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Rasputin Prophezeiung von Russlands Ende Venusfiguren Rätsel um die üppigen Idole der Steinzeit Goethes Werther Wie ein Bestseller die Jugend bedrohte
Kleopatra Intrigen, Mord, Verführung: So kämpfte Ägyptens Königin um die Macht
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A ls letzte Herrscherdynastie verteidigten die griechisch-makedonischen Ptolemäer im ersten Jahrhundert v. Chr. die – wenigstens noch formelle – Unabhängigkeit Ägyptens von Rom, der Hegemonialmacht im Westen. Und sie kämpften untereinander. Verschwörung, Mord, Intrige waren Mittel der Wahl in der Familie Ptolemaios’ XII., um eigene Machtansprüche durchzusetzen. Es war Kleopatra, Ptolemaios’ zweitälteste Tochter, die nach dem Tod des Vaters schließlich die Geschwister besiegte und ihrem Land als letzte gottgleiche Pharaonin noch einmal knapp 20 Jahre der Unabhängigkeit sicherte, ehe Ägypten nach ihrem Tod als Provinz Aegyptus Teil des römischen Imperiums wurde. Wie sie das erreichte, wurde Stoff für Legenden. Erst Julius Cäsar, dann Marc Anton, die mächtigsten Männer Roms, wurden Kleopatras Liebhaber, Väter ihrer Kinder, Garanten ihrer Macht. Wie treffsicher die Königin die Persönlichkeiten beider Männer einschätzte und sich deren Einfluss zunutze machte, erzählt Holger Sonnabend, Professor für Alte Geschichte, ab Seite 32 in unserer Titelgeschichte. Der elegante Hals, der Kopfputz … Aber nein, das Bild oben zeigt keine Ägypterin. Mindestens 21 000 Jahre alt ist das elfenbeinerne Köpfchen der „Dame mit der Haube“. Es zählt zu den wenigen steinzeitlichen Venusfigurinen mit einem genauer ausgearbeiteten Gesicht. Lesen Sie die faszinierende Geschichte dieser uralten Kunstwerke ab Seite 90. Der sibirische Wunderheiler (oder, nach Ansicht seiner Feinde, Dämon) Rasputin, die Macht der Literatur und die Anfänge der Seidenstraße sind weitere Themen in dieser Ausgabe von NATIONAL GEOGRAPHIC HISTORY. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
CLAUDIA EILERS STELLVERTRETENDE CHEFREDAKTEURIN NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND
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3 EDITORIAL 6 MELDUNGEN Ein Kopf reist um die Welt Ein Secondhand-Fund aus Texas entpuppt sich als antikes Sammlerstück eines bayerischen Königs; neue Erkenntnisse über die Ernährung im Mittelalter; besaßen die Kreuzfahrer etwa Handgranaten? 10 WISSEN Flache Erde, flaches Denken Im Mittelalter glaubte man, die Erde sei flach und an ihren Rändern von Ungeheuern bevölkert? Zeit zum Umdenken: Die Geschichte ist eine Lüge aus dem 19. Jahrhundert. 14 ERFINDUNGEN Luftwaffe gegen Napoleon Franz Leppich war ein begnadeter Erfinder. Sein Plan, für Zar Alexander I. ein Luftschiff zu bauen, um 1812 Napoleons Grande Armée zu stoppen, ging nicht auf, verschaffte ihm aber Eingang in Tolstois „Krieg und Frieden“.
16 BIOGRAFIE Jugurtha kauft sich Rom Er war tapfer, charismatisch, Liebling seines Volks. Dann wurde der numi- dische Herrscher Jugurtha zum Mörder, der sich die Nachsicht Roms kaufen konnte. Sein Name bleibt verbunden mit der inneren Krise Roms am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. 20 TIERE Zum Teufel mit der Schlange Klüger als alle Tiere des Feldes sei die Schlange, heißt es in der Bibel. Sie verführte zwar Eva, vom Baum der Erkenntnis zu essen, doch blieb zugleich ein mächtiges Symbol der Heilung. Wie wurde die Schlange zur Verkörperung des Bösen? 106 BÜCHER UND TERMINE 112 IMPRESSUM 113 MITARBEITER DIESER AUSGABE 114 VORSCHAU
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32 KLEOPATRAS GEWAGTES SPIEL POLITIK MIT ALLEN MITTELN Berühmt wurde Kleopatra für ihre Liebesbeziehungen mit Cäsar und Marc Anton, zwei Männern, die zu den mächtigsten ihrer Zeit zählten. War die Königin eine femme fatale , eine große Verführerin? Ja – wenn es ihren Zwecken diente, urteilen heutige Historiker. Vor allem aber war sie eine brillante Strategin, die Ägypten die letzten Jahre der Unabhängigkeit sicherte, ehe es als Provinz Teil des Imperium Romanum wurde. VERHÄNGNISVOLLE AFFÄRE? In Rom misstraute man der ägyptischen Königin, die den mächtigen Cäsar für sich gewann.
24 Goethes „Werther“ , ein unheimlicher Erfolg 1 774 erschien Goethes erster Roman. „Die Leiden des jungen Werther“ traf den Nerv einer empfindsamen Gesellschaft und wurde zum ersten Bestseller der jüngeren Geschichte. Doch der Erfolg hatte eine finstere Begleiterscheinung. 46 Die Seidenstraße und das Alte China B ereits die antiken Römer besaßen eine vage Vorstellung von einem Reich im Fernen Osten. Über gefährliche Handelswege gelangten Waren, darunter die begehrte Seide, aus China in den Westen. Es war der Beginn des heutigen globalen Handelsnetzes „Seidenstraße“. 60 Rasputin, Schatten hinter Russlands Zaren D en einen galt er als Gottesmann und Wunderheiler, für die anderen war er ein sexbesessener Dämon mit gefährlichem Einfluss auf die Zarenfamilie. Die Geschichte des Grigorij Jefimowitsch Rasputin. 78 Singen von der Liebe, singen vom Krieg Im frühen 12. Jahrhundert erblühte in Okzitanien die Kultur der Troubadoure. Ihre Dichtkunst verbreitete sich weit über Frankreich hinaus und wurde im deutschsprachigen Raum zum Minnesang. 90 Die rätselhafte Macht der Steinzeitvenus B is zu 35 000 Jahre alt sind die Figuren, nur wenige Zentimeter groß, aber in ihren anatomischen Details unverkennbar weiblich. Was erzählen uns die Venusstatuetten über unsere Vorfahren aus der Steinzeit?
MACHT UND PRACHT des Zarenreichs verkörpert Russlands Krone. Wenige Wochen vor seiner Ermordung prophezeite Rasputin den Untergang der ganzen Zarenfamilie.
INHALT 5
ME LDUNGEN
KÖNIGLICHE VILLA Das Pompejanum König Ludwigs I. wurde im Frühjahr 1945 teilweise zer- stört, einige Stücke der Sammlung ver- schwanden. Heute ist es wieder als Museum zugänglich. POMPEJI IN UNTER- FRANKEN Inspiriert von den Aus grabungen in Pompeji, ließ der antikenbegeis terte bayerische König Ludwig I. zwischen 1840 und 1848 in Aschaffen burg das sogenannte Pompejanum als ideal typische römische Villa errichten und mit Kunstwerken aus seiner Sammlung ausstatten – darunter die jetzt aufge fundene Büste. Während des Zweiten Weltkriegs stark in Mitleidenschaft gezogen, begann ab 1960 die Restaurierung. Seit 1994 stellen die Münchner Glyptothek und die Staatliche Anti kensammlung Original werke aus der Römerzeit im Pompejanum aus.
Ein Römer reist um die Welt In einem Secondhandshop kaufte eine Amerikanerin eine Büste. Es stellte sich heraus, dass ihr Schnäppchen ein römisches Original ist. Nun soll es nach Bayern kommen. ANTIQUITÄTEN
L aura Young stöberte im Jahr 2018 in einem Ge- brauchtwarenladen in Austin, Texas, als ihr Blick auf einen Marmorkopf fiel. Auf der Wange klebte ein Preisschild – 34,99 Dollar sollte das Stück kosten, etwa 33 Euro. „Als ich sie im Laden sah, nahm ich an, dass es sich um eine antike Marmorskulp- tur handelte“, erzählt Laura Young, von Beruf Antiquitä- tenhändlerin. Sie kaufte die
die Büste in einem alten Muse- umskatalog des Pompejanum im fränkischen Aschaffen- burg (s. Kasten links). Römer aus Franken Ein Sechser im Lotto für Laura Young? Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Flohmarktschnäppchen als wertvolle Antiquität ent- puppt. Doch wie war das an- tike römische Kunstwerk aus Bayern in einen texanischen
Büste. „Als ich sie zum Auto brachte und im Sonnenlicht sah, dachte ich, sie könnte rö- misch sein.“ Eine Internet-Recherche zu Hause verstärkte ihren Verdacht. Sie kontaktierte das Kunstauktionshaus Bonhams in London, das ihre Annah- men bekräftigte und den Kopf auf ein Alter von ungefähr 2000 Jahren schätzte. Ein Experte von Sotheby’s recher- chierte weiter und entdeckte
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Secondhandshop gekom- men? Die Antwort: mögli- cherweise als Kriegsbeute. Als amerikanische Truppen im Frühjahr 1945 Aschaffen- burg einnahmen, wurden Teile des Pompejanum und seiner Sammlung zerstört; Soldaten könnten einige Stü- cke entwendet haben. Stephennie Mulder, Profes- sorin für Kunstgeschichte in Austin,vermutet,dassdienun aufgefundene Büste dazuge- hörte. Entweder habe „ein US-Soldat sie selber geplün- dert oder sie von jemandem erworben, der das Objekt ge- plündert hat“. So könnte der Kopf in die USA gelangt sein. Da das Pompejanum die Büste nie offiziell veräußert hatte, war Young auch nicht die rechtmäßige Besitzerin und durfte ihr Schnäppchen
weder verkaufen noch be- halten. Nun wird die Büste zunächst im texanischen San Antonio Museum of Art ausgestellt. Im kommenden Jahr wird sie ins Pompejanum zurückkehren. Derzeit kursieren zwei Ver- mutungen zur Identität des Porträtierten: Es könnte sich um den Sohn des Pompeius Magnus handeln, einst Gegen- spieler Cäsars – oder um den Feldherrn Drusus Germanicus (38–9 v. Chr.). Will Laura Young den etwas mürrisch blicken- den Römer wiedersehen? „Mein Mann reist gelegentlich beruflich nach Europa“, sagt sie, „daher planen wir bereits einen Abstecher nach Deutschland. Wir haben schon mehrere Einladungen nach Aschaffenburg erhalten.“ ALEXANDER MÜLLER
DIE TEXANERIN UND DER RÖMER Laura Young mit der le- bensgroßen Porträtbüste aus dem Secondhandshop .
FORSCHUNG
Gemüse für den König Neue Analysen zeigen, dass die angelsächsischen Edelleute weniger Fleisch aßen als bisher angenommen
D ie Elite genießt Fleisch im Überfluss – die Bau- ern ernähren sich von Getreidebrei – diese Vorstel- lung vom Leben im Mittelalter ist weitverbreitet. Dass dies zumindest nicht immer und überall zutraf, konnten die Bioarchäologin Sam Legett von der University of Edin burgh und der Historiker Tom Lambert von der University of Cambridge durch Kno chenanalyse nachweisen. Sie untersuchten mittelalterliche Knochen von 300 Personen
und griffen auf bereits vorlie- gende Daten von 1700 weite- ren Individuen aus englischen Gräbern aus dem 5. bis 11. Jahr- hundert zurück. Das Ergebnis: Sowohl die Isotopenzusam- mensetzung in den Skeletten aus den reich ausgestatten Ruhestätten als auch die aus den ärmeren deutete nicht da- rauf hin, dass die eine Gruppe mehr tierische Proteine zu sich nahm als die andere. Auch zwischen den Geschlechtern gab es keine großen Unter- schiede; diese hingen eher
vonFaktorenwiebeispielswei se der Umwelt ab. Überlieferte angelsächsische Listen aus dem 7. und 8. Jahrhundert mit recht hohen Fleischabgaben waren also wahrscheinlich eher für ein besonderes Fest- mahl denn als regelmäßige Abgabe gedacht. AM
TAFELFREUDEN Selbst beim Adel kam Fleisch im frühen Mittel- alter wohl nur zu hohen Anlässen auf den Tisch. Basis der Ernährung war Getreide – über alle Stan- desgrenzen hinweg.
MELDUNGEN 7
ME LDUNGEN
Explosive Erkenntnisse Gab es zur Zeit der Kreuzritter bereits Granaten? Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat Anhaltspunkte für diese Theorie gefunden. SENSATION
O ben kugelig und eine sich nach unten hin verjüngende Form: Solche auch als „sphero-ko- nische Gefäße“ bezeichneten Objekten waren im Nahen Osten zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert wohl weit- verbreitet – das zumindest legen zahlreiche archäologi- schen Funde von Ägypten bis nach Zentralasien nahe. Dass die Gefäße unter Umständen nicht nur als profane Aufbe- wahrungsbehälter fungier- ten, konnte Carney Matheson von der Griffith University im australischen Brisbane jüngst zusammen mit anderen For- schern zeigen. Sie untersuchten die In- nenseite von vier Scherben der Gefäße, die man in Jeru- salem ausgegraben hatte und die rund 900 Jahre alt sind. Damit fallen sie in die Zeit der Kreuzzüge gegen die muslimi- sche Herrschaft (Anfang 11. bis Ende 13. Jahrhundert) und sollen von Mamluken stam- men – damals Sklaven, die im Dienst islamischer Herrscher standen und für diese in den Krieg zogen. In drei Fällen wiesen die Rückstände auf alltägliche Inhalte hin: Öle, Duftstoffe, Medizinprodukte. Beim vier ten Fragment fanden die Wis- senschaftler jedoch unter an- derem Spuren von Schwefel, Quecksilber, Magnesium und Phosphor. Daraus schlossen sie, dass in dem Behältnis ent-
MIT GRANATEN ins Heilige Land? Neue Funde lassen vermuten, dass die Ritter nicht nur Mann gegen Mann kämpften.
Sprengwaffe erforderlichen Druckaufbau vor der Detonati- on standgehalten. Auch Form und Gewicht sprächen dafür, ebenso wie die Tatsache, dass man die Scherbe innerhalb einer Trümmerschicht aus- gegraben hat. Es ist denkbar, dass man die Granate bei der Zerstörung des königlichen Palastes gezündet hat. Laut Matheson und Kollegen gibt es beispielsweise in dem Werk „Libellus de expugnatione Ter- rae Sanctae per Saladinum“, welches die Eroberungen Saladins zwischen 1186 und 1191 beschreibt, einen Hinweis
darauf: Die Truppen des Sul- tans sollen bei der Belagerung Jerusalems im Jahr 1187 Waf- fen verwendet haben, die von ihrer Wirkungsweise her Gra- naten ähnelten. Auch andere Quellen berichten von lauten Geräuschen und grellem Licht beim Einsatz solcher Waffen. Künftige Analysen der Rückstände in sphero-koni- schen Gefäßen von anderen Ausgrabungsorten aus diesem Zeitraum könnten diese The- se untermauern und die viel- fältigen Funktionen dieser Keramiken offenbaren. ALEXANDER MÜLLER
weder verschiedene Chemi- kalien gelagert worden waren – oder dass das Gefäß selbst ei- ne Waffe, eine Art mittelalter- liche Granate, gewesen war.
Gefährliche Inhaltsstoffe
Tatsächlich kam Schwefel be- reits in der Antike als Kampf- mittel zum Einsatz; auch Quecksilber war zu dieser Zeit für seine explosive Wirkung bekannt. Für diese Theorie spricht außerdem, dass das Gefäß nicht verziert und sehr dickwandig war. So hätte es hypothetisch dem für eine
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WI S S EN MYTHENBILDUNG
AUSBLICK Der „christliche Missionar“ blickt über den Rand der Erde hinaus, die als flache, vom Himmelsgewöl- be überdachte Fläche dargestellt wird. Kupferstich aus dem Jahr 1888
Die Legende der mittelalterlichen Flat-Earther Glaubte man im „finsteren“ Mittelalter tatsächlich, die Erde sei flach? Mit dieser Vorstellung sitzen wir einer These auf, die erst im 19. Jahrhundert entstand. Die Geschichte einer Lüge.
I m Jahr 1919 erfuhren Schü ler in den Vereinigten Staa ten aus ihren Geschichts büchern Folgendes: „Zur Zeit des Kolumbus glaub ten die Menschen, dass die Erde flach und der Atlanti sche Ozean von Ungeheuern bevölkert sei […]. Kolumbus musste gegen diese Überzeu gungen ankämpfen, denn er war sich sicher, dass die Erde eine Kugel ist.“ Die Vorstellung, dass das Mittelalter eine Zeit der kultu rellen Rückständigkeit war, die erst mit den Helden der Neuzeit zu Ende ging, hält sich bis heute. Noch in den 1980er- Jahren wurde sie in amerika nischen Lehrbüchern vertre ten. Ein zur selben Zeit sehr
populäres Werk von Daniel Boorstin, „The Discoverers“, widmete ein ganzes Kapitel der „Rückkehr der flachen Er de“ im Mittelalter. Griechenlands Erbe Dabei war die Kugelform der Erde für die Menschen des Mittelalters kein Geheimnis. Kolumbus musste seine Reise pläne zwar gegen Widerstän de durchsetzen, doch keiner seiner Gegner glaubte an eine flache Erde. Wie entstand die se falsche Vorstellung? Wir wissen, dass es in der Antike keine Zweifel an der Kugelgestalt unseres Plane ten gab. Bereits im 4. Jahr hundert v. Chr. wurde die Idee einer flachen Erde aufgrund
empirischer Beweise verwor fen. Man hatte beobachtet, dass sich das Firmament verändert und neue Sterne erscheinen, wenn sich der Mensch über die Erdoberflä che bewegt. Im Mittelalter galt Aristoteles als unbestrit tene Autorität, in seiner Nach- folge ebenso der Mathemati ker, Geograf und Astronom Claudius Ptolemäus, der im 2. Jahrhundert in Alexandria lebte. Beide gingen von ei ner kugelförmigen Erde aus. Spätere christliche Autoren wie der heilige Augustinus im 5. Jahrhundert, Isidor von Se villa und Beda Venerabilis im 7./8. sowie Thomas von Aquin im 13. Jahrhundert, folgten dieser Auffassung.
Richtig ist, dass ein paar Autoren von dieser Linie ab wichen. Zu diesen Ausnah men zählte Lucius Lactanti us, einer der Kirchväter, der zu Beginn des 4. Jahrhunderts über die Vorstellung von An tipoden, die Bewohner der südlichen Hemisphäre, spot tete, man müsse sich wohl Menschen vorstellen, die „mit den Füßen in der Luft und mit dem Kopf darunter gehen“. Im 6. Jahrhundert unternahm derSyrerKosmasIndikopleus-
KOPERNIKUS’ ARGUMENT KOPERNIKUS schrieb, es sei bekannt, „dass Lactantius, üb- rigens ein berühmter Schriftsteller, aber ein schwacher Mathematiker, sehr kindisch über die Form der Erde spricht, indem er Diejenigen verspottet, die gesagt haben, die Erde habe die Gestalt einer Kugel“. Er wollte ausdrücken, dass diejenigen, die seine heliozentrische Theorie ablehnten, ebenso rückständig waren wie seinerzeit Lactantius.
NIKOLAUS KOPERNIKUS (1473–1543)
LOOK AND LEARN / BRIDGEMAN / ACI
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KOSMAS INDIKOPLEUSTES’ Vorstellung von der Erde beruhte auf der wörtlichen Auslegung von Bibelstellen wie dieser aus der Offenba- rung: „Danach sah ich: Vier Engel standen an den vier Ecken der Erde. Sie hielten die vier Winde der Erde fest […].“ Dem entsprach die Darstellung auf der unten abgebildeten Karte. FLACH UND ECKIG
Vergessenheit geriet (sein auf Griechisch verfasstes Werk wurde erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckt). Im 16. und 17. Jahrhundert verwarfen Geografen und Astronomen bereits zahlreiche mittelalter- liche Vorstellungen, um ein neues Welt- und Menschen- bild zu erschaffen; es war der Anbruch der Renaissance. Im Mittelpunkt der damaligen geografischen bzw. astrono- mischen Kontroverse stand vielmehr die Lage der Erde im
tes eine Widerlegung der Kos- mologie des Ptolemäus auf Grundlage einer wörtlichen Auslegung der Bibel. Seiner Auffassung nach war die Erde nicht nur flach, sondern hatte auch die rechteckige Form der Laubhütte, die zur Zeit Moses’ die Bundeslade der Israeliten beherbergte. Allerdings han- delte es sich dabei um isolierte Ansätze, die nicht einmal zu ihrer Zeit großen Einfluss be- saßen. Insbesondere galt dies für Kosmas, der bald völlig in
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CHRISTOPH KOLUMBUS vor den Mitgliedern der Kommission in Salamanca im Jahr 1486 (Kupferstich, 20. Jahrhundert).
Universum, nicht die Frage ih- rer Gestalt. Die Kirche klagte Galileo Galilei der Ketzerei an, weil er erklärte, die Erde bewe- ge sich um die Sonne. Damit bestritt er das ptolemäische Weltbild, dem die Lehre der
Hernando de Talavera seine Reisepläne unterbreitet. Ir- ving zufolge berief sich die Versammlung auf die Auto- rität der Bibel, um Kolumbus zu widerlegen. Die Erde sei keine Kugel, behaupteten die Gelehrten. „Sie argumentier- ten, dass in den Psalmen ge- sagt wird, der Himmel sei wie ein Fell ausgebreitet, also wie die Decke eines Zeltes; und sie fügten hinzu, dass der hei- lige Paulus den Himmel mit einem Tabernakel vergleicht, woraus sie schlossen, dass er flach sein müsse.“ Kolumbus, ein aufrichti- ger Christ, habe befürchten müssen, nicht eines Irrtums,
Kirche folgte: Die Erde sei eine unbewegliche Kugel, die von anderen kugelförmigen Him- melskörpern umkreist werde. Als ab 1700 die Philosophen der Aufklärung damit began- nen, Vernunft und Fortschritt anstelle des (Aber-)Glaubens zu setzen, rückte allmählich auch die Inquisition vom Kampf gegen naturwissen- schaftliche Erkenntnisse ab.
Die Vorstellung von mittel- alterlichen flat-earthers ent- stand im 19. Jahrhundert. Der amerikanische Schriftsteller Washington Irving schilderte in seiner 1828 veröffentlich- ten Kolumbus-Biografie auf dramatische Weise die Ver- sammlung von Salamanca, auf der Kolumbus den spani- schen Gelehrten unter Vorsitz des Theologen und Politikers
Washington Irving räumte später ein, dass er bei seiner Darstellung übertrieben habe.
LOOK AND LEARN / BRIDGEMAN / ACI WASHINGTON IRVING (1783–1859), Porträt.
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DIESE WELTKARTE wurde 1893 von Orlando Ferguson entworfen. Der amerikanische Unternehmer stützte sich auf eine wörtliche Auslegung der Bibel, die er mit der modernen Wissenschaft in Einklang bringen wollte. Ferguson hatte außerdem Zweifel an der Gravitationskraft.
sondern sogar der Häresie angeklagt zu werden. Tat- sächlich hatte sich Irving eine dialektische Auseinanderset- zung vorgestellt, die in dieser Form nie stattgefunden hat. Die Mitglieder der Kommis- sion waren sich der Tatsache bewusst, dass die Erde eine Kugel ist; sie kannten sogar ihre ungefähren Abmessun- gen. Tatsächlich argumen- tierten sie, dass Asien, das Ziel der geplanten Reise des Ko- lumbus, zu weit entfernt war, um eine Reise ohne Etappen zu unternehmen. Zu keinem Zeitpunkt stützten sie ihren Widerstand gegen die Reise auf die Autorität der Bibel.
„die Theorie der flachen Erde bis zur Zeit von Kolumbus und Magellan und auch danach vorherrschte“. 1876 erklärte der amerikanische Chemiker John William Draper in sei- nem Werk „The History of the Conflict between Religion and Science“: „Das große Problem der Form der Erde wurde von drei Seefahrern gelöst: Ko- lumbus, Da Gama und Magel- lan.“ Und 1894 argumentierte der Historiker Andrew White: „Selbst nachdem die Reise von Kolumbus die Idee der Kugelgestalt der Erde gestärkt hatte, war die Kirche weiter- hin davon überzeugt, dass die Erde eine flache Scheibe sei.“
Zur Erhärtung der These verwies man ausgerechnet auf Lactantius und Kosmas Indikopleustes, die als völlig repräsentativ für die vorherr- schenden Ideen des Mittelal- ters erachtet wurden. So trug die Idee, dass die Menschen des Mittelalters an eine flache Erde glaubten, zur verbreiteten Vorstellung vom finsteren Mittelalter bei. Zu Unrecht, denn bereits damals war die Erde rund.
Doch Irvings Buch war ein enormer Erfolg, obwohl schon damalige Historiker erklärten, dass es sich bei der Szene in Salamanca um ein Hirnge- spinst handelte. Irving selbst räumte ein, dass nur eine Min- derheit der Kirchenvertreter der Meinung gewesen war,
dass die Erde flach sei. Erfolg einer Lüge
Nachem Irving den Anfang gemacht hatte, verfolgten und erweiterten allerdings weitere Autoren die Annah- me der mittelalterlichen „Scheibenerde“. 1834 schrieb der französische Hellenist Jean-Antoine Letronne, dass
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FLACHE ERDE 13
ERFINDUNGEN LUF TWAF F E
Ein Luftschiff gegen Napoleons Grande Armée Im Jahr 1812 unterbreitete ein deutscher Ingenieur der russischen Regierung ein unerhörtes Projekt: Ein Luftschiffbomber sollte Napoleons Invasion stoppen.
KAMPF UM DEN ERDBALL. Englische Karikatur aus dem Jahr 1784 (British Library).
E s war eine Sensation, deren Kunde sich schon bald wie ein Lauffeuer verbreitete: Im Juni 1783 gelang es den Brüdern Jo- seph Michel und Jacques Éti- enne Montgolfier zum ersten Mal, einen Heißluftballon aufsteigen zu lassen. Die Ära der Luftfahrt war damit eingeläutet. Schon bald interessierte sich das Militär für das Potenzial der neuen Erfindung. Tatsächlich setzte man bereits wäh- rend der Koalitionskriege (1792–1815) zwischen Frankreich und weiteren eu- ropäischen Nationen Fesselballons zur Aufklärung ein. Damit schienen die Möglichkeiten längst nicht ausgeschöpft.
Besonders ein junger deutscher Erfinder namens Franz Xaver Leppich hatte im Wortsinn hochfliegende Pläne: Zunächst bot er Napoleon seine Pläne zum Bau eines Ballons an. Aus der Luft solle der „eine ganze Armee vernichten“ können. Versehe man Ballons (die nicht gegen den Wind fliegen können) nämlich mit Flügeln, dann wären sie in jede Richtung navigierbar. Napoleon lehnte ab, verbot die Experimente, drohte Leppich gar mit Verhaftung. Der floh zu Friedrich I. von Württemberg und unterbreitete auch diesem den Plan. Der König zögerte – gewährte dem deutschen Erfinder aber dann einen Zuschuss. Verlockendes Angebot Leppich tüftelte an Konstruktionsplänen für sein Luftschiff, als ihm Anfang 1812 David Alopeus, der russische Botschafter in Stuttgart, anbot, in seinem Land zu arbeiten. In einem Brief an Zar Alexan- der I. beschrieb Alopeus detailliert ein Gefährt „in Form eines Wals“. Es sollte „40 Männer mit 12 000 Sprengladungen“ zur Bombardierung feindlicher Stellun- gen befördern können. Weiter hieß es, dass das Luftschiff eine Überfahrt von Stuttgart nach London in unglaublichen 13 Stunden bewältigen würde. IN DER SCHLACHT VON FLEURUS (1794) kam dieser Fesselballon zur Aufklärung zum Einsatz (Gravierung).
Zu dieser Zeit stand Napoleon kurz vor seiner Offensive gegen Russland; jede Idee zur Vertei- digung war willkommen. Am 26. April genehmigte der Zar Lep- pichs Projekt und ließ eine Werkstatt in einem Dorf nahe Moskau einrich- ten. Unter dem Decknamen „Schmidt“ überwachte Leppich hier vorgeblich die Produktion von Artilleriemunition. Der Governeur Fjodor Rostoptschin stellte ihm derweil alle notwendigen Mittel zur Verfügung, darunter große Mengen an Stoff, Schwefelsäure, Schmirgelpulver und weitere Waren für die astronomische Summe von 120 000 Rubel. Im Juli ar- beiteten bereits rund 100 Beschäftigte in 17-Stunden-Schichten vor Ort. Leppich versicherte Rostoptschin, dass das Geld gut angelegt und die Flug- maschine bis zum 15. August fertig sei; im Herbst würden ganze Geschwader am Himmel über Moskau fliegen! Am 15. Juli besuchte Zar Alexander selbst die Werkstatt und ließ sich verschiedene Tei- le des Flugapparats zeigen, darunter die Tragflächen und eine große Gondel von 15 Meter Länge und acht Meter Breite. Der Kaiser informierte umgehend sei- nen Oberbefehlshaber Michail Kutusow über die Geheimwaffe und wies ihn und Leppich an, ihr Vorgehen bei der bevor- stehenden Luftoffensive gegen die Fran- zosen zu koordinieren.
BRIDGEMAN / ACI
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REKONSTRUKTION VON LEPPICHS LUFTSCHIFF DATEN : • Länge: 55–60 Meter • Breite: 16 Meter • Besatzung: bis zu 40 Mann • Gewicht: bis zu 5 Tonnen
Der 15. August kam und ging – ergeb- nislos. Zu diesem Zeitpunkt war der Angriff der Franzosen bereits in vollem Gange. Rostoptschin misstraute Leppich mittlerweile und drang auf Ergebnisse. Der Tüftler versprach, die Maschine bis zum 27. August zu liefern. Als er auch den Termin nicht einhielt, bezeichnete ihn der Gouverneur in einem Brief an Alexan- der als „verrückten Scharlatan“. Technisches Fiasko Angesichts des Vormarschs der Franzosen brachte man das Inventar der Werkstatt in die rund 400 Kilometer östlich gelegene Stadt Nischni Nowgorod und schickte Leppich nach Sankt Petersburg zurück. Nach der Besetzung Moskaus erreichten
Napoleon Gerüchte über den Flugappa- rat. Er ordnete eine Untersuchung an und erfuhr, dass gewisse Arbeiten „von einem Engländer, der sich Schmidt nennt und behauptet, Deutscher zu sein“, durchge- führt worden seien. Ziel sei es angeblich gewesen, Moskau zu zerstören, ehe die Franzosen die Stadt einnahmen. In der nahe Sankt Petersburg gelegenen Stadt Oranienbaum (heute Lomonossow) setzte Leppich seine Experimente fort. Im November 1812 stürzte sein erster Ballon- prototyp in sich zusammen, nachdem er den Hangar verlassen hatte. Im September 1813 stellte er einen Flugapparat fertig, der etwa zwölf Meter aufsteigen konnte – eine Höhe, die nichts mit seinen ursprüngli- chen Versprechungen zu tun hatte. Einen
Monat später untersuchte General Alexei Araktschejew die Sache. Sein Urteil: Lep- pich sei „ein kompletter Scharlatan, der nicht die geringste Ahnung von den Re- geln der Mechanik und dem Gesetz der Hebelwirkung hat“. In Ungnade gefallen, verließ Leppich Russland im Februar 1814. Die 250 000 Rubel, die der Zar in das Projekt investiert hatte, erwiesen sich als Fehlinvestition.
ALEXANDER MIKABERIDZE
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BÜCHER 1812: Napoleons Feldzug in Russland Adam Zamoyski. C. H. Beck, 2012 Krieg und Frieden Lew Tolstoi (Übers.: Barbara Conrad). dtv, 2011
LUFTSCHIFF 15
BIOGRAFIE J UGURTHA
Ein König aus Afrika, der sich Rom kaufte
Alles eine Frage des Geldes: Aufstieg und Fall des numidischen Herrschers Jugurtha gelten als Lehrstück über die Korruptheit der römischen Oberschicht.
D er erste Auftritt des Jugurtha auf der politischen Weltbüh- ne beginnt mit einer brutalen Eroberung. Die Stadt Numan- tia in Nordspanien war im Jahr 134 v. Chr. ein Zentrum des Wider- stands der Keltiberer gegen die Römer. Jugurtha, ein afrikanischer Prinz aus dem römischen Vasallenkönigreich Numidi- en, unterstützte den römischen Feldherrn Scipio Aemilianus dabei, den Widerstand zu brechen. Die Truppen gingen grausam vor, hungerten die Stadt im Lauf eines harten Winters aus. Die Menschen in der Stadt sollen so verzweifelt gewesen sein, dass sie sich massenhaft umbrachten, nur um der römischen Sklaverei zu entgehen. Ob diese Berichte im Detail stimmen, wissen wir nicht. Sicher ist aber, dass Ju- gurtha in Numantia gelernt hat, wie ent- schlossen die Römer vorgingen, um ihre Machtansprüche durchzusetzen. Scipio war sehr zufrieden mit der Un- terstützung durch den afrikanischen Prinzen; nach dem Sieg soll er ihm einen Rat mit auf den Weg gegeben haben: „Jugurtha, mein Sohn, wenn du dich so verhältst, wie du es bisher getan hast, wirst
du den Ruhm und das Reich deines Groß- vaters zu gegebener Zeit erhalten; aber sei nicht zu voreilig, denn übermäßiger Mut endet in Unbesonnenheit.“ Scipio fügte eine Mahnung hinzu, die sich wie eine Vorausahnung des späteren Weges Jugurthas liest, der eng mit den römischen Herrscherkreisen verknüpft war und schließlich zu seinem Untergang führte. „Gib Acht“, soll Scipio gesagt ha- ben, „dass du die Freundschaft Roms pflegst, aber zeige dich nicht zu großzü- gig gegenüber bestimmten Römern, die zu sehr auf Reichtum aus sind, denn dein Geld wird sie schließlich verderben, und das wird dein eigenes Verderben sein.“ Ein populärer Prinz Jugurtha war ein Enkel des mächtigen numidischen Königs Masinissa, der die Römer Jahrzehnte zuvor im Kampf gegen Karthago unterstützt hatte. Allerdings stammte sein Vater nicht von der Haupt- frau des Herrschers ab, sondern von ei- ner Konkubine. Trotz seiner unehelichen Geburt holte sein Onkel Micipsa, nach dem Tod Masinissas neuer König von Numidien, Jugurtha an seinenHof und ließ ihn dort ausbilden. Der junge Prinz liebte es offenbar, zu Pferd nach wilden
Roms Verbündeter und Feind
134 v. Chr. Jugurtha nimmt mit
105 v. Chr. Gaius Marius und Sulla nehmen Jugurtha ge- fangen und bringen ihn nach Rom, wo er 104 v. Chr. im Gefängnis stirbt. erobert Cirta, ermordet Adherbal und alle Män- ner der Stadt. 112 v. Chr. Jugurtha strebt nach der alleinigen Macht, der Hilfe bei den Rö- mern sucht. Numidien wird geteilt. 116 v. Chr. Machtkampf zwischen Jugurtha und Adherbal, 118 v. Chr. Micipsa, König von Nu- midien, stirbt. Jugurtha erbt gemeinsam mit seinen Cousins Hiempsal und Adherbal den Thron. Scipio Aemilianus an der Belagerung von Numan- tia teil und gewinnt den Respekt der Römer.
Jugurtha war als erfahrener Reiter bekannt, der gerne wilde Tiere jagte.
NUMIDISCHE MÜNZE MIT DEM BILDNIS DES JUGURTHA (NATIONALBIBLIOTHEK, PARIS).
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rechtmäßigen Thronfolger Adherbal schützen und den zuvor verübten Mord an Hiempsal nicht tolerieren dürfen. Was war der Grund für diese Zurückhaltung? Der römische Historiker und Politiker Sallust mutmaßte später, dass Jugurtha Mitglieder des Senats bestochen hatte. Dafür spricht, dass Adherbal, der 116 v. Chr. nach Rom reiste und im Senat Jugurtha beschuldigte, in Wirklichkeit kein „Held von Numantia“ zu sein, son- dern ein Verräter, der kaltblütig seinen Bruder ermorden ließ, auf wenig Interesse stieß. Der Senat entschied sich für eine SALLUST (ca. 86–35 v. Chr.) schildert den Konflikt zwischen Numidien und Rom in seiner Monografie „Bellum Iugurthinum“ (Der Jugurthinische Krieg). Darin inszeniert er den numi- dischen König Jugurtha als Indikator für die Missstände der römischen Ge- sellschaft zur Zeit der Krise am Ende der Republik. Sallust zufolge fügte Jugurtha Rom einen bleibenden, da moralischen Schaden zu: Weit ver- breitete Korruption, hemmungslose Habgier und die Arroganz derer, die sich einer höheren Schicht zugehörig fühlten, beschreibt Sallust als We- senszüge einer machtberauschten Aristokratie, die Jugurtha erkannt und zu seinem Vorteil genutzt hätte. EINE KORRUPTE REPUBLIK FELDHERR GAIUS MARIUS PRÄSENTIERT JUGURTHA WÄHREND SEINES TRIUMPHZUGS IN ROM (METROPOLITAN MUSEUM, NEW YORK).
dass das Königreich nach seinem Tod in drei Teile aufgeteilt werden sollte. Nicht nur seine beiden Söhne Hiempsal und Adherbal sollten ihm nachfolgen, sondern auch Jugurtha. Micipsa starb 118 v. Chr. Ein erbitterter Nachfolgestreit begann, bei dem insbesondere Jugurtha skru- pellos vorging. Im Jahr 117 v. Chr. ließ er Hiempsal in dessen Haus ermorden. Ad- herbal, den er ebenfalls beseitigen wollte, konnte rechtzeitig fliehen. Rom, eigent- lich an stabilen Verhältnissen interessiert, verhielt sich auffallend zurückhaltend. Als Schutzmacht hätte die Republik den
Tieren zu jagen. Der junge Mann galt als sehr beliebt im Volk. Aus Sorge wegen die- ser wachsenden Popularität hatte Micipsa seinen Neffen 134 v. Chr. nach Numantia geschickt, doch Jugurthas dortiger Erfolg steigerte nur seinen Ruhm. Scipio lobte seine Tapferkeit sogar ausdrücklich in einem Brief, den er dem Prinzen in die Heimat mitgab. Es war die erste römische Unterstützung für Jugurtha; ein Signal an Micipsa – und eine Art Eintrittskarte in die Welt der römischen Eliten. Micipsa beschloss, Jugurtha in sein Testament aufzunehmen. Er verfügte,
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BIOGRAFIE J UGURTHA
diplomatische Lösung – von der gefor- derten Bestrafung keine Spur. Eine Kom- mission reiste nach Afrika und schlug vor, das Reich in zwei Teile zu teilen. Ein Erfolg für Jugurtha. Doch der ehrgeizige Herrscher war längst nicht zufrieden, sondern strebte nach der Macht über ganz Numidien. Vor allem versuchte er, die alte Hauptstadt GUERILLAKRIEG GEGEN ROM DAS KÖNIGREICH NUMIDIEN war in zwei unterschiedliche Regionen unterteilt. In der Richtung Meer gelegenen, vorwiegend landwirt- schaftlich genutzten Ebene konnten die Römer dank ihrer taktischen Ordnung viele Siege erringen. Die Berge hingegen dienten Jugurtha immer wieder als Rückzugsort, wo er seine Guerillataktik zum Einsatz bringen konnte. Zog das römische Heer durch das unwegsame Ge- lände, griff er es meist aus dem Hinterhalt an. Er nutzte dabei das Können seiner schnellen Reiter, die gezielt Chaos in den gegnerischen Reihen verursachten. Es gibt auch vereinzelt Berichte, Jugurtha ha- be hin und wieder auch Elefanten eingesetzt, um Verwirrung unter den Römern zu stiften. NUMIDISCHE REITER AUF EINEM FRAGMENT DER TRAJANSSÄULE.
Cirta, Adherbals Herrschersitz und wich- tigstes Handelszentrum der Römer, unter seine Kontrolle zu bekommen. Adherbal wandte sich erneut an die Römer. Ohne Erfolg. Laut Sallust hatte Jugurtha genü- gend Unterstützer im Senat gekauft, die ein Einschreiten verhinderten. Es handle sich schließlich um eine interne numidi- sche Angelegenheit, so der Tenor. Im Jahr
112 v. Chr. spitzte sich die Situation zu. Adherbal hatte sich zu diesem Zeitpunkt hinter den Mauern von Cirta verbarrika- diert. Jugurtha suchte die Entscheidung, belagerte die Stadt und eroberte sie mit ähnlicher Brutalität, wie er sie einst von den Römern in Numantia gelernt hatte. Er ließ nicht nur Adherbal foltern und hinrichten, sondern auch fast die gesam- te männliche Bevölkerung. Krieg gegen Rom Doch diesmal war er zu weit gegangen. In Cirta lebten nämlich viele römische und italische Kaufleute, die dort vor allem mit Getreidehandel Geld verdienten – viele von ihnen starben. Der Senat konnte nun nicht mehr untätig bleiben, zumal Ju- gurtha auch Vermittlungsversuche einer Senatsdelegation vor dem Sturm der Stadt behindert hatte. Selbst deren Mitglieder hatte er mit Geld ruhig gestellt. Als in Rom bekannt wurde, dass Jugurtha römische
PURE VERACHTUNG NACH DEM MASSAKER von Cirta reiste Ju- gurtha nach Rom, um die Gunst des Senats mit weiteren Bestechungsgeldern zu sichern. Es heißt, dass der König, als er die Stadt- mauern hinter sich gelassen hatte, ausrief: „Rom, verderbte Stadt, wie kurzlebig wärst du, wenn du einen Käufer finden könntest!“ JUGURTHA verlässt Rom im Zorn.
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VERRATEN: Der Stich zeigt König Bocchus von Mauretanien, der Jugurtha (l.) an den römischen Unterhändler Sulla (M.) ausliefert.
kannte, strukturierte das Heer um und bildete kleinere Einheiten, um Jugurtha effektiver angreifen zu können. Mit Erfolg: 105 v. Chr. musste Jugurtha nach Maure- tanien zu seinem Schwiegervater König Bocchus fliehen. Nun wandten die Römer Methoden an, für die Jugurtha berühmt war: Über seinen Leutnant Sulla verhan- delte Marius mit Bocchus und versprach ihm einen Teil Numidiens als Belohnung, wenn er ihm den Schwiegersohn auslie- ferte. Bocchus ließ Jugurtha in seinen Palast rufen und übergab ihn Sulla, der ihn in Ketten nach Rom brachte. Dort starb der umtriebige Jugurtha 104 v. Chr. im Gefängnis – je nach Quelle verhungerte er, wurde hingerichtet oder erwürgt. JUAN PABLO SÁNCHEZ Mehr erfahren QUELLEN Sallust. Bellum Iugurthinum/Der Krieg mit Jugurtha (lat./dt.) Karl Büchner (Hrsg.). Reclam, 1986
Händler hatte hinrichten lassen, war die Empörung vor allem im Volk groß. Dem Senat blieb kaum eine andere Wahl, als Jugurtha den Krieg zu erklären. Die entsandten römischen Truppen besetzten schnell große Teile Numidiens, bekamen allerdings Jugurtha, der jede direkte Konfrontation vermied, nicht zu fassen. Tatsächlich gelang es ihm sogar, mit dem römischen Unterhändler einen vorteilhaften Frieden auszuhandeln – wobei erneut Geld floss. Sallust schildert diese Details als Beleg für die Bestechlich- keit römischer Eliten. Jugurtha war so zuversichtlich (oder dreist), dass er im Jahr 111 v. Chr. sogar nach Rom reiste, um sich vor dem Senat gegen die Anschuldigungen zu verteidi- gen. Die ihm zur Last gelegten Morde und Greueltaten leugnete er. Sein Netzwerk bestochener Adliger riet ihm, in der Ver- sammlung zu schweigen, während eine aufgebrachte Menge ihn dazu bewegen
wollte, seine Verbrechen zu gestehen. Ju- gurthas Rückhalt im Senat schwand, seine Verbündeten wurden der Verschwörung bezichtigt. Vermutlich auf Anweisung des Senats reiste Jugurtha eilig nach Numi- dien zurück. Das Ende des Königs Erst zwei Jahre später, im Jahr 109 v. Chr., nahmen die Römer den Krieg in Afrika wieder auf. Dieses zögerliche Verhalten dürfte auch mit den vielen außen- und innenpolitischen Problemen Roms zu tun gehabt haben; im Norden etwa nahm der Druck der germanischen Stämme zu. So kämpfte zunächst Konsul Quintus Metel- lus gegen Jugurtha, konnte ihn aufgrund dessen Guerillataktik nicht besiegen. Erst als die Volksversammlung 107 v. Chr. Gaius Marius dazu bestimmte, den nu- midischen Anführer zu besiegen, begann sich dessen Glück zu wenden. Marius, der Jugurtha aus dem Einsatz in Numantia
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T I ERE IN DER GESCHICHTE
Die Schlange: Symbol der Heilung und des Sündenfalls In der östlichen Mythologie symbolisierte die Schlange den Kreislauf von Leben und Tod. Erst später wurde sie mit der Gestalt des Teufels identifiziert.
BRONZESCHLANGE Möglicherweise diente sie als Amulett (12. Jahrhundert v. Chr., Eretz Israel Museum, Tel Aviv).
I n der biblischen Erzählung über die Erschaffung der Welt gibt der Mensch allen Tieren Namen. Nur eines dieser Tiere lernen wir auch namentlich kennen: Die Schlange spielt bereits im Text der Genesis eine tragende Rol- le – ihre Erwähnung bleibt in weiteren Erzählungen der Heiligen Schrift des Judentums eine Konstante. In der biblischen Landschaft, dem al- ten Israel, waren Schlangen weit verbrei- tet. Wie vertraut die Israeliten mit dem Reptil waren, ist schon daran erkennbar, dass in den biblischen Texten zahlreiche Wörter für Schlangen verwendet werden. Das gebräuchlichste ist nahash ; es soll
seinen Ursprung in den Zischlauten der Schlangen haben. Andere Wörter wie zachal oder tannin beziehen sich in un- terschiedlichem Kontext auf Schlangen; man vermutet sogar, dass spezifische Ar- ten gemeint sein könnten. Saraph etwa, die „feurige Schlange“ (4. Mose 21,8), könnte eine Giftschlange sein, deren Biss wie Feuer brannte. Der Text der Genesis charakterisiert die Schlange als „das klügste aller Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte“. Sie ist listig und stiftet Eva an, vom Baum der Erkenntnis zu essen, doch anders als häufig angenommen, trägt sie in dieser Erzählung keine dämoni-
schen Züge oder ist gar als Synonym für den Teufel zu verstehen. Ihre Rolle verweist vielmehr auf ältere Mythen des Nahen Ostens, in denen das Reptil auf- grund seiner Eigenschaft, sich zu häuten, mit der Erneuerung des Lebenszyklus und der Wiedergeburt in Verbindung gebracht wird. Bereits im sumerischen „Gilgamesch-Epos“ verliert der Held seine Unsterblichkeit, als sie ihm von einer Schlange gestohlen wird. So ver- dammt auch die Sünde Adams und Evas die Menschen zur Sterblichkeit: „Denn Staub bist du, und zum Staub musst du zurück.“ (Gen 3,19) Eine magische Kreatur An mehreren Stellen im Alten Testament spielen Schlangen in magischen Hand- lungen eine Rolle. Dazu zählt die im Buch Exodus geschilderte Szene, in der Moses’ Bruder Aaron seinen Stab vor dem Pharao in eine Schlange verwandelt. Denselben „Trick“ beherrschen auch die ägyptischen Magier. Der Beweis für die Macht Gottes liegt daher nicht in der erstaunlichen Um- wandlung selbst – sondern in der Tatsa- che, dass die hebräische Schlange die der Ägypter verschlingen konnte. Das Buch Numeri erzählt, wie sich die Israeliten nach jahrzehntelanger ziello- ser Wanderschaft gegen Gott wandten, weil sie dachten, er würde sie in der Wüs- te sterben lassen. „Da schickte der Herr
MOSES hält den Stab mit der Kupferschlange (Öl- gemälde, 1640, Dayton Art Institute, Dayton, Ohio).
BRIDGEMAN / ACI
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BEWACHER DER PARADIES- GÄRTEN DIE GESCHICHTE vom Garten Eden findet ihre Entsprechung in Erzählungen über Paradies- gärten anderer Kulturen. In der griechischen Mythologie hü- ten Nymphen, die Hesperiden, einen Garten, in dem goldene Äpfel wachsen. Ihnen zur Sei- te steht der Drache Ladon, der sich in Form einer vielköpfigen Schlange um den Stamm des Apfelbaums windet. Abbildung unten: Gilgamesch im Kampf mit zwei Schlangen.
SÜNDENFALL: Adam und Eva lassen sich durch die Schlange verführen (12. Jahrhundert, Altarbild, Museo Diocesano de Solsona, Spanien).
Feuerschlangen unter das Volk. Sie bissen das Volk, und viel Volk aus Israel starb.“ Die reuigen Menschen baten um Verge- bung. Auf Gottes Rat fertigte Moses eine kupferne Schlange an und setzte sie auf eine Stange, denn Gott hatte zu ihm ge- sagt: „Jeder, der gebissen wird, wird am Leben bleiben, wenn er sie ansieht.“ Archäologische Funde belegen die Verwendung von Schlangenamuletten für rituelle Heilzwecke. Die Geschich- te von Moses’ kupferner Schlange wird fortgesetzt: Das zweite Buch der Könige erzählt, wie Hiskija, König von Juda, die im Tempel von Jerusalem aufgestellte Schlange zerstört, weil die Menschen ihr
für das Böse schlechthin geworden. In der apokryphen Apostelgeschichte werden die Jünger Jesu immer wieder mit dem Bösen konfrontiert, repräsentiert von Schlangen in immer größerer Zahl und mit immer schrecklicheren Merkmalen. Damit erfüllte sich der biblische Fluch, der über das Reptil ausgesprochen wurde: „Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen.“ Die Schlange sollte für immer einen verfluchten Platz in ihrer Beziehung zum Menschen einnehmen. JAVIER ALONSO LÓPEZ Philologe, Bibelwissenschaftler
als Götzenbild Räucheropfer darbrachten. Noch ein Jahrhundert später wiederholt der Prophet Jeremia die Drohung aus der Exodus-Erzählung, Gott sende „giftige Schlangen unter euch, gegen die es keine Beschwörung gibt“. Erst Jahrhunderte nach Entstehung dieser Texte identifizierte die frühchrist- liche Tradition die Schlange mit dem Teu- fel. Der Schlüsseltext dazu steht in der Of- fenbarung: „Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt.“ Damit war die Identifizierung mit Satan vollzogen und aus der anfangs ambiva- lenten Rolle der Schlange ein Synonym
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24 WERTHER 32 KLEOPATRA 46 SEIDENSTRASSE 60 RASPUTIN 78 TROUBADOURE 90 VENUSFIGURINEN
DÄMON oder Heiliger? Gregori Jefimo- witsch Rasputin polarisierte die russische Gesellschaft zur Zeit der letzten Zaren. Über einen sibirischen Bauernsohn, der in die Weltgeschichte einging. 60 RASPUTIN
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WERTHERS TOD Gemälde von François- Charles Baude (1911).
WERTHER Der Kultroman des Sturm und Drang Nach der Veröffentlichung von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther“ im Jahr 1774 kam es zu einer Selbstmordwelle bei jungen Männern und Frauen, die von dem unglücklichen Helden inspiriert wurden.
ISABEL HERNANDEZ LITERATURWISSENSCHAFTLERIN, UNIVERSITÄT COMPLUTENSE MADRID
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EMPFINDSAMES IDYLL Werther und Lotte teilen die Liebe zur (Dicht-)Kunst und Na tur. In seinen Briefen schildert Werther immer wieder seine Freude am Umgang mit Kindern (Gravur, 19. Jahrhundert).
W etzlar, 29. Oktober 1772. Ein jun- ger Mann, unglücklich verliebt in eine verheiratete Frau, begeht an seinem Schreibtisch Selbstmord. Sein Name: Carl Wilhelm Jerusalem. Sein Tod er- schüttert die Gesellschaft und insbesondere ei- nen guten Bekannten von ihm: Johann Wolfgang Goethe. Auch er ist jung – erst 23 Jahre alt –, auch er liebt eine Frau, die bereits mit einem anderen verlobt ist. Sie heißt Charlotte Buff. Die Welt wird
sie unter dem Namen kennenlernen, der in die Literaturgeschichte eingehen wird: Lotte. 1774, eineinhalb Jahre nach Jerusalems Tod, veröffentlichte Goethe seinen Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“. Darin schildert der Protagonist Werther seinem Freund Wilhelm sei- ne Liebe zu Lotte, einer jungen Frau, die der von Goethe als unerreichbar empfundenen Charlotte Buff sehr ähnelt. Werther wiederum weist Ähn- lichkeiten mit Jerusalem auf – wie dieser beendet er sein Leben durch Selbstmord mit einer Pistole. Tragische Geschichte Werther ist ein poetisch veranlagter junger Mann, der sich zur Klärung einer Familienangelegenheit auf dem Land aufhält. Er lernt Lotte kennen, ein schönes Mädchen von natürlicher Liebenswür- digkeit, das sich nach dem Tod der Mutter um die jüngeren Geschwister kümmert. Werther verliebt sich in sie, obwohl er weiß, dass sie mit einem an- deren Mann, Albert, verlobt ist. Mehrere Monate verbringt Werther in ihrer Nähe, bis er in seiner Verzweiflung beschließt, sie zu verlassen. Unfähig, sie zu vergessen, kehrt er Jahre später zurück, als Albert und Lotte bereits verheiratet sind. Lotte
EIN PROMINENTER FAN
ZU DEN WERTHER-BEGEISTERTEN zählte sogar Napoleon Bonaparte. Bei einer Begegnung mit Goethe im Jahr 1808 bekannte er dem Dichter gegenüber, er habe das Buch insgesamt siebenmal gele- sen und trage es stets bei sich.
ERSTAUSGABE des „Werther“, 1774.
AKG / ALBUM
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