Benzingespräch
Mario De Rosa sorgt sich um den Klassiker-Bestand und die historische Mobilität
„Jeder ist ein Botschafter der Szene“ Hat Corona der Oldtimerszene geschadet? Wie wichtig sind E-Fuels? Und was kann jeder Einzelne tun? Auto Classic sprach mit Mario De Rosa, Vereinsvorsitzender der Initiative Kulturgut Mobilität Text und Foto: Ulrich Safferling
W as wäre die Oldtimerszene ohne Lobbyisten, die sich für die Klassi- ker einsetzen. Die fürs H-Kennzei- chen kämpften, freie Fahrt in Umweltzonen ermöglichten und sich dafür einsetzen, dass auch in Zukunft mit Oldtimer gefahren werden darf. Dafür braucht es ein Netzwerk an Gleich- gesinnten aus Gesellschaft, Politik, Wirtschaft. Einer von ihnen ist Mario De Rosa, der als Vereinsvorsitzender an vorderster Front steht: Die Initiative Kulturgut Mobilität (kulturgut- mobilitaet.de) fördert die historische Aufarbei- tung der motorisierten Mobilität, wie die Räder ins Rollen kamen und sorgt durch ihr politi- sches Engagement für Bestandsschutz von his- torischen Fahrzeugen. Denn Klassiker sollen als Kulturgut auf der Straße erlebbar bleiben und nicht im Museum verstauben. Auto Classic traf ihn auf der Retro Classics in Stuttgart. Mario De Rosa: Ich glaube nicht. Die Lust, Freunde und Gleichgesinnte zu treffen und ak- tiv zu sein, das ist nicht weniger geworden. Da haben sich viele im kleinen Kreis selbst organi- siert. Viel hat sich auch in die heimischen Ga- ragen verlagert, da wurde mehr in die Technik investiert. Die Ersatzteilhändler haben durch Corona sicher nicht gelitten. Auto Classic: Die Verlierer waren die Messen? Auto Classic: Zwei Jahre Corona mit vielen Ab- sagen, hat das die Szene verändert?
MDR: Klar, die fielen Corona zum Opfer. Mes- sen sind eine große Klammer für die Szene, aber das Rückgrat sind die Clubs. Die Retro Classics als erste Messe ohne Einschränkung wird ein Gradmesser sein, wie es jetzt wieder losgeht. Messen sind schon wichtig, denn sie zeigen die Bandbreite und Vielfalt der Szene. Auto Classic: Hat Corona das Über-Angebot an Messen und Events bereinigt? MDR: Nein, nicht direkt. Die großen und wich- tigen Messen in Bremen, Essen und Stuttgart gibt es ja weiter. Und die Messen in Hamburg oder Köln waren schon vor Corona weg. Das gilt genauso für Berlin, eine Messe, die auch nie so richtig funktioniert hat. Und etablierte Events wie das Maikäfertreffen sind zwar aus- gefallen, aber kommen jetzt sicher wieder. Auto Classic: Gibt es durch Corona vielleicht so- gar einen positiven Effekt? MDR: Das ist nicht auszuschließen, selbst wenn ich es nicht belegen kann. Der Zusam- menhalt in den Clubs war schon vorher groß, das kann durch mehr persönliche virtuelle Kontakte in diesen zwei Jahren noch vertieft worden sein. Wir haben ja ein verbindendes Hobby, da geht es um persönliche Kontakte und die werden in einer Krise meist stärker. Auto Classic: Was ist jetzt das vordringliche Thema für die Szene? MDR: Wir haben lang diskutiert, auch in der FIVA, über Nachwuchs und Frauen. Aber das
ist nicht der Punkt, denn es geht grundsätzlich darum, wie erhalten wir die Szene. Das ist un- abhängig von Alter oder Geschlecht – Jugend und Frauen sind genauso willkommen wie je- der andere, der sich für unser Hobby engagiert. Auto Classic: Und ein politisches Thema ist was? MDR: Kurzfristig sind das sicher E-Fuels. Da- mit können wir praktisch klimaneutral unser Hobby in die Zukunft transportieren und unse- re Klassiker weiter fahren. Auto Classic: Droht denn aus der Politik Unheil? MDR: Man weiß nie, was kommen kann. Ich pflege kein Politik-Misstrauen, aber ich lese zwischen den Zeilen. Und da können Dinge wie Klimaziele auf den Prüfstand gestellt wer- den, die vorher nicht zur Diskussion standen. Auto Classic: Also müssen FIVA und Co. pro- aktiv und nicht reaktiv handeln? MDR: Genau, deshalb reden wir jetzt über E-Fuels und gehen damit in die politischen Gremien, parteiübergreifend. Man muss im- mer im Gespräch bleiben, das hört nie auf. Auto Classic: Kann der Einzelne auch etwas tun? MDR: Das ist unser alter Gedanke, dass jeder seinen Oldtimer auch fahren muss. Wir dürfen uns nicht verstecken, sondern müssen uns zei- gen und mit Menschen ins Gespräch kommen. So ist zum Beispiel der Tag des rollenden Kul- turguts in Wiesbaden entstanden, dieses Jahr am 10. September. Da kann jeder als Botschaf- ter für die Szene unterwegs sein.
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