Rembrandt“ bei Langenfeld, April 1989); Bilder Reihe unten: Josef Högemann, Slg. Leif Quedens (2), Wilfried Kohlmeier (v. l.) Bilder S. 4: Rolf Greinke (gr. Bild: LVT in Buschhof, Strecke Pritzwalk – Neustrelitz Süd), Rainer Heinrich, Friedhelm Köhler/ Slg. Dirk Endisch, Volker Emersleben (199.8 in Wernigerode, 1989)(u., v. l.) Bilder S. 5: Toni Schneiders/Eb-Stiftg., Dr. Rolf Löttgers (o., v. l.), Oliver Strüber, Joachim Volkhardt (M., v. l.), Slg. O. G. (u.)
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8 Glänzender Aufstieg und geschwinder Niedergang: Der Werdegang der 03 1049 steht beispielhaft für die 03 10 bei der Bundesbahn
48 Das gibt es wohl nur in Siegen: Zwei Tunnel durchqueren einen Berg. Noch dazu mit einer kniffligen Streckenführung ...
82 Zum Eisenbahnjubiläum 1985 luden DB und DGEG nach Bochum- Dahlhausen ein – zu einer denkwürdigen Fahrzeugschau
86 Ab den 1960ern beschafft, waren die neuen Elloks der Baureihen E 11 und E 42 jahrzehntelang im Raum Halle (Saale) unverzichtbar
BahnExtra: BahnEpoche BESONDERES BILD 6 An der „Goldenen Brücke“ Altenbekens großerViadukt FAHRZEUGE 8 Ein schönes Beispiel Der Werdegang von 03 1049 BAHNBAUTEN 48 Ein Berg, zwei Tunnel Ein Unikum aus Siegen PERSONEN 58 Die Zukunft im Blick Otto Steinhoff und die HBE BILDERGESCHICHTEN 61 Wohl und wehe ... bei der Inselbahn Amrum
ZEITMASCHINE SPEZIAL
KINO 84 Speisen in der Rushhour Der indische Film „Lunchbox“ BETRIEB 86 Elektrische Ablösung E 11 und E 42 im Bw Halle P STATIONEN 89 Alt und Neu beisammen Was in Hamburg-Sülldorf begeistert ZÜGE 90 Immer wieder
64 Wiederaufbau und Ausbau
Stettin in den Jahren 1946–1989
EREIGNISSE 70 „Beroemde Treinkat“ Eine besondere Fahrplan-Expertin STATIONEN 72 Nah und fern der Grenze BahnhofVienenburg einst und jetzt REISEN 76 „Blechln bis zum Boden“ „Großohrige“ 50er in Österreich EREIGNISSE 82 Die große Ausstellung ... 1985 in Bochum-Dahlhausen
etwas Neues Die Karriere des „Rembrandt“
81 Leserbriefe | Impressum 98 Vorschau
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BahnEpoche | BESONDERES BILD
Die Situation bei Tageslicht: Am 13. Mai 2016 kommt eine 115 mit einem Schadwagenzug aus Richtung Paderborn ins Eggegebirge nach Altenbeken
Das Große Viadukt von Altenbeken ist das prominenteste (Bahn-)Bauwerk der Gemeinde und wird gebührend gefeiert. Nachts strahlen Lampen 20 der 24 Bögen der Brücke in goldgelbem Licht an; am 1. Oktober 2011 gesellen sich eine Zugbegegnung und der aufgehende Mond dazu
A ltenbeken und sein Eisen- bahnviadukt sind untrennbar miteinander verbunden. Selbst das Stadtwappen zeigt, wie stolz man hier auf die 482 Meter lange Steinbo- genbrücke ist.Völlig zu Recht: Mit sei- nen 24 Rundbögen wirkt das Viadukt wie ein Denkmal vergangener Inge- nieurskunst. Mehr noch, das bis zu 35 Meter hohe, aus Kalkstein gefertig- te Bauwerk steht für den Beginn einer neuen Zeit. Es war die Eisenbahn, die das Dorf Altenbeken zur Gemeinde machte, sie auf die großen Landkarten und in das Bewusstsein der Allge- meinheit hob. 1853, mit der Eröffnung der Strecke Hamm – Warburg (– Kas- sel) und des erwähnten Viadukts, fing die Ära des Schienenverkehrs an. Stre- cken nach Kreiensen (er- öffnet 1864), Hannover (1872) sowie zwischen Herford und Himmighausen (1895) folgten und ließen das kleine Altenbeken zu einem bedeutenden Eisenbahnknoten reifen. Bekannt aus Fahrplänen und Kursbüchern, mit in- tensivem Zugbetrieb und ausgedehn- tem Bahnhof. Ein Ort, der mit (und von) der Eisenbahn lebte und ohne sie bald kaum mehr vorstellbar war, ähn- lich wie Bebra, Pressig-Rothenkir- chen oder Falkenberg (Elster).
Eggegebirges, nach wie vor. Auch heute rollen hier zahlreiche Züge. Die Gemeinde weiß dies zu zelebrieren, siehe wiederum den, wie er offiziell heißt, GroßenViadukt. Das eigentliche Schauspiel beginnt mit Einbruch der Nacht: Sanfte LED-Strahler tauchen die Brücke in goldenes Licht. Jeder der beleuchteten Bögen scheint wie ein Tor in eine andere Zeit – zurück ins Jahr 1853, als König Friedrich Wil-
helm IV. das Bauwerk für stolze 573.000 Taler ein- weihte. Beeindruckt von den immensen Baukosten nannte er sie augenzwin- kernd die „Goldene Brü- cke“; ein Name, der bis heute nachklingt. Alle drei Jahre gibt es
Das Große Viadukt prägt das Wappen wie die Gemeinde und ist auch auf den kommunalen Internetseiten von Altenbeken vertreten
ein Viaduktfest und dann ist da derViadukt-Wander- weg, der zu eindrucksvol- len Standorten führt und mit magischen Ausblicken belohnt; besonders bei der Besucherplattform, von der aus der Blick in die Weite des
Tales schweift. Ein stiller Moment, in dem Technik, Geschichte, Natur zu ei- ner besonderen Stimmung verschmel- zen. Der Anblick ist ein Highlight für Eisenbahnfans und berührt ebenso jene, welche die Schönheit außerge- wöhnlicher Lichtimpressionen suchen. Die entfalten sich allabendlich rund um den angestrahlten Viadukt; so wie am 1. Oktober 2011, als sich dort ge- gen 20:30 Uhr zwei Züge begegnen und ihre Lampen Leuchtspuren auf den Kamerasensor malen. Das wollte auch der aufgehende Mond keines- falls versäumen.
GroßeVergangenheit – leuchtende Gegenwart
Die Bedeutung der Schiene zeigt sich in Altenbeken, der 9.000-Einwohner- Gemeinde am nördlichen Rand des
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Großer Viadukt Altenbeken
Bilder: Michael Hubrich, Gemeinde Altenbeken (Wappen); Text: Michael Hubrich/GM An der „Goldenen Brücke“
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BahnEpoche | FAHRZEUGE
03 1049 Ein
B ei Eisenbahnfreunden hat die 03 10 eine feste Anhängerschaft. Die drei- zylindrigen Einheits-Schnellzugloks der Deutschen Reichsbahn gelten als ele- gant und schnittig. Ihre Geschichte ist aber von vielen Wendungen begleitet. 1939 ent- standen die ersten Exemplare dieser Weiter- entwicklung der Baureihe 03, ursprünglich sollten 140 Lokomotiven für leichte, schnel- le Reisezüge zur Reichsbahn kommen. Wegen des Zweiten Weltkriegs und der Pro- duktionsumstellung auf kriegswichtigere Güter wurden es letztlich 60 Stück. Von ih- nen kamen wiederum 26 zur Deutschen Bundesbahn, wo sie eine besondere Zeit der Höhen und Tiefen erlebten. Exemplarisch dafür steht der Werdegang von 03 1049. Von der Reichsbahn zur Bundesbahn Der Zweite Weltkrieg tobte schon mehr als ein Jahr, als das Bw Hagen-Eckesey diese Lok erhielt. Die Stromlinienverkleidung hob sie gegenüber vielen anderen Dampfloks der Reichsbahn hervor. Am 4. Januar 1941 begann die Stationierung und sollte drei Kriegsjahre dauern. Dann verlegte die Reichsbahn 03 1049 nach Breslau, wo sie bis 1945 blieb. In den letzten Kriegsmonaten wurde die Lok vor der näher rückenden Front nach Westen abgefahren – als neue Heimat-Dienststellen sind ab März 1945 Kreiensen, ab April 1946 München bekannt. Zu Münchner Zeiten war die Maschine meh- rere Jahre in Lenggries abgestellt.Von einem verkehrswerbenden Aussehen konnte man schönes Beispiel Anfang 1941 erhielt das Bw Hagen-Eckesey mit der 03 1049 eine der neuen leichten Schnellzugdampfloks mit Stromlinienverkleidung. 1959 kehrte die Lok dorthin zurück – ziemlich umgestaltet und nach verschiedenen Stationen. Wir zeigen einen typischen 03 10 -„Lebenslauf“ bei Reichs- und früher Bundes- bahn Von Martin Weltner/GM
Irgendwo zwischen Aschenputtel und einem Häufchen Elend liegt der Eindruck, den 03 1049 im Jahr 1947 im Bahnhof Lenggries macht. Abgestellt und sichtlich ramponiert wartet die „halbverklei- dete Lok“ auf bessere Zeiten, die immerhin etwas mehr als zwei Jahre später auch kommen Ernst Schörner/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung Kaum acht Jahre liegen zwischen der Abstellung in Lenggries und diesem furiosen Dienst in Hamburg: Am 15. Februar 1955 hat 03 1049 den F 11 „Nord-Express“ am Haken und stampft mit dem Zug durch Hamburg-Dammtor. Schnellzüge, wenngleich meist mit weniger Gewicht, prägen diese für die 03 10 der DB glänzendste Zeit ihrer Einsätze Walter Hollnagel/Bildarchiv der Eisenbahngeschichte
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Angaben für die Ursprungsausführung/ den DB-Umbau mit Neubaukessel Länge über Puffer 23.905 mm Gesamtradstand 12.000 mm Treibraddurchmesser 2.000 mm Laufraddurchmesser vorne 1.000 mm Laufraddurchmesser hinten 1.250 mm Höhe über Schienen-Oberkante 4.250/4.280 mm Leermasse 93,8/93,2 t Dienstmasse 103,2/104,2 t Verdampfungsheizfläche 202,96/177,54 m 2 Rostfläche 3,89/3,87 m2 Höchstgeschwindigkeit 140 km/h indizierte Leistung 1.317/1.375 kW Achslast 18,3/19,2 t Kohlevorrat 10 t Wasservorrat 34 m 3 Übersicht Technische Daten 03.10
Von Dezember 1949 bis April 1950 ließ die Bundesbahn die 03 1049 bei Henschel in Kassel aufarbeiten. Herausgekommen ist eine (fast) ganz andere Lok, vor allem ohne Stromlinienverkleidung. Am 7. April 1950 steht die Maschine in ihrem neuen Heimat-Bahnbetriebswerk Dortmund Bbf BD Essen/Archiv d. Eisenbahnstiftung
F-Zug-Lok schlechthin. Wie einst vorgese- hen, wurden leichte, schnelle Züge ihr Metier, sie erreichte erstaunliche Laufleistungen von bis zu 1.000 Kilometer proTag. Nochmals ein Umbau Mitte der 1950er-Jahre zeigten sich jedoch am Kessel aufgrund des verwendeten Bau- stoffs massive Alterserscheinungen. Darauf- hin bekam die Firma Krupp den Auftrag, den alten Dampferzeuger durch einen geschweiß- ten Kessel mit Verbrennungskammer zu er- setzen, baugleich und austauschbar mit je- nem der Baureihe 41. Zudem erhielten die 03 10 Tender mit Abdeckung und Kohle-Nach- schubeinrichtung. Beides wurde im Ausbes- serungswerk Braunschweig zwischen 1957 und 1961 eingebaut. Im Herbst 1958 wurden alle 26 Maschinen zum Bw Hagen-Eckesey umbeheimatet, auch 03 1049, die den neuen Kessel im Juni 1959 erhielt – frisch lackiert war die Lok wahrlich wieder eine Schönheit! Für viele Eisenbahnfreunde hatte die 03 10 da- mit sogar ihre ultimative, bestmögliche Form erreicht: Der schlanke Kessel, der flache Schornstein, die modern wirkende Frontpar- tie, Rollenlager an den Triebwerksteilen und die auf bzw. hinter die Umlaufbleche verleg- ten Sandkästen machten sie für nicht wenige zur attraktivsten 2‘C1‘-Lok, die selbst das Aussehen aus den frühen 1950ern übertraf. Allerdings fand die in dieser Form erneu- erte Lok nicht bei allen Lokpersonalen Bei- fall. Einige Lokführer bemängelten, dass der Neubaukessel zum Wasserreißen neige und der Heißdampfregler klemme. Und auch die Aufgaben, welche die Bundesbahn den nochmals umgebauten Schnellzugloks gab, konnten nicht immer mit denen frühe- rer Jahre mithalten. Es standen weniger
In den frühen 1950ern hat die Bundesbahn noch umfangreiche Aufgaben für die 03 10 . Im Jahr 1951 setzt Lok 03 1049 mit dem aus Doppelstockwagen gebildeten E 719 in Frankfurt (Main) Hbf zur Fahrt nach Dortmund an Toni Schneiders/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
da freilich nicht mehr sprechen: Ein Foto aus dem Jahr 1947 zeigt sie mit ramponierter, teils auch entfernter Stromschale. Das Fahr- werk liegt frei. Spätestens seit März 1945 hatte die Lok nicht mehr unter Dampf ge- standen und so blieb es auch bei der Deut- schen Reichsbahn der Westzonen. Eine Änderung gab es erst bei der Nach- folgerin Deutsche Bundesbahn, die 1949 und 1950 die 26 bei ihr verbliebenen 03 10 -Loko- motiven bei Henschel in Kassel aufarbeiten ließ. So auch 03 1049, an der die Arbeiten am 14. Dezember 1949 begannen. Im Winter 1949/50 erhielt die Lok eine L4-Untersu-
chung, die einige Sonderarbeiten beinhaltete: So wurden die verbliebene Stromlinienver- kleidung entfernt, die Kesselbekleidung, Um- laufbleche sowie kleine Windleitbleche ange- bracht. Das Ergebnis war – wie bei allen 03 10 der DB – eine moderne, imposante Lok. Die abgeschnittene Rauchkammertür und der weit vorne liegende Oberflächenvorwärmer gaben ihr ein unverwechselbares Erschei- nungsbild, ergänzt durch die flache Erhe- bung des Heißdampfreglers, die Luftbehälter, den Verzicht auf eine Frontschürze sowie die Form von Führerhaus und Tender. Die 03 10 der Bundesbahn präsentierte sich als die
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BahnEpoche | FAHRZEUGE
Bei einer nochmaligen Modernisierung bekommen die 03 10 der DB Ende der 1950er-Jahre Neubaukessel und das für viele Bahnfreunde attraktivste Aussehen. So „herausgeputzt“, fährt 03 1049 am 6. Juli 1962 mit E 316 aus Göttingen in Wuppertal-Elberfeld ein. Markant und interessant ist der Tender mit seiner eingebauten Kohle-Nachschubeinrichtung und der Kohlekasten-Abdeckung Wilfried Harder/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Übersicht „Lebenslauf“ der 03 1049
Hersteller
Krupp, Kassel
Fabriknummer/Baujahr 2106/1940 Abnahme 03.01.1941
Stationierungen Hagen-Eckesey
04.01.1941 – 05.1944 05.1944 – 1945 1945 – 02.04.1946 03.04.1946 – 06.04.1950 07.04.1950 – 04.05.1954 05.05.1954 – 06.01.1958 07.01.1958 – 30.09.1958 01.10.1958 – 30.08.1966
Breslau
Kreiensen
München Hbf Dortmund Bbf Hamburg-Altona
Paderborn
Hagen-Eckesey
z-Stellung (vorläufig)
03.1949
z-Stellung
25.05.1966 30.08.1966
Ausmusterung verschrottet
13.10.1966, AW Lingen
Schnellzugleistungen sind mittlerweile die Ausnahme, aber am 1. Mai 1964 darf 03 1049 noch eine solche Garnitur übernehmen; in Hamm (Westf) wartet sie auf die Abfahrt mit Ziel Köln. Das Äußere der Lok hat allerdings merklich gelitten, nicht zuletzt durch die grob wirkenden Scheibenräder bei den vorderen Laufradsätzen Bernd Kappel/Bildarchiv der Eisenbahnstiftung
Effekt. Wie nahe Ruhm und Ruin bei dieser Pacific-Baureihe der DB beieinander lagen, zeigt sich an 03 1049 ebenfalls. Bald nach der zweiten Ertüchtigung hatte sie wegen mangelhafter äußerlicher Pflege ein schmutziges Aussehen. Der Einbau von zwei Laufachsen mit Vollscheibenrädern ließ sie behelfsmäßig hergerichtet wirken, gar nicht wie eine elegante Schnellzuglok. So ist 03 1049 ein im doppelten Sinne schö- nes Beispiel – für die bemerkenswerte Dienstzeit dieser DB-Baureihe wie für den Zustand, in dem sie wohl kein Eisenbahn- freund in Erinnerung behalten wollte.
verschrottet. 03 1049 traf die Abstellung mit Ablauf des Winterfahrplans 1965/66. Beste Zeit im zweitbesten Zustand Rückblickend betrachtet, hat sie – wie die 03 10 bei der Bundesbahn überhaupt – ihre beste Dienstzeit im zweitbesten Zustand er- lebt, nach der Aufarbeitung in den frühen 1950ern. Der nochmalige Umbau einige Jahre später blieb dagegen, auch wegen des fortschreitenden Traktionswechsels, ohne
schnelle, leichte Fernzüge auf dem Pro- gramm, stattdessen quälten sich die Pazifiks oft von Eckesey aus mit schweren Eil- und Schnellzügen über steigungs- und kurven- reiche Strecken. Zudem mussten sie ein Ein- satzgebiet nach dem anderen der Diesel- und Ellok überlassen, so dass es für 03 1049 und ihre Schwestern bald kaum mehr etwas zu tun gab. Zwischen November 1965 und September 1966 wurden alle DB-Lokomoti- ven der 03 10 z-gestellt, ausgemustert und
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Titel | ALBUM
Als Dieselvariante für die Schmalspurbahnen im Harz beschafft die DR die „Harzkamele“ der Baureihe 199.8 (l., in Gernrode 1992). Teils kommen auch pittoreske Dieselzüge zum Einsatz, wie in den frühen 1960ern auf Teilen der Oderbruchbahn (r., bei Hasenfelde) V. Emersleben (l.), L. Nickel/Slg. W.-D. Machel (r.)
Traktionswechsel bei DR-Nebenbahnen Diesel statt Dampf Wie die Reichsbahn den Traktionswechsel auf ihren Nebenbahnen vorantrieb – und warum sich die Dampf- lok trotzdem manchmal noch halten konnte
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ALBUM | Titel
Am Morgen des 18. Juni 1990 bespannt die 114 261 den P 18077, den ersten Personenzug des Tages von Saalfeld nach Lobenstein (Thür). Kurz vor dem Ziel macht der Zug noch in Unterlem- nitz Station. Die V 100 ist eines der typischen Nebenbahndieselfahrzeuge der Deutschen Reichsbahn Georg Wagner
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Titel | HINTERGRUND
Auf einigen Strecken der Altmark wurde Mitte der 1960er-Jahre der Traktionswechsel mit derartigen Zugkompositionen begonnen. 1971 hat ein Personenzug mit Güterbeförderung (Pmg) von Kleinau West nach Osterburg den Bahnhof Klein Rossau erreicht Wolfgang List/Slg. Wolf-Dietger Machel
Verdieselung auf DR-Nebenbahnen Zwei Schritte vor ...
… und bisweilen ein Schritt zurück: Schon seit den frühen 1950er-Jahren arbeitete die Deutsche Reichsbahn darauf hin, auf Nebenstrecken verstärkt Dampf- durch Diesellokomotiven zu ersetzen. Das ambitionierteVorhaben zog sich allerdings in die Länge Von Wolf-Dietger Machel/Dirk Endisch/GM
D ie Nebenbahnen der Deutschen Reichsbahn waren zu Beginn der 1950er-Jahre ein buntes Sammelsu- rium. Auf vielen verschiedenen Strecken tummelte sich eine Vielzahl unterschiedli- cher Fahrzeuge, wobei die Dampftraktion bei weitem überwog. Auf manchen Neben- bahnen kamen aber auch schon Dieselloko- motiven und Dieseltriebwagen zum Ein- satz. Dabei handelte es sich vor allem um Fahrzeuge, die schon vor dem Zweiten Welt- krieg von der Deutschen Reichsbahn-Ge- sellschaft und verschiedenen Klein- und Privatbahnen beschafft worden waren. Zu ihnen gesellten sich einige streckentaugli- che Dieselloks der Bauart WR 360 C, die überwiegend aus Wehrmachtsbeständen zur Reichsbahn gelangten. Zusätzlich zu den eigenen Strecken hatte die DR zum 1. April 1949 zahlreiche Klein- und einige Privatbahnen übernommen, was das Streckennetz erweiterte und den Trieb- fahrzeugbestand um ein Vielfaches vergrö- ßerte – maßgeblich durch Dampflokomoti- ven der unterschiedlichsten Bauarten. Die
So leitete die Deutsche Reichsbahn schon Anfang der 1950er-Jahre in Zusammenar- beit mit der Industrie erste Vorarbeiten ein, um neue Dieseltriebfahrzeuge für den Ran- gier- und Nebenbahndienst zu beschaffen. In diesen Bereichen waren die Einsparpotenzi- ale mit am größten. 1954 legte das Institut für Schienenfahrzeuge (IfS) erste Studien für Dieselloks für den Rangier- und Nebenbahn- dienst vor. Dabei griff es auf die Erfahrungen mit den dieselhydraulischen Wehrmachts- dieselloks zurück. In diesem Zusammenhang musste die DR einige technische Grundsatzfragen ent- scheiden.Wichtig war im Interesse geringer Beschaffungs- und Unterhaltungskosten eine weitgehende Normierung der Bau- gruppen. Bei der Wahl des Dieselmotors entschied sich die Reichsbahn für einen schnelllaufenden Motor mit 1.500 Umdre- hungen pro Minute. Für die Kraftüber- tragung wählte sie hydraulische Getriebe; dafür sprachen imVergleich zur dieselelekt- rischen Kraftübertragung das geringere Gewicht und der geringere Platzbedarf. Au-
Mehrzahl davon arbeitete noch mit Nass- dampf, der Älteste dieser Lokzugänge – eine ehemalige preußischeT 7 – stammte aus dem Jahr 1890. Neben diesem Zuwachs bei den Dampfloks (allein 396 Exemplare im Nor- malspurbereich) waren auch in geringerer ZahlTriebwagen sowie einige Motorlokomo- tiven in den Bestand gerückt. Damit war eine zusätzliche Bürde verbunden: Die fortan be- triebsfähig vorzuhaltenden Dampflokomoti- ven,Triebwagen und wenigen Motor-Kleinlo- komotiven erforderten aufgrund der zumTeil eigentümlichen Bauarten in den Werkstätten überdurchschnittliche Unterhaltungs- bzw. Instandhaltungsaufwendungen. Oft mussten Ersatzteile kostspielig nachgefertigt werden. Einsparpotenzial vor Augen Allgemein gestaltete sich der Betrieb mit der Dampflok sehr aufwendig: Lange An- heizzeiten, umfangreiche Versorgungsar- beiten und hoher Personalaufwand trieben die Kosten in die Höhe. Insbesondere auf Nebenbahnen mit dem oft vergleichsweise geringen Zugverkehr schlug dies zu Buche.
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HINTERGRUND | Titel
ßerdem benötigte die hydraulische Kraft- übertragung nur wenig Kupfer, das in der DDR Mangelware war. DieVorarbeiten für die Dieseltriebfahrzeu- ge gingen zunächst nur schleppend voran. Das änderte sich 1955, ausgelöst durch das 2. Plenum des Zentralkomitees (ZK) der So- zialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Bei dieser Tagung, veranstaltet vom 24. bis 27. Oktober 1955, wurde für die DDR- Wirtschaft das Motto „Modernisieren, Mecha- nisieren, Automatisieren“ ausgegeben. Das ZK beschloss die Anwendung moderner Technik in allen Bereichen der Wirtschaft. Die Reichsbahn wurde dazu verpflichtet, „plan- mäßig mit dem Bau und dem Einsatz moder- ner Streckendiesellokomotiven“ zu beginnen. Schwierige Umsetzung Das war leichter gesagt als getan, denn die Voraussetzungen für die Entwicklung und den Bau von Dieseltriebfahrzeugen waren denkbar schlecht. Es gab so gut wie keine Betriebe in der DDR, die in der Lage waren, bahntaugliche Motoren, Steuerungen sowie Strömungs- und Elektroschaltgetriebe zu liefern. Die DR und die in der VVB LOWA zusammengeschlossenen Betriebe mussten das dazu notwendige Wissen erst mühsam erwerben und eine entsprechende Industrie aufbauen. Ende der 1950er-Jahre nahmen die Pläne der DR für den Traktionswechsel dann kon- krete Formen an. Die Hauptverwaltung der Maschinenwirtschaft (HvM) hatte inzwi- schen einenTypenplan ausgearbeitet und die Zahl der zu beschaffenden Triebfahrzeuge mit der Staatlichen Plankommission (SPK) abgestimmt. Das im März 1961 von der SPK genehmigte Konzept sah bis 1965 die Be- schaffung von fünf Baureihen vor: der Ran- gierdieselloks V 15 (255 Stück) und V 60 (392 Stück), der Streckendieselloks V 100
Typischer DR-Nebenbahnbetrieb der 1970er- und 1980er-Jahre: Lok 110 247 verlässt mit einem Güterzug mit Personenbeförderung (Gmp) im Sommer 1989 Neuwegersleben F. Köhler/Slg. D. Endisch
(120 Loks) und V 180 (128 Loks) sowie einer Diesellok für Schmalspurbahnen V 36 K (137 Stück). Die V 100 sollte aus der Sowjet- union importiert werden. Bis 1975 wollte man denTraktionswechsel abschließen. In der Zwischenzeit – vor der Produktion der neuen Loks bzw. auch, als diese anlief – griff die DR für den Nebenbahn-Dieselbe- trieb auf vorhandene Bestände zurück. So zum Beispiel auf die WR 360, jetzt Baureihe V 36, welche die Reichsbahn in einigen Bahn- betriebswerken zusammenzog, um die Un- terhaltung zu vereinfachen. Einsatzbereiche waren beispielsweise die von Ebeleben aus- gehenden Nebenbahnstrecken (mit Behei- matung in der Reichsbahndirektion Erfurt, dort im Bahnbetriebswerk Nordhausen), die ehemalige Niederlausitzer Eisenbahn (Rbd Cottbus, Bw Luckau), die Strecke Zinnowitz – Peenemünde Dorf (ehemalige Werkbahn, Rbd Greifswald, Bw Heringsdorf) und die
von Neuruppin ausgehenden Strecken (ehe- malige Ruppiner Eisenbahn, Rbd Schwerin, Bw Neuruppin). Wurden mit den V 36 in der kalten Jahreszeit Reisezüge bespannt, waren in den Personenwagen Ofenheizungen vor- zuhalten, da die ehemaligen Wehrmachtsloks keine Dampfheizungsanlagen besaßen. Zwar war mit diesen Lokomotiven bereits eine kostengünstigere Betriebsführung mög- lich als mit Dampflokomotiven, aber letzt- endlich bedeuteten diese Leistungen einen Tropfen auf den heißen Stein.Von einem sys- tematischen Traktionswechsel konnte beim V-36-Einsatz nicht die Rede sein, zumal sich die Instandhaltung dieser Lokomotiven als kompliziert erwies und oft Ausfälle zu ver- zeichnen waren. Traktionswechsel in kleinen Schritten So musste die DR, bis genügend neue Die- sellokomotiven bereitstanden, auf den Ne-
Obwohl die Strecke Genthin – Milow (Havel) für die Stilllegung vorgese- hen war, vollzog das Bw Jerichow auf dieser Stichbahn 1964 den Trak- tionswechsel mit damals hochmodernen LVT der Baureihe 2.09. Das Foto entstand am letzten Betriebstag, dem 23. September 1967, beim Halt in Schlagenthin Slg. Wolf-Dietger Machel
Bis in die frühen 1960er-Jahre standen der DR nur Dieselfahrzeuge aus der Vorkriegszeit zur Verfügung, darunter Triebwagen ehemaliger Klein- und Privatbahnen. Hier der VT 135 539, ehemals T 61 der Kleinbahn Gardelegen-Neuhaldensleben-Weferlingen, mit Beiwagen unterschied- licher Herkunft in Sandau, 1963 Slg. Wolf-Dietger Machel
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Varianten des Dieselbetriebs: Altbau-Triebwagen 185 008 (ex VT 137 069) des Bw Güsten steht im Sommer 1974 in Egeln (l.). Die Rangier- und Strecken- diesellok 106 649 wird mit Beiwagen 190 839 (ex VB 140 517) am 23. März 1975 im Bahnhof Schönhausen (Elbe) aufgenommen (r.) Slg. Dirk Endisch (2)
benbahnen weiterhin Dampflokomotiven zahlreicher Bauarten vorhalten. Das auch deshalb, weil auf vielen Strecken aus Klein- bahnzeiten geringere Achsfahrmassen be- rücksichtigt werden mussten. Diese konnte bei 16Tonnen liegen, manchmal auch bei 15 (wie bei den meisten ehemaligen Kleinbah- nen in der Altmark) oder gar 14Tonnen (wie bei der Perleberger Ringbahn und den West- havelländischen Kreisbahnen).
ren neben den Tenderlok-Baureihen 64 und 86 auch die Schlepptendermaschinen der Baureihen 50, 50 35 (Reko-50), 50 40 (Neu- bau-50), 52 und 52 80 (Reko-52) stark vertre- ten. Diese großen Dampfloktypen erwiesen sich für den Nebenbahndienst als ideal; sie hatten nur 15 bzw. 16Tonnen Achsfahrmasse und das Fahrwerk der 1‘E-Maschinen war für schlechten Oberbau sehr gut geeignet. Einzig die Frage, ob die Reichsbahn sie beim Güter- zugdienst auf den Hauptbahnen entbehren konnte, schränkte die Nutzung auf Neben- strecken ein. Der Bau der RangierdiesellokV 15 22–23 in größeren Stückzahlen ermöglichte von 1961 an die Ablösung der Dampflokomoti- ven auf schwach frequentierten Nebenbah- nen im Reise- und Güterzugdienst, unter anderem auf den Strecken Rennsteig – Frauenwald (Rbd Erfurt), Fredersdorf – Rü- dersdorf, Hoppegarten – Altlandsberg, der Oderbruchbahn (Rbd Berlin), Boizenburg (Elbe) – Boizenburg Stadt, Brahlstorf – Neu- haus (Elbe), der Perleberger Ringbahn (Rbd Schwerin) und auf verschiedenen Linien in der Altmark (Rbd Magdeburg). Die Perso- nenzüge wurden meist aus ursprünglich für den Triebwagenverkehr genutzten Beiwa- gen gebildet, die mit Ofenheizungen nach- gerüstet worden waren, da die V 15 über keine Dampfheizungsanlagen verfügten. LVT undV 100 rücken an Mit der Nullserienfertigung des Leichttrieb- wagens (LVT) der Baureihe VT 2.09 (ab 1970: 171 und 172) von 1962 an und den Se- rienlieferungen ab 1965 und 1969 gelang es der DR, die Dampflokeinsätze auf zahlrei- chen Nebenstrecken, wenn auch in Etap- pen, stark zu reduzieren. Schwerpunkte des LVT-Einsatzes waren vor allem die von den Bahnbetriebswerken bzw. Einsatzstellen Jerichow, Salzwedel, Haldensleben, Hoyers- werda, Frankfurt (Oder) Pbf, Prenzlau, Gotha, Eisenach, Wittenberge und Berlin- Pankow bedienten Nebenstrecken. Teilwei- se mussten die neuen Fahrzeuge aber ver- schlissene ältere Triebwagen der Baureihen VT 135 undVT 137 ersetzen. Für den Güter- verkehr standen inzwischen auch die in Se-
Der Dampflokbestand für Nebenbahnen umfasste deshalb Anfang der 1960er-Jahre noch etliche ehemalige Klein- und Privat- bahnlokomotiven (ab 1950 als Baureihen 70 63–68 , 75 62–67 , 89 59–66 , 91 61–67 , 93 64–66 , 92 60–66, 68 , 98 60–64 bezeichnet), viele Maschi- nen der Länderbahnbauart, etwa die Baurei- hen 55 0–6, 18–22 , 56 2–9 , 57 10–40 , 74 0–3, 4–13 , 91 3–18 , 92 5–10 , 93 0–4,5–12 , 94 5–17, 20–21 und 95 0 sowie diverse Einheitslokomotiven. Bei diesen wa-
Seit Mitte der 1970er-Jahre prägte die sechsachsige V 180 den Betrieb auf den Nebenbahnen des Thüringer Waldes. Das ist auch noch im September 1991 der Fall, als 118 751 mit dem Personenzug 19049 Elgersburg – Ilmenau-Roda den Bahnhof Plaue verlässt Georg Wagner
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rie gebauten Rangierdieselloks der Baurei- heV 60 (ab 1970: 106) zurVerfügung. Zwar handelte es sich bei den neu be- schafften Dieselloks um Neukonstruktio- nen, die anfangs noch eine höhere Schad- quote („Kinderkrankheiten“) aufwiesen. Doch änderte diese Verzögerung nichts an dem grundsätzlichen Fortschritt, nämlich, dass insbesondere im Reisezugverkehr mit den LVT ein erster Umschwung hin zum Dieselbetrieb realisiert wurde. Mit der Serienfertigung der V 100 (ab 1970: 110) von 1967 an erhielt die Deutsche Reichsbahn eine weitere wichtige Lokomoti- ve für den Traktionswechsel auf Nebenbah- nen. Die nahezu universell verwendbare Ma- schine sorgte für eine massive Umstellung insbesondere im Reisezugverkehr. Bis 1969/70 gelang es der DR, fast alle er- wähnten Dampflokomotiven aus den Län- derbahn-, Klein- und Privatbahnzeiten durch Dieseltriebfahrzeuge zu ersetzen. Be- schleunigt wurde diese Entwicklung durch die Stilllegung nicht weniger Nebenstre- cken. Weiterhin unabkömmlich waren auf verschiedenen Strecken der Direktionsbe- zirke Berlin, Greifswald, Schwerin, Halle (Saale), Erfurt und Dresden Einheitsloko- motiven der Reihen 64 und 86 sowie aus Länderbahnzeiten Lokomotiven der Bau- reihen 94 5–18 , 95 0 (Gebirgsstrecken der Rbd Erfurt) und 94 20 (Rbd Dresden, hier unter anderem die Gebirgsstrecke nach Eiben- stock oberer Bahnhof). Die Umstellung setzte sich freilich fort. In Thüringen wurden für den Nebenbahndienst auf den steigungsreichen Strecken im Raum Ilmenau und Suhl ab 1974 Großdieselloko- motiven der Baureihe 118.2–4 verwendet. Mit den aus Rumänien importierten Groß- dieselloks der Baureihe 119 kam – nach de- ren Ertüchtigung – im Februar 1981 das Aus für die letzten Dampflokomotiven aus Län- derbahnzeiten; die im Bw Probstzella behei- mateten legendären Maschinen der Baurei- he 95.0 wurden abgestellt.
50 3688 (Bw Glauchau) steht im Frühjahr 1987 in Colditz. Das Bw Glauchau setzte von 1982 bis 1988 wieder Dampfloks vor Güterzügen auf der Muldentalbahn ein Thomas Rieger/Slg. Dirk Endisch
Die in Rumänien gefertigte 119 (das „U-Boot“) bildet den Abschluss der Dieselfahrzeug-Beschaffung für die DR-Nebenbahnen. Im Januar 1984 hält 119 112 mit einem Personenzug in Weixdorf, vermut- lich ist es P 4861 Straßgräbchen-Bernsdorf – Dresden Hbf Ralph Lüderitz/Slg. J. Volkhardt; Info: Detlef Winkler
sätzen, und das in nahezu allen Rbd-Bezir- ken. Dampflok-Leistungen erbrachten nun eine Reihe von Bahnbetriebswerken bzw. Lokeinsatzstellen, beispielsweise Zittau, Bautzen, Löbau, Nossen, Karl-Marx-Stadt (heute wieder Chemnitz), Aue (Sachs), Glauchau, Wittenberge, Parchim, Wittstock, Brandenburg und Salzwedel. Dabei fuhren Dampfloks im Güter-, aber auch im Reise- zugverkehr. Ein berühmtes Beispiel ist die Rückkehr der Baureihe 86 auf die Erzge- birgsstrecke Schlettau – Crottendorf ob Bf. So zeigt sich in den 1980er-Jahren wieder der Trend, dass die DR bei der Nebenbahn- Verdieselung zwei Schritte vor und bisweilen wieder einen Schritt zurückging. Der „Rück- schritt“ war in der Regel jedoch nicht von Dauer, und das gilt für die 1980er-Jahre glei- chermaßen. Die Renaissance der Dampf- traktion war von Anfang an als eine vorüber-
gehende Maßnahme gedacht, zumal mit der verstärkten Elektrifizierung von Hauptstre- cken zunehmend Dieselloks zur Verfügung standen. Und so kam im Herbst 1988 schließlich der Dampf-Abschied auf den normalspuri- gen DR-Nebenbahnen. Die 50 3559 der Ein- satzstelle Oschersleben bespannte am 20. Oktober des Jahres den letzten planmä- ßig mit Dampflok gefahrenen Zug auf der Nebenstrecke Oschersleben – Gunsleben. Damit endete eine Ära, deren Verzögerung zugunsten der Dampftraktion viele Bahn- nostalgiker gern für Ausflüge und Fototou- ren genutzt hatten. Ganz auf planmäßigen Nebenbahn-Dampf verzichten mussten sie übrigens auch in der Folge nicht. Bei den Schmalspurbahnen der DR (siehe S. 40-45) hatten die rauchenden Rösser entgegen al- lenVorhaben doch noch eine Zukunft.
Dampflok-Reviere, Dampflok-Renaissance
Das Anfang der 1960er-Jahre ausgegebene Ziel, bis 1975 den Traktionswechsel auf nor- malspurigen Nebenbahnen abzuschließen, hatte die DR nicht ganz erreicht. Anderer- seits zeigten sich die Dampfloks nurmehr auf einigen Strecken, mit abnehmender Zahl und oft im Güterverkehr. Beispiele dafür gab es im westlichen Sachsen, in der Oberlausitz oder auch in Mecklenburg-Vorpommern. Aber die Dampftraktion sollte nochmals Auftrieb erhalten. Gestiegene Erdölpreise zwangen die Reichsbahn, ab 1981 eine grö- ßere Anzahl bereits abgestellter Dampflo- komotiven vor allem der Baureihen 50.35 und 52.80 zu reaktivieren bzw. weiterhin einzusetzen. Damit kam es auf verschiede- nen Nebenbahnen erneut zu Dampflokein-
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Die Nebenbahnen auf Usedom Die Inselbewohner Mit dem Namen „Usedom“ verbinden die meisten Begriffe wie „Sommer“, „Sonne“, „Ostseestrand“. Eisenbahnfreunde denken hingegen an Tenderdampflokomotiven mit Windleitblechen, eine schon früh eingeleitete Dieseltraktion und das kleinste Bahnbetriebswerk der Deutschen Reichsbahn Von Dirk Endisch/GM
Vorbereitungen für denTraktionswechsel auf Usedom voran. Spätestens im Frühjahr 1974 soll der Strukturwandel im Bahnbetriebs- werk Seebad Heringsdorf und damit auch auf der Nebenbahn Wolgaster Fähre – Zinno- witz – Seebad Ahlbeck abgeschlossen, die Dampflok durch die Diesellok ersetzt sein. Die Voraussetzungen dafür sind geradezu ideal, denn die Eisenbahner in Seebad He- ringsdorf, dem kleinsten Bahnbetriebswerk der Deutschen Reichsbahn, konnten dank der Zweigstrecke Zinnowitz – Peenemünde Dorf schon erste Erfahrungen mit der Diesel- traktion sammeln. Die 12,2 Kilometer lange Strecke war am 28. Juli 1937 als Werkbahn für die Heeres- versuchsanstalt Peenemünde in Betrieb ge- nommen und zunächst mit elektrischen Triebwagen ähnlich jenen der S-Bahn-Ber- lin befahren worden. Im Juni 1949 über- nahm die Rbd Greifswald die Strecke, auf der aber weiterhin nur ein nicht öffentlicher Personen- und Güterverkehr angeboten wurden. Für die Personenzüge hielt das Bw Seebad Heringsdorf jetzt einen zweiachsi- gen Altbau-Dieseltriebwagen vor, der mit einem Beiwagen der Baureihe VB 140 zum Einsatz kam. Für den Güterverkehr griff das Bw See- bad Heringsdorf zunächst auf seine Dampf- loks der Baureihe 56 2–8 zurück. Durch Fun- kenflug kam es aber im Frühjahr 1958 zwischen Karlshagen und Peenemünde zu einem Waldbrand. Das Feuer erfasste schnell große Flächen des mit Munition aus dem Zweiten Weltkrieg belasteten Waldes. Durch explodierende Blindgänger wurden einige Feuerwehrleute und zu Löscharbei- ten abkommandierte Soldaten der Nationa- len Volksarmee (NVA) getötet. Daraufhin verbot die NVA den Einsatz von Dampflo- komotiven auf der Strecke Zinnowitz – Pee- nemünde Dorf und forcierte damit gewis- sermaßen denTraktionswechsel. V 16,V 36 undV 100 Dies schlug sich auch im Fahrzeugpark des Bw Seebad Heringsdorf nieder. Die Dienst- stelle erhielt zunächst eine zweiachsige Die- sellok der Baureihe V 16, bevor ab Januar 1959 planmäßig eine Wehrmachtsmaschine der BaureiheV 36 den Zugbetrieb zwischen Zinnowitz und Peenemünde Dorf bestritt. Auf der Nebenbahn Wolgaster Fähre – Zinnowitz – Seebad Ahlbeck bildete hinge- gen weiterhin die Baureihe 56 2–8 das Rück- grat der Zugförderung. Ab 22. Mai 1966 setzte das Bw Seebad Heringsdorf planmä- ßig die Baureihe 86 auf der Insel Usedom ein, von der täglich vier Maschinen für den Streckendienst und eine Lok als Reserve bzw. für Sonderleistungen benötigt wurden. Wie zuvor die 86 bespannen nun die V 100/110 die Rekowagen (Aufnahme im Bahnhof Wolgaster Fähre, Oktober 1986) Volker Emersleben
E in früher Julimorgen 1973: Dichtes Gedränge herrscht auf dem Bahn- steig des Bahnhofs Wolgaster Fähre. Viele Urlauber wollen an die Ostseeküste. Vor einer guten halben Stunde ist der Schnellzug D 649 Wernigerode – Wolgast Hafen angekommen. Familienväter mit gro- ßen Koffern und Mütter, die ihre Kinder an der Hand halten, haben den rund einen Ki- lometer langen Fußmarsch vom Bahnhof Wolgast Hafen über die Klappbrücke auf die Insel Usedom zurückgelegt. Alle eilen zum bereitstehenden Personenzug P 18173 nach Seebad Ahlbeck. In den zwölf zwei- und dreiachsigen Reko-Wagen beginnt der Tumult um die letzten freien Sitzplätze. Da interessiert sich kaum jemand für das Ge- schehen an der Zugspitze.
Dort hat noch die Dampftraktion das Sa- gen. Langsam und routiniert dirigiert der Lokführer „seine“ 86 1030 an den Zug. Klir- rend fällt die Kuppelkette in den Zughaken der Tenderlok. Fauchend entweicht die Luft aus der Bremsleitung. Aus der Esse quillt ein schwarzer Rauchpilz, die Sicherheits- ventile beginnen zu säuseln. Pünktlich um 5:02 Uhr gibt die Aufsicht mit derTrillerpfei- fe das Abfahrtsignal, 86 1030 bringt den Train mit lauten Auspuffschlägen in Gang. Umstellung mitVorerfahrung So läuft der Zugbetrieb auf der Ostsee-Insel schon seit Jahren, doch soll es nicht mehr lange dabei bleiben. Die Verwaltung der Ma- schinenwirtschaft der Reichsbahndirektion (Rbd) Greifswald treibt mit Hochdruck die
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Ab dem Frühjahr 1974 bildete die Baueihe 110 (ab 1992: 201) das Rückgrat in der Zugförderung auf der Insel Usedom. Im Mai 1993 rangiert 201 792 (ex 110 792) mit dem Hilfszug des Bw Seebad Heringsdorf im Bahnhof Wolgaster Fähre Dirk Endisch
Rechts: Die 86 mit Windleitblechen war typisch für den Betrieb auf Usedom, hier 86 1030 am 19. Mai 1974 bei Wolgaster Fähre. Unten: Die Strecken auf Usedom gemäß dem Kursbuch vom Sommer 1974. Mit diesem Fahrplan war die Umstellung auf Dieseltraktion vollzogen Thomas Rieger/Slg. Dirk Endisch (r.), Slg. Felix Walther (u.)
wurden die Kollegen der Triebfahrzeug-Un- terhaltung für die Instandhaltung dieser Baureihen qualifiziert. Mit dem Eintreffen der 110 380 und 110 419 waren die Tage der Dampftraktion gezählt. Mit der Übernahme von 110 416 (16. Mai 1974), 110 446 (17. Ok- tober 1974) und 110 475 (27. Mai 1975) sowie der für den Güterverkehr vorgesehenen 106 322 (16. Mai 1974) und 106 632 (20. Mai 1974) konnte das Bw Seebad Heringsdorf mit dem Fahrplanwechsel am 26. Mai 1974 den planmäßigen Dampflokeinsatz been- den. Während die Baureihe 106.2–9 im Plan 92 (1 Lok) alle Nahgüterzüge auf der Insel Usedom bespannte, oblag der Baureihe 110 in den Plänen 91 (3 Loks) und 93 (1 Lok/Ein- satzstelle Zinnowitz) der gesamte Perso- nenverkehr.
Der betriebliche und personelle Aufwand war bei den Dieselloks wesentlich geringer als zuvor bei der Dampftraktion. Allerdings zeigte sich, dass der Einsatz von zwei Die- sellok-Typen im Bw Seebad Heringsdorf aufgrund der geringen Stückzahl unwirt- schaftlich war. Daher endete mit dem Fahr- planwechsel am 28. September 1980 die Ära der Baureihe 106.2–9 auf der Insel Usedom. Fortan wurden alle Züge auf den Neben- bahnen Wolgaster Fähre – Zinnowitz – See- bad Ahlbeck und Zinnowitz – Peenemünde Dorf mit der Baureihe 110 bespannt. Es wurde eine längerfristige Lösung und die 110 auch auf Usedom zu einem Charakte- ristikum des (Nebenbahn-)Betriebs. Erst am 22. Mai 1993 hatte diese Baureihe auf der Ostsee-Insel ausgedient.
Wegen des kräftigen Seewinds, der leicht den Rauch der Lok zum Führerstand blies, erhielten verschiedene der eingesetzten 86er Witte-Windleitbleche, die in dem Bw vor Ort gefertigt worden waren. Ende der 1960er-Jahre suchte die Abtei- lung Triebfahrzeug-Betrieb des Bw Seebad Heringsdorf nach einem Ersatz für dieV 36. Die Wehrmachtsdieselloks wiesen inzwi- schen erhebliche Verschleißerscheinungen auf. Zunächst traf auf der Insel Usedom die Baureihe 102.0 ein, im Januar 1971 folgte die Baureihe 102.1. Im Jahr 1973 ging das Bw Seebad He- ringsdorf dann auch die Ablösung der Bau- reihe 86 an. Die Lokführer wurden für den Einsatz auf den Diesellok-Baureihen 105/106.2–9 und 110 ausgebildet. Zeitgleich
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Strecke Belzig – Neustadt (Dosse) Auf der Städtebahn Um 1970/71 begann der Traktionswechsel auf der Nebenbahn Belzig – Brandenburg – Rathenow – Neustadt (Dosse). Der Strukturwandel zog sich jedoch bis in die 1980er-Jahre hin, was diese Strecke zu einer der „spät Berufenen“ macht Von Dirk Endisch/GM Im Sommer 1980 wartet 52 8159 im Bahnhof Rathenow mit dem P 19231 nach Brandenburg auf das Abfahrsignal. Das ist durchaus ungewöhnlich, denn zu diesem Zeitpunkt werden nahezu alle Personenzüge auf der Städtebahn mit Dieselloks der Baureihe 110 bespannt Thomas Rieger/Slg. Dirk Endisch
D ie Brandenburgische Städtebahn AG (BStB) gehörte einst zu den größten Privatbahnen im Land Brandenburg. Mit ihrer 125,6 Kilometer lan- gen Nebenbahn von Treuenbrietzen über Belzig, Brandenburg (Havel) und Rathenow nach Neustadt (Dosse) stellte sie eine Quer- verbindung zwischen vier Hauptstrecken her und erschloss zugleich den westlichen Teil der Mark Brandenburg. Am 25. März 1904 in Betrieb gegangen, blieb sie lange Jahre eigenständig und verbuchte gute Er- träge im Personen- wie Güterverkehr. Übergang zur DR Am 1. April 1949 übernahm die Deutsche Reichsbahn die ehemalige BStB, deren Strecke zunächst der Reichsbahndirektion (Rbd) Berlin unterstand und ab 1. Januar 1955 zum Bereich der Rbd Magdeburg ge-
Brandenburg-Altstadt war ab 1. Januar 1958 das Bw Brandenburg in erster Linie für den Zugdienst auf der Nebenbahn ver- antwortlich. Die 83 10 wurde 1961/62 durch die Baureihe 64 und 1963 durch die Baurei- he 38 2–3 ersetzt. Der sächsische „Rollwa- gen“ war mit 15,7 Tonnen Achsfahrmasse für den leichten Oberbau der Städtebahn (16 Tonnen Achsfahrmasse) die ideale Ma- schine. Im Güterzugdienst kam ab 1960 die Baureihe 50 zum Einsatz, die 1962/63 durch die Reko-Version 50 35 ersetzt wurde. Ab 1967 prägten die Reko-Loks der Baureihe 52 80 das Bild, die gemeinsam mit ihren Alt- bau-Schwestern bis 1968 auch den „Rollwa- gen“ im Personenverkehr ersetzten. Von Dampf zu Diesel Erst 1970/71 vollzog sich ein deutlicher Wan- del in der Zugförderung auf der Städtebahn.
hörte. Ab 1952/53 baute die DR die Strecke Treuenbrietzen – Brandenburg (Havel) – Neustadt (Dosse) zu einer „Nebenbahn mit hauptbahnähnlichem Charakter“ aus, da die Verbindung im Nord-Süd-Durchgangs- güterverkehr und als Umleiterstrecke er- heblich an Bedeutung gewonnen hatte. Au- ßerdem wuchsen mit dem Ausbau der Produktion im VEB Stahl- und Walzwerk Brandenburg und im VEB Chemiefaser- werk „Friedrich Engels“ Premnitz die Beför- derungsleistungen kontinuierlich an. Nach der Übernahme der Städtebahn setzte das für die Zugförderung zuständige Bahnbetriebswerk Brandenburg-Altstadt zunächst die ehemaligen Privatbahn-Ma- schinen ein. Ab 1956/57 bildeten die Dampf- lok-Baureihen 52 (Güterzüge) und 83 10 (Per- sonenzüge) das Rückgrat in der Zugförderung. Nach der Auflösung des Bw
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