NR. 17
Beethoven Vom Fan zum Feind: Der Komponist und Napoleon Persepolis Das Machtzentrum der altpersischen Großkönige Alltagszauber 20 Objekte, die den Verlauf der Geschichte revolutionierten
Kathedralen Die Wolkenkratzer der Gotik
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NR. 17 DEUTSCHLAND € 9,80 • ÖSTERREICH € 10,80 • SCHWEIZ CHF 15,70 BENELUX € 11,30 • ITALIEN € 13,20
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Eine archäologische Zeitreise
ED I TOR I AL
W enn ich an gotische Kathedralen denke, dann fällt mir vor allen anderen Notre-Dame in Paris ein, obwohl es natürlich noch eine Menge weiterer gotischer Kirchen in Europa zu bestaunen gibt – siehe unsere Titelgeschichte ab Seite 28. Aber Notre-Dame steht für so viel Erin- nerung, dass es beinahe schon ein geflügeltes Wort ist, dass die Geschichte dieses Bauwerks die Geschichte Frankreichs widerspiegelt. Während der Französischen Revolution missbrauchte man das Pariser Juwel als Wein- depot und „Tempel des höchsten Wesens, der Vernunft“, und ein Napoleon Bonaparte ermächtigte sich darin selbst zum Kaiser. Eine seltene Ausnah- me, denn Frankreichs Herrscher wurden zumeist in Reims gekrönt. Manch einer mag bei der Erwähnung der Kirche auch an den „Glöck- ner von Notre-Dame“ denken, und folgt man dessen Spuren bis zurück zu Victor Hugos Roman von 1831, dann entdeckt man, dass die Story von Quasimodo und der schönen Esmeralda nur einen von mehreren Handlungssträngen darstellt. Ein wesentlicher Teil des Buchs ist nämlich der Kathedrale selbst gewidmet, während sich vor den Augen des Lesers nach und nach ein Bild des spätmittelalterlichen Frankreichs aufbaut. Als 2019 die Kirche fast abbrannte, wurde Hugos Meisterwerk für einige Zeit erneut zum Bestseller. Das Bild oben zeigt ein Relikt aus dem klassischen Griechenland, und zwar einen korinthischen Helm (s. S. 98). Getragen wurde er von den Hopliten, Bürgern, die zur Verteidigung ihrer Städte in der Infanterie dienten. Sie waren bewaffnet mit Lanze, Kurzschwert und Schild. Dieser Helm ist eines der Objekte, von denen unsere Autoren meinen, dass sie als Errungenschaften der „materiellen Kultur“ den Lauf der Zeit veränderten.
RALPH KREUZER STELLVERTRETENDER CHEFREDAKTEUR NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY
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3 EDITORIAL 6 FOTOGRAFIE Flapper In den 1920er-Jahren werden die Badeanzüge zweier Frauen kontrolliert. 8 MELDUNGEN Kannibalen, Römer, Hunnen Forscher stoßen in einer Höhle in Polen auf Spuren von Kannibalismus aus der Steinzeit. Neue DNA-Analysen liefern sensationelle Erkenntnisse über den Ursprung der Hunnen. Ein einzigartiges Fundstück: In West- falen sorgt ein römisches Miniatur- Dosenschloss für Furore. 12 COSTA RICA Die Wunder von Guayabo Eine Reise nach Mittelamerika zu den bedeutendsten Fundstätten präkolumbianischer Kulturen. Inmitten des Orosi-Tals von Costa Rica stießen Archäologen auf alte Verkehrswege und geheimnisvolle runde Steinsphären.
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ZEITZEUGE Dieses Modell einer Reming- ton-Schreib- maschine stammt von 1874. Es hatte nur Großbuch- staben. ell g- b- n tte uch-
20 KUNSTWERK Ein Bild zum Träumen Mit „Die Toteninsel“ erschuf der Schweizer Maler Arnold Böcklin Ende des 19. Jahrhunderts ein Meisterwerk des Symbolismus. Das Gemälde war so erfolgreich, dass bis 1886 fünf Varianten davon entstanden. Böcklins Beschäftigung mit Mythologie und Tod prägte eine ganze Epoche.
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116 BÜCHER UND TERMINE 120 IMPRESSUM 122 VORSCHAU
4 NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY
28 GOTISCHE KATHEDRALEN DIE BAUMEISTER DES MITTELALTERS Nach der Invasion der Wikinger und Muslime brach in Europa Anfang des 11. Jahrhunderts ein regelrechtes Baufieber aus. Zu den faszinierendsten Monumenten dieser Zeit gehören die gotischen Dome und Kathedralen. Hunderte Arbeiter waren an den himmelhoch strebenden Gesamtkunstwerken beteiligt, angeleitet von visionären Architekten. VON LICHT DURCHFLUTET Die Abteikirche von Rouen ist bekannt für ihre spätgotische Pracht und ihre Glasfenster.
22 Rosa Luxemburg
90 20 Objekte der Weltgeschichte
Fast ihr ganzes Leben setzte sich die polnisch-deutsche Politikerin für die Arbeiter ein, kämpfte gegen Kapitalismus und Imperialismus. 1919 ging ihr Traum von einer sozialistischen Gesellschaft fast in Erfüllung – scheiterte dann aber tragisch.
Nicht nur Zeitzeugen und alte Schriftstücke können die Vergangenheit wieder lebendig machen, auch einfache Gegenstände verraten uns mitunter Bedeutendes. Sie zeigen, wie die Menschen einst lebten und miteinander umgingen.
48 Beethovens „Eroica“
Die zwischen 1802 und 1803 entstandene 3. Sinfonie des deutschen Komponisten gilt bis heute als revolutionär. Ursprünglich widmete er sie Napoleon Bonaparte, ehe sich „die Heldenhafte“ zu einer musikalischen Vision einer deutschen Republik entwickelte.
64 Persepolis
Die prachtvolle Hauptstadt des Achämenidenreichs war ein Symbol für die Machtfülle der persischen Großkönige. Doch ihr Ruhm währte nur kurz: Knapp 200 Jahre nach ihrer Gründung legte Alexander der Große Persepolis in Schutt und Asche.
PRUNKVOLL Silberner Trink- becher, genannt Rhyton, in Form eines Greifen aus der Zeit
76 Yakuza
Ihre Ursprünge verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Vielleicht wurden die Yakuza deshalb auch lange als „moderne Samurai“ verklärt, folgen sie doch strengen Hierarchien, Ritualen und Kodizes. Nichtsdestoweniger bilden sie Japans organisierte Kriminalität.
des Achäme- nidenreichs.
INHALT 5
DAS HISTORISCHE FOTO
Kampfansage Das Ringen der Frauen um mehr Rechte fand quasi in allen Lebensbereichen statt – auch an den Badestränden. D ie 1920er-Jahre brachten für viele Frauen weltweit tiefgreifende Veränderungen, vor allem in den USA. Die florierende Wirt- schaft und die Anerkennung ihrer Rolle im Ersten Weltkrieg fielen mit einer neuen Generation zusammen, die alte Normen anzweifelte. Im- mer mehr Frauen entwickelten neue Ansichten über Ehe, Sex, Bildung und Arbeit und stellten traditionelle Moralvorstellungen infrage. Sinnbildlich für die Roaring Twenties, die Goldenen Zwanziger, standen die Flapper – jun- ge Frauen, die kurze Kleider trugen, rauchten, Alkohol tranken und Jazzclubs besuchten. Sie rebellierten gegen gesellschaftliche Konven- tionen und forderten mehr Freiheit. Diese Aufbruchsstimmung spiegelte sich auch im Recht wider: Mit dem 19. Verfassungszusatz durften Frauen in den USA erstmals landesweit an der Präsidentschaftswahl teilnehmen. Doch der Fortschritt entwickelte sich mancherorts schleppend, wie dieses Foto zeigt. Darauf wer- den zwei Frauen an einem Strand am Poto- mac River auf die Einhaltung strenger Bade- vorschriften kontrolliert. Es waren eben nicht alle von den Veränderungen begeistert. Einige Südstaaten etwa ignorierten den Zusatz lange, Mississippi ratifizierte ihn erst 1984. MA
FOTOGRAFIE 7
ME LDUNGEN
FRÜHE WAFFEN Geschoss-Spitzen aus Knochen und Geweih (aus der Maszycka-Höhle).
Leben und Sterben in der Eiszeit In einer Höhle in Südpolen stießen Forscher auf Spuren von Kannibalismus, der sich vor 18000 Jahren zugetragen hatte. VOR- UND FRÜHGESCHICHTE
E in schon länger bekann- tes Juwel für die Funde von Artefakten aus der Altsteinzeit ist die 20 Kilo- meter nördlich von Krakau im Nationalpark Ojców gele- gene Maszycka-Höhle. Stein- werkzeuge sowie tierische und menschliche Überreste traten hier zum Vorschein – aber jüngst hat ein interna- tionales Forscherteam mit Beteiligung der Universi- tät Göttingen Erkenntnisse über die Todesumstände in den späteiszeitlichen Gesell- schaften gewonnen. Für die Untersuchung der menschlichen Reste, die auf ein Alter von bis zu 18000 Jahren datiert werden, stan- den insgesamt 63 Knochen
von zehn Individuen zur Verfügung. In 36 Fällen stell- te sich heraus, dass die Ver- storbenen unmittelbar nach ihrem Tod zerlegt worden sein mussten. Hunger war es nicht An Schädelfragmenten deu- ten Schnittspuren auf die systematische Abtrennung von Muskelansätzen und Kopfhaut hin, längere Kno- chen hatte man zerschlagen, vermutlich, um an das darin enthaltene Knochenmark zu gelangen. Dazu erklärt Fran- cesc Marginedas vom Catalan Institute of Human Paleo- ecology and Social Evolution in Tarragona: „Position und Häufigkeit der Schnittspuren
sowie die gezielte Zerschla- gung von Knochen lassen keinen Zweifel daran, dass hier nahrhafte Bestandteile der Toten gewonnen werden sollten.“ Thomas Terberger vom Seminar für Ur- und Frühge- schichte der Universität Göt- tingen geht davon aus, dass der Kannibalismus nicht aus Not praktiziert wurde. Nach dem Kältemaximum der letz- ten Eiszeit hatten sich die Le- bensbedingungen allgemein verbessert. Das daraus resul- tierende Bevölkerungswachs- tum führte wohl eher zu Kon- flikten um Ressourcen und Territorien. Auch gab es keine respektvolle Bestattung der Opfer. RALPH KREUZER
FUNDSTÄTTE Der Ein- gang zur Maszycka- Höhle in Polen. Schon vor 100 Jahren entdeck- te man hier menschliche Überreste (u.) sowie aller- lei Gerätschaften. Aber erst seit Kurzem weiß man, dass es unter den Bewohnern zu Kanniba- lismus gekommen ist.
8 NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY
Ein langer Weg nach Westen Erstmals gibt es Hinweise auf die geografische Herkunft und biologische Abstammung der rätselhaften Hunnen. ARCHÄOGENEALOGIE
G eißel Gottes – so bezeichnete der Ge- lehrte Jordanes im 6. Jahrhundert Attila, den gefürchteten Herrscher der Hunnen. Doch genauso plötzlich, wie das Reitervolk um 370 n. Chr. in Europa auf- getaucht war, verschwand es rund ein Jahrhundert später wieder vom Kontinent. Da ihr Vorstoß nach Wes- ten vielen als zentraler Aus- löser der Völkerwanderung gilt und sie damit indirekt das Ende Westroms und das beginnende Mittelalter ein- läuteten, sorgen sie seitdem unter Historikern wie auch Künstlern für unverminder- te Faszination. Allerdings ist nur wenig über „die Hun- nen“ bekannt, besonders aus der Zeit, bevor sie in der Schwarzmeerregion auftra- ten. Wer also waren sie, und woher kamen sie? Diesen Fragen widme- te sich ein Team von For- schern, unter anderem vom Max-Planck-Institut für evo- lutionäre Anthropologie in Leipzig. Die Genetiker, Ar- chäologen und Historiker untersuchten dafür die gene- tischen Daten von insgesamt 370 Individuen aus Gräbern aus dem 5. und 6. Jahrhun- dert im Karpatenbecken, aus dem 2. bis 5. Jahrhundert in Zentralasien und aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. aus der mongolischen Steppe. Dabei fanden sie heraus, dass ein
paar europäische Hunnen von Eliten der Xiōngnú ab- stammten, Angehörigen eines mächtigen Nomaden- reichs in den Steppen der heutigen Mongolei, das um 100 n. Chr. aus den Quellen verschwunden ist. Komplexer Prozess Dies ist insofern interessant, als es in Fachkreisen schon seit Längerem die Debatte gibt, ob eine Verbindung zwi- schen den Xiōngnú und den europäischen Hunnen exis- tiert. Die Wissenschaftler ka- men jedoch zu dem Schluss, dass die meisten Angehöri- gen des Reitervolks gemisch- ter Herkunft waren und nur wenige Hunnen ostasiatische
Vorfahren hatten. So schluss- folgert Walter Pohl, Professor für mittelalterliche Geschich- te an der Universität Wien und Co-Autor der Studie: „Die Vorfahren von Attilas Hunnen […] brauchten vie- le Generationen, um nach Westen zu gelangen, und vermischten sich mit der Be- völkerung ganz Eurasiens.“ Und Zsófia Rácz von der Eötvös Loránd Universität in Budapest ergänzt: „DNA- und archäologische Funde zeigen ein Patchwork von Abstam- mungen, was eher auf einen komplexen Prozess von Mobilität und Interaktion als auf eine Massenmigration hindeutet.“ ALEXANDER MÜLLER
GEHEIMNISSE UND MYTHEN Der Druck
nach einer Zeichnung von Josef Kriehuber aus dem 19. Jahrhundert zeigt den sagenhaften Hunnenfürsten Keme. Heute wissen wir, dass der Begriff „Hunne“ nicht auf eine feste ethnische Gruppe zutrifft.
HEUTE STADT Mitten in Budapest stießen Forscher auf diese Reste eines Hunnengrabs.
MELDUNGEN 9
ME LDUNGEN
Klein, aber bedeutend Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe präsentierte der Öffentlichkeit ein goldenes Miniatur-Dosenschloss aus römischer Zeit. ARCHÄOLOGIE
S ondengänger träumen ihr ganzes Leben lang von solch einem Fund: Constantin Fried entdeckte 2023 auf einem Feld bei Pe- tershagen in Ostwestfalen ein Dosenschloss aus Gold. Die Römer nutzten Vorrich- tungen wie diese in Kombi- nation mit einer Kette als ei- ne Art Vorhängeschloss, um beispielsweise Türen oder Truhen zu verschließen. Was dieses Objekt aller- dings einzigartig macht, ist seine Größe: Es misst gera- de einmal 1,2 mal 1,1 Zen- timeter. „Das goldene Mi- niatur-Dosenschloss steht in Europa bisher völlig al- lein da und ist der bislang nördlichste Fund eines Do- senschlosses in Deutsch- land“, betont Prof. Dr. Mi- chael Rind, Direktor der LWL-Archäologie für West- falen-Lippe. Entstanden ist das Schloss wohl im 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. in provinzialrömischem Gebiet, denn es ist baugleich mit den regulären römischen Dosenschlössern.
PRAXISTAUGLICH Das äußerst filigran gebaute Dosen- schloss funktionierte.
Wie es von dort an seinen Fundort gekommen ist, da- rüber lässt sich nur speku- lieren. So war es vielleicht Handels- oder Raubgut, oder ein Einheimischer brachte es nach seiner Dienstzeit beim römischen Militär als Anden- ken oder Geschenk mit. Mithilfe von 3-D-Neutro- nen-Computertomografie
gelang es, das Innenleben sichtbar zu machen. So fand man heraus, dass das filigra- ne Schloss zwar beschädigt, aber prizipiell funktionsfähig gewesen wäre. Solides Handwerk Auf den gewonnenen Bildern sieht man einen Rahmen mit Feder und Führungsschiene,
zudem einen Riegel, eine Grundplatte und einen Dorn. Anhand des CT-Scans und vergleichbarer Funde erstell- te ein Restaurator der LWL- Archäologie eine vierfach vergrößerte Rekonstruktion mit Schlüssel und Kette. Der Fund zeugt von der Kunstfertigkeit des provinzi- alrömischen Schmiede- und Schlosserhandwerks. Doch damit hat sich der Sachver- halt für Prof. Dr. Rind noch nicht erledigt: „War es eine Einzelanfertigung, oder wur- den ähnliche kostbare Mini- aturen nur bisher nicht ge- funden? Diese und weitere Fragen werden uns noch wei- ter beschäftigen.“ ALEXANDER MÜLLER
MIT DER LIZENZ ZUM SUCHEN Sondengänger Constantin Fried hatte das Schloss bereits 2023 in Petershagen-Frille gefunden. Fried: „Ich konnte es selbst kaum glauben, als ich den Fund in der Hand hielt. Denn solche römi- schen Schlösser sind normaler- weise viel größer und bestehen aus Eisen oder auch Bronzeteilen.“
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ME LDUNGEN
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MELDUNGEN 11
Der letzte König von Talamanca
Auf den Spuren einer verlorenen Welt in Lateinamerika und des Geheimnisses der präkolumbianischen Kulturen von Costa Rica, die bislang kaum erforscht wurden. Dazu gehört auch Guayabo, die bedeutendste archäologische Stätte des Landes.
I rgendwo im Nirgendwo, mitten in Cos- ta Rica, steht das „Haus der Träume“: eine einfache, ornamental verzierte Holzhütte mit Lehmfußboden, aber voller fantasievoller Schnitzereien im Inneren. Die kleine Werkstatt im frucht- baren Orosi-Tal wurde vor Jahrzehnten von dem costa-ricanischen Landarbei- ter Macedonio Quesada am Rande einer Kaffeeplantage als Begegnungs- und Bildungsstätte gebaut. Ein Ort der Erin- nerungen, damit alte Traditionen nicht verloren gehen und das Gedenken an die
Ureinwohner wach bleibt. Die Träume finden im Gesicht geschnitzter Figuren ihren Ausdruck, von Leid bis Liebe, von Freude bis Angst – Skulpturen und Re- liefs als Seelenspiegel. Miguel, der Sohn des Landarbeiters, setzt diese Tradition fort. Auch er hat eine Vorliebe für Gravuren und ge- heime Botschaften. Das liege ihm im Blut, sagt er und verweist auf die jahr- tausendealte Tradition der Indigenen, Gravuren auf Felsen zu hinterlassen, so- genannte Petroglyphen. Im Gegensatz
zu Hieroglyphen stellen diese figür- lichen Kunstwerke keine Buchstaben dar, sondern komplette, verschlüsselte Botschaften. Vielleicht ist Miguel sogar einer der wenigen Nachfahren der Indigenen die- ser Region, die von den Spaniern syste- matisch und fast vollständig ausgerottet wurden, aber diese einzigartigen Kunst- werke hinterließen. Niemand kennt diese Hinterlassenschaft der präkolum- bianischen Einwohner dieser Region besser als Miguel.
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COSTA RICA GUAYABO
TRAUMLAND Der Nationalpark Manuel Antonio an der Pazifik- küste. Über ein Viertel von Costa Rica ist geschützt.
SINGT ER? Die präkolum- bianische Figur eines Kriegers kann man im Nationalmuseum in San José be- wundern.
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Einen direkten Nachfolger des Königs gab es auch nicht, weiterläufige Ver- wandtschaft wurde nicht anerkannt. Von keiner Seite, abgesehen von einem Neffen, der wenig später ebenfalls mut- maßlich ermordet wurde. Wie bei fast allen indigenen Völkern Lateinamerikas war die Nachfolge streng matriarchalisch organisiert: Nur die Nachfahren einer Schwester des jeweils Herrschenden ka- men für die Krönung infrage. Die Rolle der Frau ist in allen indigenen Kulturen viel bedeutender als in den Industrie- nationen. Die Amazonasregion wurde nicht zufällig nach den Amazonen der
Betrübt erzählt der engagierte Mann von Mönchen, die Indigene zwangsgetauft haben, und von spani- schen Soldaten, die Ureinwohner ver- schleppt und versklavt haben, bis keine Präkolumbianer in diesem Tal mehr übrig blieben. Die Überlebenden flüch- teten in die höher gelegenen Berge, in das unwirtliche Hinterland. Von dort herrschte der letzte König von Tala- manca: Antonio Saldana. Gekrönt 1880, regierte Saldana über sein Reich, das offiziell zu Costa Rica gehörte, über die Stämme der Bribris, Cabécares, Teribes, Changuinolas und Borucas, bis er 1910 vermutlich vergiftet wurde. Im Verdacht standen die expan- dierenden Bananenkonzerne, bewie- sen werden konnte der Mord nicht. Die United Fruit Company hatte mit Sicher- heit die besseren Mittel und Möglich- keiten der Verteidigung vor Gericht als die Indigenen in der Anklage.
Erst durch die Seuchen aus Europa gewannen die Spanier Oberhand und konnten die Urvölker zerstören. Nach der Unabhängigkeitserklärung von Costa Rica erkannte die neue Re- gierung zumindest das Königreich von Talamanca an – bis zu ihrem letzten Herrscher. Danach gerieten die stark dezimierten Kulturen für Jahrzehnte in Vergessenheit. Überlebende hatten sich tief in den Dschungel zurückgezogen. Das Vermächtnis ihres einst riesigen Reichs blieb jedoch erhalten: Hunderte von Felsbrocken voller Gravuren, die vielleicht Träume oder Albträume der präkolumbianischen Bevölkerung wi- derspiegeln. Niemand weiß genau, was diese Petroglyphen bedeuten. Figural oder in großen konzentrischen Mustern bedecken sie ganze Felsen und sind im Ganzen als Botschaft zu lesen. Erst jetzt beschäftigt sich die For- schung intensiv mit der Entschlüsselung
antiken Welt benannt. Rätselhaftes Erbe
Gegen die spanischen Eroberer hatten sich die Indigenen Lateinamerikas jahr- hundertelang sehr erfolgreich gewehrt. Zahlreiche blutige Aufstände im 16. und 18. Jahrhundert sind gut dokumentiert.
COSTA RICA 13
COSTA RICA GUAYABO
BILDUNGSSTÄTTE Das „Haus der Träu- me“ in Cachi im Orosi- Tal wartet mit vielen Schnitzereien auf.
dieser bedeutenden Artefakte. Ein in- ternationales Wissenschaftsteam unter Führung von Dr. Martin Künne von der Forschungsabteilung Altamerikanistik der Universität Bonn sowie Dr. Phillipe Costa von der Universität Sorbonne und mit Beteiligung verschiedener costa- ricanischer und US-amerikanischer In- stitute analysiert zurzeit die Gravuren,
die bisher vor allem auf der nordpazifi- schen Seite von Costa Rica in der Provinz Guanacaste gefunden wurden. Und eben im fruchtbaren Orosi-Tal, wo Miguels Vater bei der Ernte zu- fällig die gravierten Felssteine auf der Kaffeeplantage entdeckte. Miguel setzt nun das geistige Erbe seines Vaters fort, sucht nach Petroglyphen, schnitzt
Traumgesichter und gibt Kindern Un- terricht. Forscher seien bisher noch nicht gekommen, aber vielleicht än- dert sich das jetzt. Fast jeden Monat entdecke er neue Felsbrocken mit Petroglyphen, erzählt Miguel und führt uns zu einem nur wenige Meter entfernten Stein mitten in der angrenzenden Kaffeeplantage. Die geometrischen Gravuren auf dem Felsbrocken sind auf den ersten Blick schwer zu erkennen, der Zahn der Zeit hat an dem Stein genagt, Moose und Mikroben haben ihn erobert. „Ort des Blutes“ Organische Hinterlassenschaften auf den Steinen helfen Wissenschaftlern, das Alter der Gravuren zu bestimmen. Hier kann nur geschätzt werden, vermutlich sind sie deutlich älter als 1000 Jahre. Ihre Bedeutung ist nach wie vor ein wei- ßer Fleck in der Wissenschaft. Entlang
IMMER NEUE FUNDE MIGUEL QUESADA Der Künstler fertigt selbst Schnitzarbeiten an und forscht an der Be- deutung der Stein- und Felsbilder. Schon sein Vater fand im Tal des Orosi viele Petroglyphen, und Miguel setzt diese Suche fort. Hier hält er ein schon ziemlich verwittertes Exponat in Händen, das in vorkolumbianischer Zeit als Sonnenuhr genutzt wurde.
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GUAYABO: GEHEIMNISVOLLE STADT IM TAL DER CORDILLERA CENTRAL gibt es ein Gebiet, das im 19. Jahrhundert für Kaffeeplanta- gen gerodet wurde – dabei stieß man an den Hängen des Vulkans Turrialba auf die Reste einer alten Stadt, die heute als eine Sensation in der Archäologie gilt. In ihrer Glanzzeit lebten hier etwa 10000 Menschen. Vermutlich kamen die ersten Siedler um 1000 v. Chr. hierher und schufen bis 800 n. Chr. eine prosperierende Stadt, die bis etwa 1400 Bestand hatte. Niemand weiß heute mehr, warum sie dann veschwand. Ausgrabungen förderten ein Netz von Straßen, Dämmen, Treppen, Zisternen, Gräbern und Aquä- dukten zutage, und die Forscher schließen auf eine hoch entwickelte, hierarchisch geordnete Stam- mesgesellschaft mit einem Fürsten an der Spitze. Das Volk lebte als Handwerker, Jäger, Bauern oder Fischer. Kilometerlange Kanal- und Dammanlagen zeugen heute noch von der Baukunst und den städteplanerischen Fähigkeiten der Bewohner.
VOGELPERSPEKTIVE Die archäologische Stätte Guayabo offenbart hier ein ganzes Straßennetz sowie Wasserleitungen.
der Pazifikküste, vor allem im Nord- westen des Landes bei El Pedregal, wur- den einige Fundstücke bereits datiert: Die meisten Petroglyphen sind etwa 2500 Jahre alt, einige auch jünger. Ver- mutlich wurden sie bis zur Vertreibung der Indigenen angefertigt und sind viel weiter verbreitet als bislang vermutet. Zurück beim „Haus der Träume“, sagt Miguel, dass „er“ es sicher ge- wusst hätte, und deutet dabei auf eine Skulpturengravur, die eine der Eingänge umrahmt. Das Relief zeigt Antonio Sal- dana, der sein Land und seine Leute di- plomatisch führte, verteidigte und 1910 als Märtyrer starb. So erzählt es jeden- falls Miguel, der sein Wissen an die nächste Generation weitergeben möch- te, damit Kultur und Geschichte der In- digenen nicht verloren gehen und ihnen ihre Würde zurückgegeben wird. Talamanca geht auf den indigenen Begriff talamalka zurück und bedeutet
in der Miskito-Sprache „Ort des Blu- tes“ – und hier wurde viel indigenes Blut vergossen, erzählt Miguel betroffen. Das gleichnamige Gebirge stellt die größte Bergkette des Landes; es zieht sich vom Zentralmassiv bis zur Grenze nach Pa- nama und erstreckt sich über 700 Kilo- meter. Der höchste Berg des Landes mit fast 4000 Höhenmetern, der Chirripó, gehört ebenfalls zu dieser Gebirgskette und ist bei Bergsteigern in der ganzen Welt bekannt und beliebt. Im Gegensatz zu den übrigen Gebirgs- ketten von Costa Rica ist das Talamanca- Gebirge nicht vulkanischen Ursprungs, sondern ein tertiäres Bruch- und Fal- tengebirge. Dennoch brodelt es im Orosi-Tal, heiße, mineralische Quellen blubbern aus dem Grund, wärmen den Boden und haben die Hochebene in ein fruchtbares Tal verwandelt. Nicht zufäl- lig liegt das Tal im „Paradies“, genauer im gleichnamigen Kanton Paraiso. Es
heißt, die Spanier wären aus den Tief- ebenen hierher geflohen, um sich vor Moskitos und ausbreitenden Seuchen zu retten, und hätten den gleichnamigen Ort gegründet. Die heißen Quellen sind inzwischen für Besucher erschlossen, sehr günstig in öffentlichen Bädern und exklusiver in der Lodge-Anlage Hacienda Orosi, eingebunden in weitere Aktivitäten für Tagesbesucher oder Übernachtungs- gäste, sehr beliebt bei Einheimischen aus der Hauptstadt San José, die nur gut 40 Kilometer nordwestlich des Orosi- Tals liegt. Für internationale Gäste ist das liebliche, fruchtbare und vielfältige
Tal noch ein Geheimtipp. Exklusiver Kaffee
Die mineralische Zusammensetzung der heißen Quellen am Orosi wurde erst vor wenigen Jahren entschlüsselt und gilt mit seinen hohen Silizium-, Zink- und
COSTA RICA 15
COSTA RICA GUAYABO
EL PEDREGAL: EIN ZENTRALER KULTURRAUM ANHAND DER FELSBILDER aus der Cordillera de Guanacaste hoffen die Forscher, Schlüsse auf die Kul- turen ziehen zu können, die dort vor Kolumbus gelebt haben – und wie sie interagierten. Lebten dort mehrere Zivilisationen nacheinander? Vor allem die Petrogly- phen aus El Pedregal sowie die Oberflächenbefunde der Nachbarsiedlung von El Hacha stehen hier im Fo- kus der Untersuchungen. Seit etwa 800 n. Chr. gehörte die Region zu den südwestlichen Randgebieten Meso- amerikas – ideal gelegen für kulturelle Kontakte in das Gebiet der Maya, aber auch ins Hochland von Mexiko oder in Richtung Süden in den nördlichen Andenraum. Aus El Pedregal stammen mindestens 465 Steine mit Petroglyphen, die sich über die Hochsavannen verteilen, die sich am pazifischen Hang des Vulkans Orosi befin- den. Da die Region normalerweise von dichtem Regen- wald bedeckt wäre, nimmt man an, dass die Savannen auf vormalige Rodungen zurückgehen. Einige der Fels- brocken sind über fünf Meter lang, über vier Meter breit und über zwei Meter hoch; es gibt aber auch deutlich kleinere Exemplare.
PETROGLYPHEN auf einem Felsen, der heute im Nationalmuseum ausgestellt ist.
Selenwerten als wahrer Jungbrunnen. Sieben verschiedene, naturnahe Becken mit Temperaturen zwischen 32 und 39 Grad Celsius laden auch bei strömen- dem Regen zum Verweilen ein. Die Regi- on gilt als regenreichstes Gebiet des gan- zen Landes – und als fruchtbarstes. Da- von profitiert auch die Kaffeeplantage, die die Hacienda umgibt. Einzigartig in der ganzen Welt, werden diese Kaffee- kirschen mit dem Thermalwasser gewa- schen und fermentiert.
Für solche exklusiven und einzig- artigen Verarbeitungsmethoden gibt es Auszeichnungen und noble Kunden. Über Jahre hinaus hat der Plantagen- besitzer seine so verarbeitete Ernte an ei- nen einzigen Käufer exklusiv gebunden. Nur auf seiner Hacienda darf er den Kaf- fee sonst noch anbieten und verkaufen. Der Geschmack ist außergewöhnlich. Wie Wein nimmt Kaffee den Geschmack der Erde an, auf der er wächst, und die ist hier reichhaltig und leicht säuerlich,
ein ganzes Bouquet floraler, fruchtiger Nuancen prickelt auf der Zunge bei dem Genuss dieses besonderen Kaffees. Auch die Indigenen kannten die Vor- teile im „Paradies“ und nutzten sowohl die Fruchtbarkeit der Region als auch deren strategische Lage im Zentrum der mittelamerikanischen Landbrücke. Vor Millionen von Jahren hat sich das heutige Costa Rica als letztes Land aus den Tiefen des Ozeans erhoben, somit endgültig die Kontinente verbunden und wurde dadurch zum Herzstück der wandernden Völker und Tierarten. Costa Rica wurde zu einer Zollstation zwischen den präkolumbianischen Welten von Nord- und Südamerika. Der Handel blühte, und die Zivilisation war weit fortgeschritten. Als Währung diente vermutlich Jade, denn die meis- ten Artefakte wurden in Costa Rica ge- funden, obwohl der Stein dort gar nicht natürlich vorkommt.
Vor Millionen von Jahren hat sich Costa Rica aus den Tiefen des Ozeans erhoben und die Kontinente verbunden.
GOLDSCHMUCK kündet von der Geschichte gefallener Zivilisationen in Mittelamerika.
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GÖTTERTRUNK Eine Kakaofrucht und Bohnen in einer Mahlschale nach historischem Vorbild.
EINPRÄGSAM Das Geschrei der Brüllaffen (Allouatta) hallt stets durch den Regenwald.
Entdeckungen erstaunlich. Die kompli- zierte Infrastruktur der Stadt, zahlrei- che Gräber, mit Skulpturen und anderen Artefakten geschmückt, bieten eine Mo- mentaufnahme einer hoch entwickelten und fortschrittlichen Gesellschaft. Ein Name wie Gold Eines der herausragenden Merkmale von Guayabo ist die hohe technische Entwicklung der einstigen Metropole. Die Stadt verfügt über ein Netz von Aquädukten, sorgfältig angelegte Stra- ßen und imposante Steingräber, die teilweise ebenfalls mit komplexen Petro- glyphen bedeckt sind. Die Entschlüsselung der Petroglyphen würde bei der Erforschung dieser ein- zigartigen präkolumbianischen Kultur sehr helfen. Bisher arbeitet das inter- nationale Team von Wissenschaftlern vor allem im Nordwesten des Landes, nahe der Grenze zu Nicaragua. Genauer
Von der hohen Entwicklung der In- digenen zeugt auch das berühmteste archäologische Monument des Landes: Guayabo. An der Ausgrabungsstätte am Fuße des Vulkans Turrialba, etwa 30 Ki- lometer nordöstlich vom „Paradies“ gele- gen, zeugen gepflasterte Straßen, Kanä- le, Aquädukte, Haus- und Tempelruinen, Gräber und Zeremonienplätze von der fortgeschrittenen Zivilisation der Indigenen. Nur ein Bruchteil der gesam- ten Anlage wurde bislang offengelegt, und riesige archäologische Schätze wer- den noch vermutet. Doch schon jetzt gilt die archäolo- gische Stätte als eines der wichtigsten historischen Zeremonialzentren des prä- kolumbianischen Costa Rica und zeigt den Einfallsreichtum und die Lebens- qualität der Einwohner des Gebiets zwi- schen 800 v. Chr. und 1400 n. Chr. Obwohl ein großer Teil von Guayabo noch nicht ausgegraben wurde, sind die
am Fuße des Orosi, einem Komplex er- loschener Schichtvulkane, wodurch die Artefakte besonders gut erhalten sind. Nicht zu verwechseln mit dem gleich- namigen Tal, das mitten im Land liegt und als eine der fruchtbarsten Gegenden von ganz Lateinamerika gilt, eingebet- tet zwischen Vulkanen und Kordilleren. Dem Tal, in dem Miguel unzählige Petro- glyphen gefunden hat, die noch auf ihre Erforschung warten. Zur Herkunft des Namens „Orosi“ gibt es unterschiedliche Versionen; eine davon lautet oro si , was so viel heißt wie „Gold, ja“ und sich auf den Goldschmuck der indigenen Bevölkerung beziehen könnte. Denn Goldminen oder natür- liche Funde gibt es weder im Nordwes- ten bei den erloschenen Orosi-Vulkanen noch im Orosi-Tal, dafür zahlreiche Funde von Schmuck. Das meiste wurde geraubt, aber im- merhin blieben genug Artefakte für ein
COSTA RICA 17
COSTA RICA GUAYABO
GEHEIMNISVOLL Runde präkolumbiani- sche Steinsphären auf der Isla de Cano im Südwesten des Landes.
ganzes Museum erhalten. Gold-, Jade- und Nationalmuseum erzählen die prä- kolumbianische Geschichte des Landes, dokumentiert vor allem durch solche kunstvollen Schmuckstücke, Werkzeu- ge und Keramiken. Im Zentrum der
zwei Regionen, die weder geologisch noch geografisch etwas miteinander zu tun haben und Hunderte von Kilo- metern voneinander entfernt liegen. Wahrscheinlicher ist, dass Orosi einfach ein Name war, der in Costa Rica noch heute als Nachname gebräuchlich ist und in vielen anderen Teilen der Welt
Hauptstadt San José liegen diese Kul- tureinrichtungen dicht beieinander und öffnen das Fenster in diese Vergangen- heit, die erst langsam verstanden wird. Vielleicht klärt sich dann auch die Be- deutung von „Orosi“, dem Namen von
inzwischen ebenfalls. Natur und Kunst
Das Team um Künne hat die erste fünf- jährige Forschungsphase inzwischen abgeschlossen und Hunderte Artefakte dokumentiert. Die Orte der gravierten Felsen sollen es den präkolumbiani- schen Kulturen ermöglicht haben, ihre Weltanschauung über lange Zeiträume hinweg zu bewahren. So wie es auch viele Kulturen der Alten Welt getan haben. Manche Gravuren wurden auf großen Steinen, an Mauern oder in Schluchten entdeckt.
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RÄTSELHAFTE STEINSPHÄREN
GRÖSSENVERGLEICH Autorin Ina Knobloch macht es sich auf einer Steinsphäre gemütlich ...
ZU DEN BEMERKENSWERTESTEN Artefakten der vor- kolumbianischen Zeit Costa Ricas gehören sicherlich die über 350 Steinkugeln, die über das Land ver- teilt „herumliegen“, die meisten davon in der Provinz Puntarenas, die sich bis in den äußersten Südwes- ten erstreckt. Die meisten der Kugeln bestehen aus Gabbro, einem grobkörnigen Magmagestein, viele aber auch aus Sandstein. Ihr Durchmesser reicht von wenigen Zentimetern bis zu über zwei Metern – mit einem Gewicht von rund 15 Tonnen. Die Altersbestimmung fällt den Wissenschaftlern schwer, aber aus in der Nähe der Kugeln gefunde- ner Keramik oder auch Skulpturen schätzen sie die Entstehungszeit auf etwa 600 bis 1200 n. Chr. Nicht wenige der fast perfekten Kugeln wurden später von Arbeitern gesprengt, da das Gerücht umging, ihre Mitte bestünde aus Gold. Da die ursprüngliche Anordnung der Steine nicht mehr bekannt ist, fällt es heute sehr schwer, kulturelle Zusammenhänge, etwa mit einem astronomischen Kalender, zu beweisen. Seltsamerweise erwähnten weder die Indigenen noch die spanischen Eroberer jemals dieses Phänomen.
Fast alle Sphären hat man im Südwes- ten des Landes gefunden, aber die meis- ten wurden zerstört oder verschleppt. Erste Beschreibungen gehen auf das 19. Jahrhundert zurück, doch erst um 1930, als die United Fruit Company gro- ße Urwaldflächen für Bananenplantagen rodete, kam die Vielzahl der Monumente zutage. Unzählige Kugeln wurden zer- trümmert, weil die Entdecker Gold in ihrem Kern vermuteten oder sie für den Plantagenanbau entfernen wollten, an- dere verschleppt, weil ihnen magische Kräfte zugesprochen wurden. Spuren der Vergangenheit Längst ist der private Besitz dieser mystischen Monumente sowie aller archäologischen Artefakte des Landes strengstens verboten, aber schon zu viele wurden geraubt oder zerstört. So kann nicht mehr analysiert werden, welche Bedeutung die Anordnung der
Ihre Nutzung scheint sehr vielfältig gewesen zu sein. Die Artefakte wurden offenbar für Zeremonien, Pilgerfahrten oder kulturelle Veranstaltungen genutzt. Viele der eingravierten Felsen sollen eine wichtige Rolle bei der Durchführung von Ritualen gespielt haben, ebenso als Weg- weiser oder als Warnung. Auch die Anordnung der Gravuren und ihre Verortung spielten offensicht- lich eine wichtige Rolle. Viele stehen mit markanten Naturdenkmälern in enger Verbindung, mit Wasserfällen, Schluch- ten und Vulkanen, und waren Orte kul- tureller Begegnungen. Noch geheimnisvoller sind die Gravu- ren auf den sagenhaften Steinsphären, riesigen, perfekt kugelrunden Felsen. Ebenfalls Kunstwerke der Indigenen, häufig verziert mit Petroglyphen – Ar- tefakte, die heute niemand mehr deuten kann. Genauer Ort und Anordnung las- sen sich kaum mehr bestimmen.
Steinkugeln hatte, ob sie vielleicht die Gestirne widerspiegelten, kultische Grabstätten bedeckten oder rituelle Zwecke erfüllten. Vielleicht geben die Petroglyphen Hin- weise darauf. Einige Steinkugeln sind vollständig von den Gravuren bedeckt, die meisten jedoch perfekt glatt und rund. Aktuelle archäobotanische Stu- dien, ebenfalls im Südwesten des Landes, weisen darauf hin, dass es große Frei- flächen gab, die nicht unbedingt land- wirtschaftlich genutzt wurden, was auf einen zeremoniellen Charakter hinweist. Miguel, der „Herr der Träume“, ist jedenfalls überzeugt davon, dass die Petroglyphen der Schlüssel zur Vergan- genheit sind, und wird nicht müde, für deren Erforschung zu werben. Vielleicht haben seine Wünsche und Träume auch die Forscher unbewusst inspiriert, sich gerade jetzt auf diese Spur zu begeben. INA KNOBLOCH
COSTA RICA 19
XXXXXX XXXXX KUNST BÖCK L I N
Im Bann des Mythischen „Die Toteninsel“ ist das berühmteste Motiv des Schweizer Symbolisten Arnold Böcklin. Dessen allegorische Werke wurden zu Ikonen der Kunst. E s braucht nicht viel, um eine beeindruckende Stimmung zu erzeugen. Große Kunst kommt stets mit wenig Mitteln aus. Eine
nackt und kalt. Mehr wissen wir nicht. Natürlich denkt man hier gleich an den mythischen Fährmann Charon, der die Toten zum Eingang der Unterwelt bringt. Hatte der Symbolist Arnold Böcklin die Insel Ischia vor Augen, als er sich an sein berühmtestes Werk machte? Ge- nauer gesagt das der Insel vorgelagerte Castello Aragonese? Auch das ist nur Spekulation. Doch hier hielt er sich im Jahr zuvor auf, bevor im Frühjahr 1880 in Florenz die Fotografin und Kunstmä- zenin Marie Gräfin von Oriola, ehemals
Die Personen, die sich der Insel nä- hern, sind nur von hinten zu sehen, sie lassen etwas hinter sich. Eine Frau in Weiß und ein Ruderer transportieren einen Sarg über das ansonsten völlig ruhige Wasser. Wie bei kaum einem anderen Motiv wird hier deutlich, dass Friedhöfe nicht allein dafür da zu sein scheinen, Tote zu verwahren – sie archi- vieren vielmehr Lebensgeschichten. Die schroffen Felsen sollen also niemanden abwehren; sie verbergen nur die Intimi- tät der Verstorbenen. Denn der Tod ist
einsame Insel, Wasser, eine Art Burg, die einen Friedhof umrahmt – gemeinsam verdichten sich diese Elemente zu einer weltentrückten Erhabenheit, streng sym- metrisch angeordnet und in den Himmel ragend wie die Stützpfeiler eines goti- schen Doms. Stille durchdringt die Sze- nerie, und die Sonne taucht alles in ein magisches, aber düsteres Licht.
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ZYPRESSENHAIN Die Bäume sind auf Friedhöfen beliebt, denn sie symbolisieren Langlebigkeit und Trauer. Das Gemälde stellt die dritte Version von 1883 dar und gehört heute zum Bestand der Alten Nationalgalerie Berlin. Es misst 80×150 Zentimeter und ist in Öl auf Holz gemalt.
FABELWELT Böcklins Stil ist geprägt von intensiven Farb- und Lichteffekten sowie dem häufigen Bezug zu Figuren aus der antiken Mythologie. „Pan im Schilf“ (Neue Pinakothek) entstand 1858 und hängt derzeit in der Münchener Sammlung Schack. Öl auf Lein- wand, 199,7×152,7 Zentimeter.
malte Böcklin schon zuvor. Die frühere Fassung hängt heute in Winterthur. Die Münchener Version erwarb 1859 Kö- nig Ludwig I. vom Künstler selbst. Sie gehört heute zum Bestand der Baye- rischen Staatsgemäldesammlungen und ist ebenfalls ein Meisterwerk des Symbolismus. RALPH KREUZER
Schilf“ schwül und dunstig, heiß, nur ge- mildert durch die leichte Brise, die durch den dichten Pflanzenbewuchs streicht. Der Waldgott spielt auf seiner Flöte, er ist allein, die von ihm geliebte – und verfolgte – Nymphe ist verschwunden. Sie hat sich der Sage nach in ein Schilf- rohr verwandelt. Auch dieses Motiv
Marie Berna, bei Böcklin ein „Bild zum Träumen“ bestellte, zum Andenken an ihren verstorbenen Ehemann Georg Berna. Der Künstler hatte das Motiv aber bereits etwas früher begonnen, als Auftragswerk für den Mäzen Günther Alexander, und er begann sogleich mit einer zweiten Ausfertigung. Belauschte Einsamkeit So erfolgreich war das Bild, dass bis 1886 insgesamt fünf Variationen davon entstanden, die dritte Version 1883 für den Galeristen Fritz Gurlitt, der ihr den Namen „Die Toteninsel“ verpasste. Sie wurde 1936 von Adolf Hitler erworben und hing fortan auf dem Berghof. Im Gegensatz zur eher kühlen At- mosphäre der Toteninsel erscheint die Luft im 1858 entstandenen Werk „Pan im
SELBSTBILDNIS Immer wieder hat Arnold Böcklin (1827–1901) in seinen Werken den Tod thema- tisiert. Hier spielt er ihm ein ahnungsvolles Lied auf der Fiedel vor – die nur eine Saite hat. Die Kunstmäzenin und Witwe Marie Berna hatte bei Böcklin ein „Bild zum Träumen“ bestellt.
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PORTRÄT ROSA LUXEMBURG
Jüdin, Polin, Deutsche Fast ihr ganzes Leben kämpfte sie gegen Kapitalismus und Imperialismus. 1919 ging Rosa Luxemburgs Traum von einer sozialistischen Gesellschaft fast in Erfüllung – endete dann aber tragisch. R osa Luxemburg wurde 1871 Gefeierte Visionärin, gescheiterte Revolutionärin in Zamość, damals Teil des Russischen Reiches, als jüngstes von fünf Kindern eines jüdischen Holzhänd-
sium in Warschau, wo sie die marxisti- sche Gruppe „Proletariat“ kennenlernte, die sich politisch gegen den Zarismus positionierte. Begeistert trat sie einer Untergruppe bei, als die Vereinigung ver- folgt und aufgelöst wurde. 1888 schloss sie das Abitur als Klassenbeste ab. Im Schweizer Exil Von der Zarenpolizei verfolgt, floh Luxemburg 1889 in die Schweiz. Dort studierte sie in der liberalen Atmosphäre der Universität Zürich unter anderem Philosophie, Politik, Mathematik und Wirtschaft. Gleichzeitig vertiefte sie sich in das Werk von Karl Marx und intensi- vierte ihr sozialistisches Engagement, indem sie 1893 die Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauens (SDKPiL) mitbegründete. In Zürich lernte Luxemburg 1891 Leo Jogiches kennen, einen erfahrenen Re- volutionär aus dem litauischen Vilnius, der mehrfach im Gefängnis gewesen und aus der russischen Armee desertiert war. Die beiden hatten viel gemeinsam: Sie stammten aus dem Russischen Reich, kamen schon früh mit der Arbeiterbewe- gung in Kontakt und mussten bereits als
lers geboren. Ihre Eltern hatten eine deutsch geprägte Bildung erhalten, so- dass sie neben Polnisch und Russisch bereits früh fließend Deutsch sprach. Eine angeborene Hüftfehlbildung wur- de falsch behandelt, ein Bein blieb des- halb verkürzt. Und so hinkte Luxemburg ihr Leben lang. Die sozialistische Politikerin Clara Zetkin sagte über sie: „Die kleine und zerbrechliche Rosa war die Verkörpe- rung einer unvergleichlichen Energie. Sie wusste immer, wie sie das Äußerste von sich fordern konnte, und sie ver- sagte nie […]. Ihre schwache Gesundheit und die Widrigkeiten ließen ihren Geist unbeeindruckt. Ihre freie Seele über- wand die Hindernisse, die sie umgaben.“ Luxemburgs Kampfgeist zeigte sich be-
15.1.1919 Sie und ihr Mitstreiter Karl Liebknecht werden von einer nationalisti- schen Miliz ermordet. 1914 Luxemburg lehnt das Kriegsvotum der Mehr- heit der Sozialdemo- kratischen Partei ab. ruhen im zaristischen Polen und wird für eini- ge Monate inhaftiert. 1905 Sie beteiligt sich an den revolutionären Un- 1898 Mit 27 Jahren lässt sie sich dauerhaft in Berlin nieder, wo sie sich der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) anschließt. 1871 Rozalia Luxenburg, so ihr polnischer Name, wird in eine jüdische Familie im von Russland beherrschten Polen geboren.
reits in ihrer Jugend. Ab 1884 besuchte sie das Zweite Frauengymna-
Mit nur 15 Jahren engagierte sich Rosa Luxemburg im Kampf gegen den Zarismus in ihrer Heimat Polen.
DIE RUSSISCHE REVOLUTION von 1905 in einer französischen Zeitschrift.
AKG / ALBUM
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ROSA LUXEMBURG analysierte alles aus einer globalen Perspektive. Über Frauen sagte sie: „Eine Welt weiblichen Jammers wartet auf Erlösung. Da stöhnt das Weib des Kleinbauern, das unter der Last des Lebens schier zusammen- bricht. Dort in Deutsch-Afrika in der Kalahari-Wüste bleichen die Knochen wehrloser Hereroweiber, die von der deutschen Soldateska in den grausen Tod von Hunger und Durst gehetzt worden sind. Jenseits des Ozeans, in den hohen Felsen des Putumayo, verhallen, von der Welt ungehört, Todes- schreie gemarterter Indianer- weiber in den Gummiplantagen internationaler Kapitalisten.“ DIE ÜBEL DES KAPITALISMUS 40 JAHRE alt ist Rosa Luxemburg in etwa auf diesem Foto, das um 1911 entstanden ist.
des Kapitals“ von 1913 argumentierte sie, dass der Kapitalismus auf ständi- ges Wachstum angewiesen sei und nur durch die stetige Erschließung neu- er Märkte überleben könne. Das führe zwangsläufig zum Imperialismus, da die Großmächte um Rohstoffquellen und Absatzmärkte konkurrierten. Lu- xemburg sah darin die Hauptursache für den weltweit zunehmenden Milita- rismus und warnte vor den daraus ent- stehenden kriegerischen Konflikten. Luxemburg stellte sich den Sozialis- mus der Zukunft als eine tiefgreifende Umgestaltung der Arbeitsorganisation,
Land mit der am besten organisierten und einflussreichsten Arbeiterbewegung Europas. Um die deutsche Staatsbür- gerschaft und eine dauerhafte Aufent- haltserlaubnis zu erhalten, ging sie eine Scheinehe mit Gustav Lübeck ein. Aufstieg in Deutschland Nach ihrem Beitritt in die Sozialdemo- kratische Partei Deutschlands (SPD) gewann sie rasch Ansehen durch ihre Schriften, in denen sie die Ideen von Karl Marx weiterentwickelte und an das späte 19. Jahrhundert anpasste. In ihrem Hauptwerk „Die Akkumulation
junge Erwachsene vor der zaristischen Geheimpolizei fliehen. Doch ihre Per- sönlichkeiten unterschieden sich stark: Während Luxemburg gesellig und lei- denschaftlich diskutierfreudig war, galt Jogiches als verschlossen und misstrau- isch. Sie waren bis etwa 1906 ein Paar, blieben sich aber zeitlebens politisch verbunden. Später hatte Luxemburg eine Liebesbeziehung mit Konstan- tin „Kostja“ Zetkin, dem Sohn ihrer Freundin Clara. 1898 entschied sich Luxemburg, ihr Exil in der Schweiz zu verlassen und sich in Deutschland niederzulassen – dem
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PORTRÄT ROSA LUXEMBURG
EINE GROSSE REDNERIN Rosa Luxemburg war bei politischen Kundgebungen wie dem Internationalen Sozialistenkongress in Stutt- gart 1907 sehr gefragt.
der Familienstrukturen und sogar der gesellschaftlichen Denkweise vor. Anders als Sozialisten, die auf schritt- weise Reformen innerhalb des kapi- talistischen Systems setzten, war sie überzeugt, dass eine sozialistische Ge- sellschaft nur durch eine revolutionä- re Massenbewegung erreicht werden könne. Dabei lehnte sie jedoch autori- täre Methoden und staatlichen Terror
nungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in dem die Bürokratie al- lein das tätige Element bleibt“, so Lu- xemburg. Für sie sollte die Revolution das Ergebnis der spontanen Initiative der Arbeiter sein, vor allem durch Streiks. Die „blutige Rosa“ Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Rosa Luxemburg durch ihre Schriften und ihr politisches Engagement zu einer promi- nenten Figur der sozialistischen Bewe- gung. 1905 reiste sie nach Polen, um die revolutionäre Bewegung zu unterstützen. Dort wurde sie verhaftet und mehrere Mo- nate lang eingesperrt. Auch in Deutsch- land sorgten ihre radikalen Positionen für heftige Kontroversen. Konservative und Nationalisten betrachteten die „blu- tige Rosa“ als gefährliche Umstürzlerin, selbst gemäßigte Sozialdemokraten sa- hen ihre revolutionären Ideen kritisch.
strikt ab. Für Luxemburg durfte die Revolution nicht die Demokratie zer- stören – im Gegenteil: Sie betrachtete umfassende demokratische Strukturen als grundlegende Voraussetzung für eine sozialistische Ordnung. Aus diesem Grund kritisierte sie die Politik Lenins und der Bolschewiki scharf. Sie warf ihnen vor, nach der Russischen Revolution von 1917 demo-
kratische Errungenschaften zu untergraben und eine Partei- diktatur zu errichten, anstatt eine sozialistische Demokratie auf der Basis aktiver Mitbestim- mung der Arbeiter zu schaffen. „Ist dem aber so, dann ist es klar, dass der Sozialismus sich seiner Natur nach nicht oktroyieren lässt, durch Ukasse einführen. […] Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Ver- sammlungsfreiheit, freien Mei-
WAHLPLAKAT des Spartakusbundes von 1920.
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