01-2014 D

GESCHICHTE SAM 125Jahre

luege -

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laufe

1/ 2014

„Heute kommen wir mit!“ …war unsere Zusage, nachdemdie Studie- renden vonTélékoro uns schon einige Male darumgebeten hatten. – Hätte ich den Mut gehabt mitzugehen, wenn ich gewusst hät- te, was daraus entstehen würde? Da sassen wir nun mit einer Gruppe Gefange- ner, sangen Lieder, diskutierten einen Text aus der Bibel und beteten zusammen. Das war ein gewaltiges Erlebnis! Nach ein paar weiteren Besuchen kam dann die Anfrage: „Margrit, könntest du nicht mit den Frauen im Gefängnis häkeln?“ – „Fragt zuerst den Gefängnisdirektor“, war meine Antwort. Die Studierenden holten die Bewil- ligung ein, ich organisierte eine Übersetzerin. So begann dieses Abenteuer. Miteinander bringen wir den Frauen im Ge- fängnis, die den ganzen Tag gelangweilt her- umsitzen, das Häkeln bei. Jede Frau bekommt vier Knäuel Wolle und eine Häkelnadel. Innert Kürze häkeln diese Frauen die schönsten Babykleidchen und sind dabei unglaublich dankbar für diese Beschäftigung. Mit der Zeit werden sie ganz kreativ und es ist immer wie- der eine Überraschung, wie ihre Arbeit her- auskommt! Nur einmal gab es etwas Aufstand, als diese Kleidchen immer kleiner und kleiner wurden – mit der gleichen Menge Wolle. Sogar einem zu früh Geborenen passten sie nicht mehr. Beim nächsten Mal nahm ich eine Briefwaa- ge mit ins Gefängnis, um den Frauen zu zei- gen, dass sie nur knapp die Hälfte der Wolle für das Kleidchen verarbeitet hatten, was sie aber vehement abstritten. Interessanterweise wuchsen die Kleidchen bis zum nächsten Mal um einiges …Wir konnten daraus gleich eine Lektion zum Thema Wahrheit lehren, die sie nie vergessen werden. Wir erzählen nämlich jedes Mal auch eine biblische Geschichte und beten zusammen. So wird diese Gefängniszeit für uns alle zu einem unvergesslichen Erlebnis!

Margrit BERGER ist Mitarbeiterin im ProTIM 2-2-2 in Kissidougou, Guinea.

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INHALT EDITORIAL

Die SAM existiert ziemlich genau vier Mal länger als ich es tue – und ich habe schon das Gefühl, dass ich bereits einiges erlebt habe! Aber was erst alles in 125 Jahren steckt: hunderte von ver- änderten Menschenleben, Hochs und Tiefs, tau- sende von Entscheidungen, Stunden im Gebet, Wechselbäder an Emotionen, Verluste, harte Ar- beit, inspirierende Begegnungen, intensive Sit- zungen, wunderbare Überraschungen – und un- ermesslich viel Segen von unseremgrossen Gott. In diesem SAM-Focus möchten wir Sie, liebe Lese- rinnen und Leser, auf eine Entdeckungsreise durch die Vergangenheit mitnehmen. Nein, dieses Ma- gazin ist kein historisches Dokument und hat in keinerlei Weise den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie können sich vorstellen, dass in 125 Jahren SAM unglaublich viele Personen sehr prägende Rollen spielten. Es würde den Rahmen sprengen, sie alle zu erwähnen oder jedes Ereignis anzuführen. Dies schmälert aber in keiner Weise unsere Hochachtung für ihre Hingabe an die Arbeit der SAM und damit an den Auftrag von Gott. Verschiedenste Mitarbeitende (teilweise unter Ver- lust ihres eigenen Lebens), Vorstände, Präsidenten, Kirchen, Freiwillige in Gebetsgruppen, der Frauen- hilfe, in Projektträgerkreisen und Supportgruppen, Vereinsmitglieder und Spendende tragen die Arbeit der SAM auf ganz konkrete Art – seit 125 Jahren. Diesen treuen Frauen und Männern soll ein herz- licher Dank und unsere tiefe Anerkennung ausge- drückt werden. Sie alle sind Teil der SAM-Geschichte wie auch der SAM-Zukunft. Gott wird mit seiner SAM weitergehen. Letztlich sind es seine Vorhaben, die wir zu sehen versuchen (luege) und die wir von ihm bestätigen und korrigieren lassen (lose). Und dann arbeiten wir im vollen Vertrauen darauf, dass er unsere Gaben und Talente für seine Menschen in den Ländern gebrauchen kann (laufe). Danke, dass Sie mit der SAM unterwegs sind! 125 Jahre SAM: luege – lose – laufe

Persönlich Margrit BERGER

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Editorial Damaris PETER

1889 – 1909: Aus den Anfängen

Entstehung der Philafrikanischen Mission

1910 – 1930: Erfolge mitten in Wirren und Unruhen

1931 – 1951: Die Kriegsjahre hinterlassen ihre Spuren

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1952 – 1972: Neue Länder – andere Herausforderungen

1973 – 1993: Geschichten, die das Leben schreibt

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1994 – 2014: Konstant sind nur Veränderungen

luege – lose – laufe in der Zukunft SAM-Leitung

Grüsse aus aller Welt Partner der SAM

Impressum

Finanzpuls

Offene Stellen

Damaris PETER Öffentlichkeitsarbeit

Bewegungsmelder

PS: Ab Seite 26 lesen Sie Grussworte von verschie- densten SAM-Partnern.

Hudson Taylor

Frederik Franson

Carl Polnick

Hermann Scholder-Develay

AUS DEN ANFÄNGEN

Der heutige SAM-Focus hiess zu jenen Zei- ten, als die Schweizer Allianz Mission noch die Allianz-China-Mission war, China-Bote. Dieser erschien monatlich. Im Jahr 1903 betrugen die jährlichen Abon- nementskosten für Deutschland 80 Pfennige; für die Schweiz einen Franken, zuzüglich dem Porto. Bestellungen und Zahlungen aus der Schweiz gingen beim Prediger der FEG Ennen- da, Herrn Wilhelm Meili, ein. Bereits ab 1898 war er für den Schweizer Kreis der Allianz-Chi- na-Mission zuständig. Erste Mitarbeitende in China Joseph Bender aus Frankfurt am Main brach Ende 1889 Richtung China auf. Er war „Ma- ler und Anstreicher“ von Beruf. Mit ihm reiste Auguste Schnütgen, sie wurde später Joseph Benders Frau, sowie Elisabeth Bäumer. Diese drei waren die ersten ausgesandten Mitarbei- tenden der Allianz-China-Mission. Auguste Bender-Schnütgen war es wichtig, den Chinesen eine Chinesin zu werden. So kleidete sie sich von Anfang an in chinesische Kleider und band sich sogar die Füsse ein, wie es damals in China für Frauen Sitte war. Dies gab sie jedoch vernünftigerweise bald wieder auf. Von ihr stammt folgende unterhaltsame Geschichte (China-Bote; September 1903):

geschichte, welche sich hier zutrug, zu berichten. Besagter Bräutigam ist unser Kupferschmied, der alle Hebel in Bewegung setzte, eine Frau zu bekommen. Er beauftragte einen Vermittler und nach einiger Zeit sahen wir unseren Kup- ferschmied kaum noch. Der Vermittler hat in irgendeinem Dorfe eine Frau gefunden, die un- serm Kupferschmied gefällt, besonders weil sie ziemlich grosse Füsse hat. Das ging alles ganz schnell, gegen die Summe von 45 Dollar (ca. 90 Mark) kann er sie bald abholen lassen. Nun lässt er sein Haus schön säubern, einen Ofen bauen, einen Küchenschrank machen etc. Endlich kommt der langersehnte Tag, der Hoch- zeitstag. Unsere Chinesen im Hause schütteln den Kopf und sagen: das ist viel zu schnell ge- gangen, alles Gute muss langsam gehen, ob das seine Richtigkeit hat!? – An einem Freitagmorgen, um die Sache so schnell wie möglich zu machen, nimmt der Kupferschmied ein Boot, darauf stellt er einen Tragstuhl, nimmt zwei Männer mit, die die Braut imStuhl nach hier tragen sollen und fährt schnell den Fluss herunter, das Geld in der Tasche. Er bat uns, am Abend auf ihn zu warten, ihn christlich zu trauen, da er schon zwei Jahre Katechist ist. Wir warten bis 9 Uhr, niemand kommt. Der Tisch ist festlich mit einer Decke behängt, rechts und links Blumentöpfe aufgestellt. Es wird 10 Uhr, noch ist niemand da; um 11 Uhr schickt mich mein Mann zu Bett, er selbst wartet noch bis gegen 12 Uhr und da noch niemand kommt, legen sich alle, die aufgeblieben sind, zur Ruhe.

„ Mein Mann bittet mich, die komische Hochzeits-

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Wilhelm Meili

ECK PUNK T E 1889 - 1909 Hier liegen die Anfänge der Allianz-China-Missi- on, welche gemeinsame Wurzeln mit der China- Inland-Mission hat (heute ÜMG – Überseeische Missions-Gemeinschaft). Die China-Inland-Mis- sion wird bereits 1865 durch Hudson Taylor ge- gründet. Dieser steht der Allianz-China-Mission von Beginn weg mit Rat und Tat zur Seite. Für die Entstehung der Deutschen China-Alli- anz-Mission ist die Begegnung zwischen Fre- derik Franson und Carl Polnick massgebend. Sie werden zu den Gründern. Später, weil sich die Beziehung zum Schweizer Zweig sehr positiv entwickelt, wird das „Deutsche“ im Namen weg- gelassen (1922). Die Anfänge in der Schweiz gehen auf Hermann Scholder-Develay zurück, der sich von der Lei- denschaft Polnicks anstecken lässt und sich mit Herzblut in die Arbeit gibt. 1896 reist Ernst Fröhlich als erster Schweizer mit der Allianz-China-Mission aus. 1897 gründet Héli Chatelain die Philafrikanische Mission. 1898 entsteht unter der Leitung der Schwester von Héli Chatelain, Alida Chatelain, der Schwei- zer Unterstützerzweig der Philafrikanischen Mis- sion. Chinesischer Boxer-Aufstand im Sommer 1900: Viele ausländische, aber auch einheimische Christen und Missionare werden umgebracht. Alleine die China-Inland-Mission hat 78 Opfer zu beklagen. 1902 wird das Schweizer Komitee der Allianz- China-Mission gegründet. Prediger Meili von Ennenda, der seit 1892 den Schweizer Kreis be- treut, ist Vorsitzender. Er hat dieses Amt bis 1928 inne. Dies wird vor allem in den Kriegswirren zum Vorteil, da zeitweise von Deutschland her kein Geld nach China geschickt werden kann und so die Koordination über die Schweiz läuft. Falls Sie weitere Details über die Entstehung der SAM, respektive der Allianz-China-Mission, wissen möchten, finden Sie diese auf unserer Homepage in der Rubrik „SAMHOME/Geschichte“.

China-Mitarbeitende um 1905

Am nächsten Tag, Samstag, musste mein lieber Mann unbedingt nach Siaome; er bat Bruder Fröhlich, im Fall, dass die Brautleute kämen, die Trauung zu vollziehen. Und wirklich, am Nachmittag um sechs Uhr kommt ein Stuhl und wird vor unsermHause abgestellt. Ich laufe schnell herunter und höre die Chinesen rufen: „Die Braut ist da, die Braut ist da!“ Bruder Fröhlich wollte gerade ausgehen zum Nachtessen; ich rufe von unten, er solle nur einen Imbiss einnehmen und dann schnell wieder kommen, die Braut sei gekommen. Noch beraten wir, wie es am besten gehen soll, da kommen unsere Chinesen, der Lehrer, Evangelist usw. und sagen mit ganz verzweifelter Miene; keine Braut, keine Braut ist gekom- men, der Kupferschmied hat selbst im Stuhl gesessen. Wie ist das gegangen? Der Kupferschmied kam an, legte sein Geld auf den Tisch und man will ihm eine ganz andere Frau geben. Die ist blind und lahm; schnell streicht er sein Geld ein, da fallen mehrere Männer über ihn her, schlagen und schleifen ihn, „die musst du nehmen, das ist die Frau, die du gesehen hast.“ Er weiss aber, dass es nicht die versprochene ist und macht sich schnell aus dem Staub, setzt sich selbst in den Brautstuhl und kommt zu- rück. Bei allem Ärger wird er noch tüchtig ausgelacht. Er war einem bösen Vermittler in die Hände gefallen. Man hat ihn ge- warnt, aber er war gar zu eilig. Dieser Vermittler betrügt immer Leute auf diese Weise; er lebt davon und macht oft gute Geschäfte. Bei unserm Kupferschmied kam er nicht ganz so gut davon. Selbiger nahm ihn am Kragen, schleppte ihn mit Gewalt durch zwei Strassen, ohrfeigte ihn rechts und links und rief dabei aus: „Das ist der Mann, der die Leute betrügt.“ Die Obrigkeit kümmert sich nicht um solche Schwindeleien, da müssen sich die Leute selbst helfen. Die Ohrfeigen hatte dieser Schwindler auch gut verdient. Es ist hier aussergewöhnlich heiss, solche frühe Hitze ist uns und auch den Chinesen ganz neu. Die Arbeit unter den Frauen geht langsam vo- ran, die Versammlungen werden immer gut besucht. Mein Fieber hat Gott sei Dank aufgehört, das waren harte 10 Monate, die Fiebermonate. Beten Sie alle, dass wir gut durch die Sommerhitze kommen.“

Reiseart Chatelains um 1900

ENTSTEHUNG DER AFRIKANISCHEN M

Parallel zur Arbeit in China entsteht die „Philafrikanische Mission (Mission, wel- che die Afrikaner/innen liebt)“ und spätere„Alliance Missionnaire Evangélique“: Héli Chatelain, ein junger Neuenburger und späterer Gründer der Philaf- rikanischen Mission, reist 1885 erstmals nach Angola. Davor lebte er ein Jahr in Amerika, wo er einerseits in NewYork von einemArzt medizinisches Grundwissen lernte, andererseits wichtige Kontakte für sein späteres Enga- gement knüpfte. Unter anderem lernt er den methodistischen Bischof William Taylor und den jungen Arzt Dr. William Summers kennen. Die ersten Jahre in Angola arbeitet Héli Chatelain mit Dr. William Summers innerhalb der „Mission Taylor“. Als Phi- lologe und Linguist gestalten sich Chatelains Aufgaben entsprechend. Er ist un- ter anderem als Lehrer tätig, erstellt eine Grammatik für die Kimbundu-Sprache, übersetzt dann auch diverse Teile des Neuen Testaments in Kimbundu, schreibt für Zeitschriften und wissenschaftliche Institute Artikel über Angola und erstellt Wörterbücher für zwei weitere einheimische Sprachen. Daneben sammelt er für die ethnologische Abteilung des renommierten Smithsonian Instituts in Wa- shington afrikanische Raritäten. Ganzheitlich von der ersten Stunde an Als Dr. Summers 1888 stirbt, gibt Chatelain den Austritt aus der Mission Taylor, bleibt mit ihr jedoch verbunden, bis er die Philafrikanische Liga gründet. Auf- grund seiner prägenden Kontakte nach Amerika entsteht die Philafrikanische Liga 1896 in New York. Héli Chatelains Hauptanliegen ist es, den Afrikanern, vor allem ehemaligen Sklaven, Würde und Selbstvertrauen zurückzugeben. Ganz- heitlichkeit war für ihn dabei zentral: „Die afrikanischen Fragen, gleich wie alle humanitären Fragen, haben drei Blickpunkte: die materielle, die intellektuelle und die moralische, bzw. religiöse Seite. Aber man muss hier noch einen vierten Punkt anfügen: die soziale Sicht. Die christlichen Missionen widmen sich im Speziellen der Lösung moralischer oder

Héli Chatelain

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Chatelains erste Unterkunft in Angola 1897

HIL- SSION

SPÄTER AME r eligiöser Fragen, derenWichtigkeit viel zu wenig geschätzt wird. Jedoch sind diemate- riellen, intellektuellen und sozialen Herausforderungen zu stark vernachlässigt und der politischen und wirtschaftlichen Welt überlassen worden. Von der Kirche wurde keine systematische Arbeit geleistet, um die Prinzipien Jesu Christi auf das ganze Leben zu übertragen. […] Das ist, was die Philafrikanische Liga erreichen möchte.“ (aus der Bio- graphie von Chatelain, erschienen 1918) Sein Einsatz kostete ihn alles Im September 1897 reisen zusammen mit Héli Chatelain fünf Mitarbeitende der Philafrikanischen Liga nach Angola aus. Ihre Arbeit nehmen sie im heutigen Kalu- kembe auf. Kurz darauf, 1898, gründet Chatelains Schwester, Alida, einen Schwei- zer Zweig zur Unterstützung der Philafrikanischen Liga. Dieser wird später tragend, als sich die Amerikaner wieder zurückziehen, und heisst schliesslich Philafrikani- sche Mission. Das Engagement von Héli Chatelain in Angola ist von Anstrengungen und vielen Rückschlägen geprägt. Nach zehn Jahren reist er für einen Heimataufenthalt in die Schweiz. Doch er ist derart erschöpft und krank, dass er sich nicht mehr erholt und 1908 stirbt, ohne wieder nach Angola zurückgekehrt zu sein. Fünf ehemalige Sklaven schreiben Geschichte Doch der Stein rollt und 1912 entsteht eine winzige christliche Gemeinde mit fünf Mitgliedern – alles ehemalige Sklaven. Sie sind der Grundstein des späteren Ge- meindeverbandes IESA (Evangelische Kirche in Angola), der heute rund 100‘000 Mitglieder zählt! Langsam dehnt sich der Dienst der Philafrikanischen Mission aus, wobei das Jahr 1943 prägend ist. Es werden einige organisatorische Umstruktu- rierungen vorgenommen, was das Engagement wieder zum Aufblühen bringt. Weiterhin sind die medizinische und theologische Arbeit, Bildung, Förderung der Landwirtschaft und gleichzeitig das Weitergeben der Guten Nachricht von Jesus die Hauptaktivitäten der Philafrikanischen Mission. Die personelle und finanzielle Unterstützung, welche der Zusammenschluss mit der Allianz-China-Mission 1952 brachte, war in Angola sehr willkommen.

Chatelain um 1897

Missionsstationen in China

ERFOLGE MITTE UND UNRUHEN

Als China 1912 als Republik ausgerufenwird, bahnt dies einemAnlie- gen den Weg, für welches die Missionare zuvor jahrelang gekämpft hatten. Im China-Boten vom Oktober 1912 findet sich folgender Ar- tikel: Verbot des Fussbindens der chinesischen Frauen „ Dem Missionar Geller in Zentralchina ist es gelungen, einen merkwürdigen Erfolg zu erzielen. Er wandte sich nämlich an General Li, den christlichen Vi- zepräsidenten der Republikmit einemBriefe, nun sei die Gelegenheit günstig, das Fussbinden der Frauen abzuschaffen; lange hätten die Missionare um- sonst auf das Eisen geschlagen, weil es noch kalt war – nun sei es warm, nun könne durch ein Verbot der Dank aller nachfolgenden Geschlechter verdient werden. Und was geschah? Eine Woche nach Empfang des Briefes eines ein- fachenMissionars erschien folgende Proklamation des Generals: „Die Unsitte der Fussverstümmelung trägt wesentlich Schuld an der Schwachheit unseres Landes. Sie muss unter der republikanischen Regierung abgeschafft werden. Sie ist nicht nur ein Fluch für die Familie, sondern auch eine Schädigung des Einzelnen. Alle Frauen, deren Füsse nicht gebunden sind, müssen sie unver- sehrt lassen, und die, welche sie gebunden haben, müssen sie losbinden. So wird ihre Erscheinung gebessert und unsere ganze Rasse gekräftigt. Wir ver- ordnen daher: Mädchen unter zehn Jahrenmüssen das Einbinden ihrer Füsse unterlassen; Mädchen unter zwanzig Jahren, die ihre Füsse schon gebunden haben, müssen sie innerhalb von drei Monaten wieder frei machen. Frauen, die über zwanzig Jahre alt sind, und gebundene Füsse haben, dürfen mit sol-

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Heim der Missionarskinder in Shanghai

IN WIRREN

chen geduldet werden, wenn sie nicht mehr aufgebunden werden kön- nen; ihre Gatten und Eltern aber dürfen sie nicht daran verhindern, ihre Füsse freizumachen. Ihre Väter und Brüder werden für jede Missachtung dieser Verordnung gestraft werden.“ „Es ist gut, dass wir Schweizer sind.“ In dieser Zeit spitzten sich die politischen Verhältnisse auf der gan- zen Welt zu. Schliesslich erklärte China 1917 Deutschland und Öster- reich-Ungarn den Krieg, um die Alliierten im Konflikt mit Japan auf seiner Seite zu wissen. Der Schweizer Eduard Maag, der durch der Allianz-China-Mission in Tsinjün arbeitete, schrieb im China-Boten vom September 1917 zur Situation: „[...] Es ist gut, dass wir Schweizer sind. Trotz des Abbruchs der Be zie- hungen Chinas zu Deutschland können wir ruhig weiter arbeiten. Das Volk ist freundlich zu uns, es ist eben bekannt, woher wir kommen. Von den deutschen Missionaren höre ich, dass sie sich im Rathaus einen be- sonderen Pass holen mussten. Die Waffen, wenn sie solche hatten, auch Jagdgewehre, mussten sie abgeben, sonst sind sie in keiner Weise gehin- dert. [...]“ Zwei Jahre später sah die Lage jedoch anders aus (China-Bote; April/ Mai 1919): „[...] Anfang Februar erhielten unsere Missionsgeschwister in der Provinz Tschekiang Weisung, dass sie am 20. Februar nach Schang- hai eskortiert würden, wo am 28. Februar alle Deutschen versammelt sein sollten; die Dampfer seien für den Heimtransport bereit. [...]“

Shanghai 1910

1912 wird die Republik China ausgerufen. 1914 bis 1918 tobt der erste Weltkrieg. Die deut- schen Missionare werden 1919 aus China ausge- wiesen. Die Schweizerinnen und Schweizer dür- fen bleiben und führen die Arbeit weiter. 1920 können vier deutsche Mitarbeitende der Allianz-China-Mission nach China zurückkehren. 1925 entsteht in Bowil eine der ersten Gebets- gruppen in der Schweiz. 1925 entsteht auch die Frauenhilfe, wo fleissig gestrickt und gebetet wird. Bis heute hat diese Arbeit Nachwirkung. So ist beispielsweise das ab 1928 herausgegebene Blatt "Missionsstunde" nach wie vor eine wichtige Stütze der Arbeit der SAM - nur heisst es heute "Gebetsbrief". 1928/29 übernimmt Eduard Maag in der Schweiz die Geschäfte, bis Hans Schürch Missionssekretär wird (bis 1947). ECK PUNK T E 1910 - 1930

DIE KRIEGSJAH HINTERLASSEN I SPUREN

Der Zweite Weltkrieg erschwerte die Kom- munikation und Zusammenarbeit mit dem Deutschen Komitee zusehends. Plötzlich war es in Deutschland nicht einmal mehr möglich, den China-Boten zu produzieren. „Warum erscheint eine Schweizer Ausgabe des China-Boten? Schon anfangs Juni war im „Ber- ner Tagblatt“ unter dem Stichwort „Deutsches Zeitungssterben“ zu lesen, dass aus Gründen der Papier- und Arbeitskraftersparnis gegen 1000 deutsche Zeitungen und Zeitschriften auf 1. Juli ihr Erscheinen einstellen werden. Fast zeitgleich schrieb mir der Vorsitzende unseres deutschen Komitees, Herr K. Dietrich, dass aus wirtschaft- licher Notwendigkeit ausser vielen Zeitungen und Zeitschriften auch christliche Blätter für die Kriegsdauer ihr Erscheinen einstellen sollen. […] Bei G. Jakob in Grosshöchstetten soll der „China- Bote“ gedruckt werden. […]“ (China-Bote; Juni/ Juli 1941) Übrigens: Bis heute drucken wir den SAM- Focus (ehemals China-Bote) bei der Druckerei Jakob in Grosshöchstetten! „…weil er uns Chinesen liebte …“ Leider blieb es nicht bloss bei organisatori- schen Veränderungen, die der Krieg forderte. Eduard Maag, der Schweizer Mitarbeiter der Allianz-China-Mission, berichtet (China-Bote; Mai 1942): „Bruder Wyss 1 hatte die Aufgabe, nach Tsungjen zu eilen, da Bürklins 2 schnell die Station verlassen mussten. Es handelte sich ja damals um die Aus- weisung der deutschen Geschwister. So wollten wir in Nancheng zusammenkommen und die Lage besprechen. […] Etwa um acht Uhr kamen sieben Flugzeuge 3 von Osten her. […] Sie flogen so hoch, dass man eigentlich an Abwürfe nicht dachte. Aber bald fing es an zu pfeifen und zu krachen und das in der Nähe des Missionshauses. Dann ein unheimliches Pfeifen. Da wusste ich, dass eine Bombe niedergeht. Ich lief ins Haus hi- nein – es war nicht weit weg – und schon krach-

te es. Es war mir, als ob ich einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Die Türen zerbrachen, die Fensterscheiben zersprangen, dann war es still. Da schrie jemand: „Bruder Wyss!“ Dr. Röhm und ich liefen die paar Schritte zu ihm hin. Er lag, aus Nase und Mund blutend, vor uns. Ob er das Sau- sen nicht gehört hat, ob er vergass, sich sofort auf den Boden zu werfen, das weiss ich nicht. Die schreckliche Tatsache war vor uns: Bruder Wyss lag in den letzten Zügen. Noch einige Atemzüge und seine Seele war entflohen. Ein Splitter traf ihn mitten ins Herz. […]“ An der Trauerfeier sagte der chinesische Predi- ger: „Er hat den Tod nicht für die Schweiz erlitten, sondern er hat das Opfer für China, für Gottes Reich, gebracht. Wenn er in der Schweiz gewesen wäre, wäre ihm dieses Unglück sicher nicht be- gegnet. Aber weil er uns Chinesen liebte, obschon er wusste, dass unser Land heute ein Wald von Gewehren ist und dass Granaten fallen wie Re- gen, kam er zum zweiten Mal mit seiner Familie nach China, um uns, seine chinesischen Brüder, zu retten. […]“ (China-Bote; Juni 1942) Der Schweizer Zweig wird geboren Die vielen Umstellungen in der Zusammenar- beit zwischen der Schweiz und Deutschland führte zu Verunsicherungen, sodass sich der damalige Sekretär inWinterthur, Hans Schürch, gezwungen sah, die Verhältnisse zu klären: „[…] Das Komitee hat seinerseits folgendes fest- gelegt: 1. Wir sind durch die gegenwärtige Lage genötigt worden, uns als selbständige schweizerische Mis- sion zu konstituieren; 2. wir betrachten uns dem deutschen Zweig in Barmen gegenüber als koordiniert; 3. die Arbeit auf dem Felde bleibt unverändert. 4. Missionsblätter: China-Bote, Kleiner China-Bo- te, Missionsstunde werden auch fernerhin in der Schweiz herausgegeben. Es bleibt dem Komitee in Barmen freigestellt, für die deutschen Leser ei- nen eigenen China-Boten herauszugeben.

Spital Kalukembe, Angola 1951

Station Ebanga, Angola 1939

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E RE

Arbeit unter Kindern in China um 1950

Es handelt sich also mehr um eine organisatorische Trennung in dem Sinn, dass jeder Teil, Barmen und die Schweiz, seine Belange selbstän- dig ordnet, also z.B. Konstituierung des Komitees, Wahl eines Vorsitzen- den und Sekretärs, Aufnahme und Aussendung von Missionskandida- ten usw. Die brüderliche Verbindung soll bleiben. Zu gemeinsamen Beratungen werden wir zusammenkommen, sobald die Verhältnisse es erlauben. […]“ (China-Bote; September 1947) Allianz-China-Mission in Afrika? Aus dem China-Boten vom Februar 1951: „[…] Vielmehr hat die Spannung zwischen Chinesen und Ausländern ein einemMasse zuge- nommen, dass es vielerorts für die Gemeinden untragbar wurde, einen der Angehörigen der westlichen Staaten in ihrer Mitte zu haben. Zahl- reiche Gemeinden haben deshalb, wenn sie ihren Fortbestand nicht gefährden wollten und oft wider ihren Willen, den Missionar bitten müssen, sich aus der Arbeit und wenn möglich auch aus der Stadt zu- rückzuziehen. […]“ So mussten alle Allianz-China-Missionare im Laufe des Jahres 1951 in die Schweiz zurückreisen. Bedeutete dies das Ende des Werkes? Weit gefehlt! Bereits im Juli 1951 steht im China-Boten, dass auch Japan als Einsatzland im Blickfeld sei. Und weiter, dass man eine Zu- sammenarbeit mit der Philafrikanischen Mission anstrebe, welche sich in Angola engagiere: „[…] Wir glauben, auch weiterhin für Ost- asien einen Missionsauftrag zu haben und werden uns dort, und zwar nachwie vor in der so segensreichen Verbindungmit der China-Inland- Mission, einsetzen… […] Das hindert uns aber nicht, unverzüglichmit der Arbeit in Afrika zu beginnen […]“ Die CHINA-Allianz-Mission in AFRIKA? „[…] Da wir bis auf weiteres keine China-Mission mehr treiben können, werden wir den Namen un- serer Gesellschaft und auch unserer Blätter wohl in absehbarer Zeit zu ändern haben. […]“ Wer ist sie denn, diese Philafrikanische Mission? „ […] Die Philafrika- nische Mission wurde, obwohl sie erst später diesen Namen bekam, im Jahre 1897 durch den Schweizer Héli Chatelain ins Leben gerufen. […] Heute stehen etwa zwanzig Mis sionsgeschwister im aktiven Dienst und betreuen zusammen mit ihren einheimischen Helfern drei Missi- onsstationen mit über zweihundert Aussenplätzen, drei Schulen, ein Spital, zwei Krankenpflege-Stationen sowie drei Aussätzigen-Siedlun- gen. […]“ (China-Bote; November 1951) Es geht weiter – und wie!

Chinesischer Träger um 1950

Von 1939 bis 1945 tobt der Zweite Weltkrieg. 1940 wird der Verein Schweizer Allianz-Mission gegründet. Am 4. November 1945 findet das erste Jahres- fest der Allianz-China-Mission in Winterthur statt. Oktober 1949: Die Volksrepublik China wird ausgerufen. Die kommunistische Staatsfüh- rung enteignet im Jahr darauf die Grundher- ren, ausländische Firmen werden behindert oder zum Verkauf gezwungen. Fast alle west- lichen Ausländer verlassen das Land. 1949 wird der Schweizer Zweig der Sudan United Mission unter dem Namen „Vereinigte Sudan Mission“ (später in VIA unbenannt) ge- gründet. Anfang 1950 zieht das Ehepaar Schmidt in das Missionshaus an der St.Georgenstrasse 23 in Winterthur und Eugen Schmidt übernimmt die Leitung der Allianz-China-Mission (bis 1972). 1951 kommen die letzten Mitarbeitenden aus China zurück. Im China-Boten wird weiterhin über das Geschehen im Land und über das Ergehen anderer Organisationen in China be- richtet. Oktober 51: Beginn der Zusammenarbeit zwi- schen der Allianz-China-Mission und der Phila- frikanischen Mission. ECK PUNK T E 1931 - 1951

1 JakobWyss, Schweizer Mitarbeiter der Allianz-China-Mission 2 Lina & Gustav Bürklin 3 japanische

Angola um 1954

Umzug in Angola 1960

Jugendlager, Japan 1964

NEUE LÄNDER - AN HERAUSFORDERUN

Der Zusammenschluss der China-Allianz- Mission und der Philafrikanischen Mission fordert einen neuen Namen für die Organi- sation. Man einigt sich auf„Philafrikanische und Allianz-Mission“. Am 1. Januar 1952 erscheint die erste gemeinsame Zeitschrift unter dem Namen„Allianz-Missions-Bote“. Für die Unterstützenden ist Angola Neuland. Bisher erhielten sie Berichte über das Leben und Arbeiten in China. Wie sieht dies aber in Angola aus? Welchen Menschen und Situa- tionen begegnen den Mitarbeitenden der Philafrikanischen und Allianz-Mission? Die folgenden zwei Briefauszüge aus Angola aus dem Jahr 1952 geben uns einen Einblick. Der Mitarbeiter Alfred Hauenstein schreibt: „[…] Hinter einem felsigen Hügel, auf demmancherlei archäologisch wertvolle Überreste aus der Zeit der Völkerwanderung zu finden sind, liegt die Aussenstation Kapula. […] Ein drohendes Un- wetter zwingt uns, im Dorf des grössten Jägers der Gegend Zuflucht zu suchen. Dieser Mann vereinigt in sich die Kraft der Geister von nicht weniger als fünf verstorbenen Jägern! Für jeden von ihnen hat er eine Hütte erbaut, in der er wie in einem Tempel regelmässig Gebete an sie rich- tet; jeder erhält auch als Opfer den Schädel der Tiere, die durch seine Macht erlegt worden sind. Von Zeit zu Zeit besucht der Jäger die zahlreichen Gräber seiner Ahnen auf demGipfel eines Berges, bringt ihnen seine Verehrung dar und opfert ih- nen Wein, Lebensmittel, einen Lendenschurz … […]“ Dr. Rodolphe Bréchet berichtet: „[…] Kürzlich ist ein von einem Krokodil übel zugerichteter Mann in die Poliklinik gebracht worden. […] Der Mann war zum Arbeitsdienst aufgeboten worden. Um dem zu entgehen, floh er und wollte den Fluss Kuporolo durchqueren, der die Grenze des Distrikts bildet. Und da geschah es, dass ein Krokodil ihmdenWeg zur Freiheit versperrte. […] Ein grässlicher Kampf entspann sich. […] Endlich konnte er sich von dem Tier befreien und wurde völlig erschöpft in die Poliklinik gebracht. Die Operation dauerte den ganzen Nachmittag. […] Wir brauchten fast den ganzen Vorrat an Strep-

tomycin, der in der Poliklinik vorhanden war. So musste mir denn die Familie des Verunglückten versprechen, am nächsten Tag unverzüglich nach Kalukembe zu gehen, um mehr von dem kostbaren Medikament zu holen, das unerläss- lich war, um den Verletzten durchzubringen. Kalukembe ist eineinhalb Tagesreisen zu Fuss von hier entfernt. […] Die Verwandten des Kro- kodil-Patienten kamen erst zwei Tage nach mir dort an, das heisst elf Tage später als sie feierlich versprochen hatten! […] Sie erklärten mir ganz ruhig, dass es ihnen an Zeit gefehlt habe, dass sie warten mussten usw. Am selben Tage, als sie schliesslich wieder in der Poliklinik in Hanya an- kamen, starb der Operierte, wie wir später durch einen Brief unseres Krankenpflegers vernahmen … […]“ Nein, die Arbeit in Angola war wie jene in Chi- na kein Zuckerschlecken und verlangte den Mitarbeitenden auf allen Ebenen viel ab! Konnichiwa Japan! Im August 1952 beschliesst der damalige Vor- stand der Philafrikanischen und Allianz-Mis- sion, Mitarbeitende nach Japan zu schicken. Paul und Ruth Schär-Dürig waren 1951 unter den China-Allianz-Missions-Mitarbeitenden, die das Land verlassen mussten. Sie liessen sich auf Japan ein. Wie war der Start im neu- en Einsatzland? „[…] Gesundheitlich geht es uns dreien abgesehen von einigen Erkältungen ganz gut. Wir haben uns schon ein wenig akklimati- siert und auf die grössere Kälte vorbereitet (15 bis 20° unter null), die uns in Karuizawa erwarten mag. Bis jetzt sind die Gebete um einen milden Winter für uns noch nicht erhört worden. […] Achtung! Sondermeldung! Soeben wurde ich auf meinem Stuhl ganz ordentlich hin- und herge- schaukelt, und unser Häuschen hat auch ziem- lich gewackelt. Unser erstes Erdbeben in Japan!“ Angola versinkt im Unabhängigkeitskrieg 1961 schüttelt es auch in Angola heftig – auf politische Weise. Wird die Mitarbeitenden dort nun das gleiche Schicksal treffen, wie damals jene in China? Im Allianz-Missions-Boten vom

Angolanerin und Angolaner 1954

Angola 1965

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Medizinische Unterstützung, Brasilien 1972

Reisernte, Japan um 1960

Gottesdienst in Brasilien 1969

ERE EN

Juli/August 1961 lesen wir: „[…] In Angola herrscht Kriegszustand! […] Das alte Angola, wie wir es gekannt haben, gehört der Vergangenheit an und wird nie mehr als solches wiedererstehen. […] Mit dem Ausbruch des Krieges ist sozusagen ein Vorhang über das Werk der Mission in An- gola niedergegangen. Was das Inland betrifft, besteht kaum noch eine Verbindung mit den Feldern anderer Gesellschaften. Und die Heimat zu benachrichtigen, wird auch immer heikler und verlangt grosse Vorsicht, soll die an sich schon schwierige Situation nicht noch verschlimmert wer- den. […] Wie wird es weitergehen? Was bringt die Zukunft? Sie wird für uns als Mission wohl nicht leichter werden … Schon jetzt zeichnet sich eine strengere Überwachung der Evangelischen und insbesondere der Schulen ab. […]“ Die Kandidaten, welche sich auf einen Einsatz in Angola vorbereite- ten, erhielten keine Visa mehr. Obwohl die Hoffnung nicht starb, wur- de nach monatelangem Warten für die Leitung der Philafrikanischen und Allianz-Mission klar, dass es in Angola in absehbarer Zeit nicht mehr möglich sein würde, einzureisen. Auf nach Brasilien! Eugen Schmidt schreibt im Allianz-Missions-Boten vom Herbst 1962: „[…] Wie Ihnen bekannt ist, sind die Türen nach Angola seit mehr als ei- nem Jahr geschlossen. Wohl tun wir nach wie vor alles, um Einreisege- nehmigungen für unsere Missionare zu erwirken, leider bis heute ohne Erfolg. […] Die Missionsleitung sieht sich klar geführt und ist einmütig zum Entschluss gekommen, die wartenden Missionskandidaten auf zwei weiteren Feldern einzusetzen, in Nord-Brasilien und an der Elfenbeinküs- te (Afrika). […]“ Im März 1963 kommt Heidi Schellenberg als erste Mitarbeiterin der Philafrikanischen und Allianz-Mission in Brasilien an. Sie engagiert sich in Zusammenarbeit mit der„Unevangelized Fields Mission“, einer englischen Organisation. Im Juli 1963 wird Jenny Ritter an die Evan- gelische Mission in der Elfenbeinküste ausgeliehen. Ihr folgen weitere Mitarbeitende, allerdings mit dem Ziel, sobald es möglich wird, nach Angola zu reisen. In Japan und Brasilien wächst die Arbeit. Immer mehr Mitarbeitende können ausgesandt werden. Ein neuer Name „An seiner letzten Sitzung hat der Missions-Brüderrat zwei wichtige Ent- scheidungen getroffen. Die erste betrifft den Namen unseres Werkes. Die Benennung „Philafrikanische und Allianz-Mission“, die wir seit sechzehn Jahren führen, hat sich nach unseren Beobachtungen hier zu Hause nicht einzubürgern vermocht. […] Vom 1. Januar 1967 an wird unsere Mission ganz schlicht „Schweizer Allianz-Mission“ heissen. […]“ (Allianz- Missions-Bote; Januar/Februar 1967) Ein Jahr später wird sich auch der neue Name der „Mission Philafricaine en Angola“ klären: Alliance Missionnaire Evangélique.

Besuche, Brasilien 1970

ECK PUNK T E 1952 - 1972 1953 reisen erste Mitarbeitende nach Japan aus. 1960: „Afrikanisches Jahr“; Höhepunkt der De- kolonisation Afrikas Von 1961 bis 1974 dauert der Unabhängig- keitskrieg in Angola. Ab 1963 werden Mitarbeitende der Philafri- kanischen und Allianz-Mission nach Brasilien geschickt. Weil der Weg nach Angola vorübergehend versperrt bleibt, leiht die Philafrikanische und Allianz-Mission ab 1963 Mitarbeitende an die Evangelische Mission in der Elfenbeinküste aus (bis 1969). 1967 bis 1977 findet in China die sogenann- te Kulturrevolution statt. Während dieser Zeit wird die Religionsausübung unterdrückt. Ab 1967 heisst die Philafrikanische und Allianz- Mission im deutschsprachigen Raum „Schwei- zer Allianz Mission“, im französischsprachigen Raum ab 1968 „Alliance Missionnaire Evangé- lique“. Ab Mai 1970 befindet sich das SAM-Büro an der Wolfensbergstrasse 47 in Winterthur. Von 1972 bis 1985 ist Paul Schär Missionssek- retär.

Besuche, Brasilien 1975

Maisverteilung, Angola 1973

GESCHICHTE LEBEN SCHREIBT

Andere Ansichten zu verstehen und mit der Verschiedenartigkeit der Kulturen leben zu lernen; das sind Herausforderungen für die Mitarbeitenden in den Einsatzländern. Zwei Beispiele wollen wir Ihnen nicht vorenthal- ten: Mitgegangen – mitgehangen auf Japanisch … heisst der Artikel von Rudolf Hostettler im SAM-Boten vom September/Oktober 1978: „Um es gleich vorwegzunehmen, das Mitverant- wortungs- und Schuldgefühl der Japaner geht weit über das erwähnte Sprichwort hinaus. Als Il- lustration rollte in den ersten Wochen dieses Jah- res geradezu ein Musterbeispiel über die Bühne. Anlass dazu war allerdings ein schockierendes Verbrechen. Ein junger Polizist „entdeckte“ die Leiche einer erwürgten 22-jährigen alleinwohnenden Stu- dentin. In der Untersuchung stellte sich dann aber heraus, dass der Gesetzeshüter selber zum Täter geworden war. Diese Schreckensnachricht verbreitete sich in Windeseile unter den 40‘000 Mann zählenden Tokyo-Polizeitruppen. Vom Generalsuperintendenten bis hinunter zum Rek- ruten gab es keinen Mann, der nicht erschüttert den Kopf in Schande hängen liess. […] Der Polizeichef des betreffenden Stadtteils begleitete persönlich den Sarg mit der Leiche bis zum Elternhaus der Studentin, einige Stunden ausserhalb Tokyos. Während der ganzen Toten- zeremonie verharrte er in schweigender Ach- tungstellung. Kaum in Tokyo zurück, reichte er

auf dem Hauptquartier sein Amtsniederlegungs- gesuch ein. Ohne Abschiedsrede zog er sich dar- auf in sein Privathaus zurück. Auf die zudringli- chen Fragen der Reporter gab er nur eine knappe Antwort: „Wären wir noch in der alten Zeit, so müsste ich durch Seppuku (Harakiri-Selbstmord) die Schuld auf mich nehmen. […]“ In dem immer noch sehr stark gruppenorientier- ten Gesellschaftsdenken der Japaner wird die Schuld eines Einzelnen – und sei er in noch so bescheidener Position – zur Schande der ganzen Einheit. So sehr, dass der Leiter, der Präsident, der Schulinspektor, der Offizier oder wie der Obers- te einer solchen Gruppe auch genannt wird, die Schuld und Schande als Erster auf sich nehmen muss und auch im modernen Japan auf sich nimmt.“ Telefonieren in Brasilien Wie die Unterschiedlichkeit in ganz alltägli- chen Dingen aussehen kann, veranschaulicht uns Heiri„Ari“ Aeberhard: „Welche Nummer bitte?“, fragend schaut die Telefonistin auf, […]. Es ist heiss und stickig im kleinen Raum der Telefonzentrale in São Félix do Xingú. „222.2708 Belém, bitte.“ „[…] Das wird eine Stun- de oder mehr dauern, bis ich Ihr Gespräch vermit- teln kann.“ […] Ari schaut sich um. Ausser einem Geschäftsmann warten noch drei Frauen, ein Arzt der staatlichen Gesundheitsstelle und drei jüngere Männer auf eine Verbindung. […] Endlich hellt sich das Gesicht der Telefonistin auf.

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Die MAF landet bei den Indianern, Brasilien 1986

, DIE DAS […] „Verbindung nach Goiania!“ Einer der jun- gen Männer steht auf und nimmt den Hörer in Empfang. […] „Hallo. Hallooooo, bist du es Ma- ria? Sprich laut, ich verstehe nichts!! Wie geht es dir? Und den Kindern? Hör zu, ich habe Geld ge- schickt. 5‘000 Cruzados. Morgen gehe ich in den Urwald zurück. Ich höre auf, die Verbindung ist zu schlecht. Tschau!“ Das ganze Gespräch wird laut und mit den entsprechenden Pausen geführt. Hier gibt es keine Geheimnisse. Der einzige Tele- fonapparat des Städtleins steht in diesem Raum. […] Kaum ist der junge Mann verschwunden, tu- schelt eine der Frauen: „Geizhals! Ich kenne ihn. Er arbeitet bei der Holzfirma und verdient gut. Der hätte seiner Frau mehr schicken können.“ Beim nächsten Gespräch geht es um Land. Der Verantwortliche einer Grossfarmauf der anderen Seite des Xingú-Flusses spricht mit dem Besit- zer. Er versucht, leise zu reden, ein unmögliches Unterfangen bei der schlechten Verbindung. So wird jedermann Zeuge, dass bei einem Streit ein Mann erschossen wurde. „Also, Chef, Sie wissen nun Bescheid. Aber keine Angst, wir passen auf, und wenn es nötig wird, beissen noch einige ins Gras.“ Mit grimmiger Miene gibt er den Hörer zu- rück. […]

Buchladen in Belém, Brasilien 1977

geht der nächste Postsack weg? Ich muss drin- gend nach Belém schreiben.“ Der Mann lacht: „Ich komme vom Flugbüro. Dort wurde mir ge- sagt, dass diese Woche kein Flug programmiert sei. Da ist es besser, wenn du telefonierst.“ (SAM- Bote; November/Dezember 1988) Entführt! Die Zeit zwischen 1973 bis 1993 wurde durch zwei neue Einsatzländer und ein immer enge- res Zusammenwachsen der SAM und der AME geprägt. Doch die Herausforderungen blieben nicht aus: Schock! Gandhi Marinova wird in der Nacht auf den 27. Dezember 1977 von der angola- nischen Widerstandsbewegung Unita gekid- nappt. Nach monatelangem Bangen und Hof- fen endlich die Nachricht im SAM-Boten vom September/Oktober 1978: „Genève-Cointrin, 1. August 1978. […] Noch auf demFlugplatz erzählt Gandhi, dass ihr bald nach ihrer Entführung aus Lomolo versichert wurde, dass sie das Opfer eines Irrtums geworden sei, diese Entführung sei nicht befohlen gewesen. Im Verlauf von sieben Monaten wurde sie in langen Fussmärschen bis in die Nähe der Grenze ge- bracht. […] In all den Monaten sei sie gut behan- delt worden und habe sich nie in Gefahr gefühlt. […]“

Strassenkinder, Brasilien 1990

„Belém 222.2708. Heute ist die Verbindung sehr schlecht.“ Ari nimmt den Hörer. Aus der Leitung tönt es wie unter einem Wasserfall. […] Weil er nicht weiss, wer im Missionsbüro das Tele- fon abgenommen hat, schreit er in Englisch und Deutsch. Kein Erfolg. […] „Mit Telefonieren klappt es nicht. Ich schreibe!“ Beim Hinausgehen trifft er den Posthalter und spricht ihn an: „Wann

Fortsetzung auf Seite 16

Frauenhilfe um 1980

Küche beim Centre Médical in Macenta, Guinea 1983

Centre Médical in Macenta, Guinea 1983

Möchten Sie wissen, wie Gandhi heute über ihre Erlebnisse als Geisel berichtet? Auf unse- rer Homepage finden Sie den Link zum Inter- view in der„Fenster zum Sonntag“-Sendung. Fünfeinhalb Monate nach Gandhi Marinovas Rückkehr wird auch Edmée Cottier von der Wi- derstandbewegung Unita entführt: „[…] Am 18. Januar, morgens um 5 Uhr, wurde Nondum- bo von Guerillas angegriffen. Das Dorf wurde durch schwere Geschosse und Brandgranaten zerstört. Die Häuser der Missionsstation blieben verschont, doch räumten die Guerillas das Spital ganz aus und steckten den Land-Rover in Brand. Dann zogen sie sich zurück und nahmen Edmée Cottier mit. […] Über den Aufenthaltsort unserer Schwester fehlen zurzeit jegliche Anhaltspunkte. […]“ (SAM-Bote; März/April 1979) Vier Monate später die Erleichterung: Edmée Cottier ist frei! „Seit einigen Jahren schon wurde in unserer Mis- sion der Gedanke, in Afrika ein zweites Feld in Angriff zu nehmen, erwogen. Nach vorbereiten- den Studien wurden Rodolphe und Anny Bréchet mit Samuel Stauffer als Erkundungs-Team in drei Länder geschickt […]: Mali, Guinea Bissau (frü- her Portugiesisch Guinea) und Guinea Conakry (früher Französisch Guinea). Nachdem die durch diese Gesandten zusammengetragenen vielen Informationen sorgfältig geprüft und verglichen waren, entschied sich dieMissionsleitung für Gui- nea Conakry. […]“ (SAM-Bote; Mai/Juni 1980) Natürlich braucht es weitere Vorbereitungen, beispielsweise Vertragsaushandlungen mit Guinea-Conakry: Ein bescheidener Beginn

dem guineischen Staat. Doch im SAM-Boten vom März/April 1982 schreibt Dr. Rodolphe Bréchet bereits: „Gandhi Marinova, Erika Limbach und ich errei- chen Conakry am Sonntag, 13. Dezember 1981. Viel Lärm, eine grosse Hitze, aber ein herzlicher Empfang von den Vertretern der Regierung, des Gesundheits-Ministeriums und der Christen von Conakry beeindrucken uns. […] Pierre und Ca- therine Bigler – mit ihren beiden Kindern – sind durch unsere Ankunft ermutigt. Sie haben bereits einen langen Weg bis zu den Importpapieren für unser Material zurückgelegt. […] Eine 800 km lange Reise nach Macenta folgt. Sie führt durch ein schönes Land, mit üppigem Pflanzenwuchs und Palmen, vorbei auch an Hügeln, Savannen und Reisfeldern bis zur immergrünen Waldregi- on, nach Macenta. […]“ So schön der Empfang, so steinig gestaltet sich der Beginn der Arbeit: „[…] Die Lepraklinik, das Hauptgebäude, konnte erst teilweise neu ge- strichen werden – weil die Farbe ausging. Sonst konnte noch nichts unternommen werden, ab- gesehen davon, dass ein Haufen Steine und ein Haufen Sand angeliefert wurden. […] Die Lepra- kranken: da wir noch keine geeigneten Einrich- tungen haben, behandeln wir sie immer noch im Freien. […]“ (SAM-Bote; Juli/August 1982) Nach den kurzen Zeilen im SAM-Boten vom November/Dezember 1982 keimt Hoffnung auf: „Telefon in letzter Minute! – Der Premierminister von Guinea hat sich, auf Wunsch des Staatschefs, gegen Mitte September persönlich nach Macen- ta begeben und hat dort dafür gesorgt, dass al- les, was damals unsere Arbeit noch behinderte, aus demWeg geräumt wurde.“

Missionsrat HOMSA, Sri Lanka 1993

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SAM-Retraite 1979

Aktivitäten zum 100-Jahr-Jubilä- um der SAM in Winterthur 1989

Zwei Jahre danach berichtet Dr. Jean-François Nicolet: „[…] Spital ist ein recht grosses Wort für unser bescheidenes Behandlungszentrum: 30 Betten in zwei grossen Sälen und drei Absonderungsräume für schwerkranke Tuberkulose- Patienten. Der Hauptteil unserer Arbeit gilt den ambulanten Behandlungen. […] Bei den Leprakranken aber ist sie vielsei- tiger: Chirurgie, Orthopädie, Physiotherapie und die Lösung sozialer Probleme. […] Eine dritte Ausrichtung der Arbeit be- trifft die Augenkranken. Wir hatten Besuch eines englischen Augenspezialisten der Christoffel-Blindenmission, Dr. Taylor. Neben anderen Arbeiten nahm er Star-Operationen an Blin- den vor. Weil er gutes Licht benötigte, schlossen wir eine alte Operationslampe an einen Generator an, und schon sah un- ser kleiner Raum wie ein richtiger Operationssaal aus. […]“ (SAM-Bote; März/April 1984) Fusion SAM-AME Auch in der Schweiz blieben die Uhren nicht stehen. So wurde die Partnerschaft zwischen der SAM und der AME enger. Der mehrjährige Prozess mündete schliesslich in die Meldung im SAM-Boten vom Januar/Februar 1993: „Am 25. November 1992 war es so weit: Die beiden ursprünglichen Missionsräte („alte“ SAM und „alte“ AME) beschlossen in der gemeinsamen Sitzung die definitive Fusion – und damit ha- ben Sie es jetzt also mit einer Organisation zu tun. […]“ Sri Lanka – die Perle im Indischen Ozean In der gleichen Zeitschrift wurde weiter bekannt gegeben: „Sri Lanka – da und dort ist es schon durchgedrungen: Die SAM hat sich zu einem weiteren Engagement entschlossen. Im Frühjahr gab der Missionsrat grünes Licht, vorläufig für eine dreijährige Periode einWerk in Sri Lanka zu unterstützen. Die Kontakte zu HOMSA (Hope Outreach Ministries South Asia) bestehen schon seit etlichen Jahren. […]“

E C K P UNK T E 1973 - 1993 Ab Januar 1974 heisst der Allianz-Missions-Bote nun SAM-Bote. Von 1975 bis 2002 (mit Unterbrechungen) befin- det sich Angola im Bürgerkrieg. 1981 beginnt die medizinische Arbeit in Guinea – heute bekannt unter dem Namen ProESPOIR. Die SAM unterstützt zwei Organisationen in Hongkong, die Literatur und Radiosendungen für Gemeinden in China produzieren. 1983 kommt Werner Kuhn, Mitarbeiter der SAM, bei einem Autounfall in Brasilien ums Leben. Ab 1985 bis 2003 leitet Martin Voegelin die SAM. Seit 1992 sind die SAM und die AME eine Orga- nisation. Ab 1992/93 engagiert sich die SAM neu in Sri Lan- ka. Ab 1993 unterstützt die SAM durch Einsätze und Finanzen die Schulung von chinesischen Gemein- den (via Werner Bürklin Ministries Inc., später Chi- na-Partner). So werden die Beziehungen zu China wieder intensiviert.

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Chinesische Kirche 1995

SOS Ribeirinho, Brasilien 1994

KONSTANT SI VERÄNDERUNGE

Viele Veränderungen und Neuerungen haben die letzten Jahrzehnte der SAM ge- prägt. Doch wo steht die SAM kurz vor dem Millennium? „[…] Mit dem ursprünglichen Zielland CHINA verbinden uns immer noch Beziehungen mit der Literatur- (CCL) und Radioarbeit (FECB) in Hong- kong. In jüngster Zeit ergreifen wir die Möglich- keit für ein materielles und personelles Engage- ment in theologischen Seminaren im Rahmen der Drei-Selbst-Kirche Chinas. In JAPAN erinnert die heutige Arbeit im Gross- raum Tokio zusammen mit dem DOMEI-Ge- meindeverband kaum noch an die Anfänge der SAMauf der Insel Sado. Das Schwergewicht liegt neben Studentenarbeit und Sprachkursange- boten vor allem in Gemeindegründung unter grossstädtischen Verhältnissen. Mit SRI LANKA wurde erst in jüngster Zeit nä- here Beziehung aufgenommen. Seit 1992 ver- suchen wir, Partnerschaft aufzubauen. […] Der eingeschlagene Weg, der nicht die materielle Unterstützung als erste Priorität vorsieht, er- weist sich als ein langer, aber „lohnender“ und vertrauensbildender Prozess. In ANGOLA wurde der Eckstein vor bald 100 Jah- ren durch die Mission Philafricaine gelegt. […] Im Wunsch, dem angolanischen Volk weiterhin zu dienen, wurde 1994 die neue Organisation SOLE (Solidariedade Evangélica = Evangelische Solidarität) gegründet. Medizinische Dienste in der Küstengegend wurden aufgenommen und ein Literaturprojekt in der Hauptstadt Luanda

gestartet. Die Lehrtätigkeit am Theologischen Seminar Lubango (ISTEL) und die Unterstützung der Radioarbeit Yeva Ondaka gingen unvermin- dert weiter. Dienste innerhalb der IESA werden nun wieder intensiviert. Das 1981 in GUINEA im medizinischen Bereich begonnene Engagement hat sich stark auf ver- schiedene soziale und geistliche Ebenen ausge- weitet. Die SAM konzentriert sich zwar immer noch auf dieWaldregion, doch die Zusammenar- beit mit der Evangelisch Protestantischen Kirche Guineas (EPEG) weitet sich immer mehr aus. In BRASILIEN besteht eine der grössten Heraus- forderungen in der harmonischen Zusammen- arbeit der vier Partnermissionen (MICEB) mit dem brasilianischen Gemeindeverband (AICEB). Einheimische Christen werden sowohl in der Gemeindeaufbauarbeit wie in übergemeindli- cher Schulung ausgebildet. Ein weiterer Einsatz- bereich ist die Pionierarbeit in wenig erreichten Gebieten und unter Randgruppen.“ (SAM-Bote; November/Dezember 1995) In den Einsatzländern der SAM arbeiten wei- terhin viele engagierte Menschen, die ihr Le- ben mit den Einheimischen teilen. Im tägli- chen Sein gibt es hin und wieder Situationen zum Schmunzeln: „Am Medikamentenausgabeschalter der Apo- theke im Centre médical: Ein Kranker, der gera- de seine Konsultation beim Arzt hinter sich hat, steht am Schalter und weist dem zuständigen Krankenpfleger sein Gesundheitsbüchlein vor. Letzterer stellt die verordneten Medikamente zu-

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Arbeit an der Augenklinik Boa Vista, Angola 1995

D NUR sammen, nennt den Preis und kassiert das Geld ein. Nachdem der Pfleger genau erklärt hat, wie die Medikamente eingenommen werden müs- sen, ermahnt er den Kranken, am kommenden Tag unbedingt wiederzukommen und eine Stuhl- probe (auf Franz. les selles) für die Laboruntersu- che mitzubringen. Der Kranke scheint alles gut verstanden zu haben und verabschiedet sich. Tags darauf: Der Kranke erscheint tatsächlich wieder und meldet sich am Schalter. Er hält dem Krankenpfleger ein kleines Plastiksäcklein mit den erklärenden Worten entgegen: „Da habe ich Ihnen das Salz (auf Franz. le sel), welches Siemich mitzubringen baten.“ (SAM-Bote; September/ Oktober 1998) Weitsichtige Leitung Die SAM ist 125 Jahre alt. Gott hat es möglich gemacht, dass hunderte Menschenleben in all diesen Jahren positive Veränderung erfah- ren durften. Dafür bedarf es einer Leitung, die weitsichtig, demütig, aber auch mutig ist und Gott vertraut. Ein Beispiel dafür finden wir im SAM-Boten vom Mai/Juni 2001: „[…] Als SAM sind wir daran, unsere Arbeitswei- sen zu hinterfragen. Wir stellten fest, wie uns „Fel- le davonschwimmen“. Wenn wir einfach weiter- machen wie bisher, verlieren wir mehr und mehr Unterstützung und die Einsatzmöglichkeiten entsprechen nicht mehr den Bedürfnissen und Möglichkeiten der heutigen Generation und der Partner in den Einsatzgebieten. ImDezember 2000 hat der Missionsrat einer neu-

Strassenkinder, Brasilien 1997

en Organisationsstruktur zugestimmt. […] Wir kämpfen darum, dass die Notwendigkeit und Dringlichkeit von ganzheitlicher Missionsarbeit bei Freunden und Gemeinden einen neuen Stel- lenwert erhält. […]“ Damit begann die Um- stellung der Arbeit der SAM auf Projekte. Sie kennen diese heute unter Namen wie ProRI- BEIRINHO, ActionVIVRE, ProTIM 2-2-2 etc. Loslassen von Japan Zur Geschichte der SAM gehören auch schwie- rige Entscheidungen und schmerzhafte Mo- mente. Einer davon war der Beschluss, dass sich die SAM im Jahr 2008 aus Japan zurück- zog. Was führte zu diesem Entschluss? „[…] Eine Auswahl an Gründen, welche den Vor- stand bewogen, diesen Entscheid zu treffen: 1. Trotz beträchtlichen Anstrengungen ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, neue Lang- zeitmitarbeitende zu gewinnen. 2. Mit drei Ehepaaren und einer Singlefrau in Japan, die mit drei unterschiedlichen Partnern an drei verschiedenen Orten arbeiteten, war die Zusammenarbeit und Führung eine Herausfor- derung. 3. Da es Missionswerke wie die ÜMGmit etwa 120 Mitarbeitenden in Japan gibt, welche über sehr viel mehr Knowhow und Kapazität für Member- care und strategische Beratung in Japan verfü- gen als die SAM, scheint es sinnvoll, dass unsere Mitarbeitenden sich in eines dieser Werke integ- rieren. […]“ (SAM-Focus; Mai 2009)

Diplomfeier Kalukembe, Angola 1997 Boa Vista, Angola 1995

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