8 August 2022 – 60. Jahrgang, Heft Nr. 662
EUR 7,80 (D)
Wie die Karriere der preußischen T 16.1 endete
Der „Container“ Stärkste Serienlok der Deutschen Reichsbahn Vorbild & Modell: Baureihe 250 der DR
Knapp&teuer: Kohle Was Dampfbahnen jetzt tun Modell-Oberleitung So klappt der Fahrdrahtbau Digitalzentrale ZS2+ DCC-Betrieb dank Update
„Haller Willem“ vor der Stilllegung und nach der Reaktivierung
Otmm 70 von Brawa, Märklin und Roco im H0-Vergleichstest
Im Gespräch
V erdutzte Gesichter waren das Mindeste an diesem Vor- mittag im Mai 2022 in Scharbeutz. In dem kleinen Ort an der Vogelfluglinie halten auch die IC-Züge Burg (Feh- marn) – Hamburg, zum Beispiel der IC 2413, Abfahrt kurz nach 10 Uhr. Das Problem: Der Aushang gab bis zum Kleinen Fahr- planwechsel im Juni für diesen Zug Gleis 2 an, doch hatten Ein- heimische ausgemacht, dass der IC regelmäßig von Gleis 1 fuhr. Fast schon flehend wies ein Bewohner von Scharbeutz die war- tenden Reisenden an diesem Vormittag auf den Umstand hin – und erntete verärgerte Ablehnung. Die Bahn habe doch klipp und klar Gleis 2 als Abfahrtgleis genannt, bekam er zur Ant- wort. Umso größer das Erstaunen, als der Intercity tatsächlich, wie von dem Einwohner beschrieben, auf Gleis 1 einfuhr, wäh- rend die Fahrgäste an Gleis 2 warteten. Mehr noch, der Zug wartete nicht einmal, bis sie den Weg hinüber zu Gleis 1 ge- schafft hatten, sondern fuhr schlicht davon. Inzwischen, sagt die Deutsche Bahn AG, soll der Missstand in Scharbeutz behoben sein. Aber kann man damit allgemein von einer Entwarnung sprechen? Wohl eher nicht, denn es gibt verschiedene Arten der Kommunikationsmängel. Mal sind es Fehler in Aushängen oder bei Laufbandanzeigen, mal falsche Durchsagen, mal falsch informierte Eisenbahner vor Ort. So wie am ers- ten Tag des Kleinen Fahrplanwechsels in Weilheim (Oberbayern), als sich Mängel inderKommunikation
Unangenehme Überraschung für die Reisenden in Scharbeutz im Mai 2022: Laut Aushang fährt IC 2413 nach Hamburg ab Gleis 2, tatsächlich aber von Gleis 1 MHZ(2)
Gewiss, solche Ereignisse sind nicht die Regel. Aber sie kommen vor und sie haben eine verheerende Außenwirkung. Sie diskreditieren das Ver- kehrsmittel Schiene und sie bestätigen ein Vorurteil, das manche in der
ein DB-Mitarbeiter am Nachmittag sichtlich da- rum bemühte, alle Reisenden mit Ziel München zum nächst erreichbaren Zug zu bringen. Nach seiner Kenntnis falle der RE, der von Gleis 1 abfah- ren solle, aus; deshalb empfahl er den Fahrgästen die RB auf Gleis 2, die laut Fahrplan eine halbe Stunde nach dem RE Weilheim verlasse. Viele
Gesellschaft und bei einigen Medien nur zu gern aufgreifen: das der kundenunfreundlichen, fehler- haften, letztlich unfähigen Eisenbahn. Dass dem nicht so ist, beweisen Tag für Tag Tausende rei- bungslose Fahrten mit einwandfreier Information. Und doch sollte die DB AG noch mehr daran arbei- ten, Mängel wie in Scharbeutz und Weilheim zu un-
Fehler in der Information an Kunden haben für die Deutsche Bahn eine ver- heerende Außenwirkung
Kunden folgten dem Rat, während einige wenige sich an der DB-App ori- entierten und weiter auf Gleis 1 auf den RE warteten. Das stellte sich als richtig heraus. Denn auch der RE von Gleis 1 fuhr, zum Ärger all jener, die sich auf Gleis 2 zur später verkehrenden RB begeben hatten.
terbinden. Gerade jetzt, in Zeiten von Ferienreisen und Neun-Euro-Ticket, braucht es eine gut funktionierende Eisenbahn. Damit sich diese als Ver- kehrsmittel in den Augen der Allgemeinheit profiliert und zeigt, was sie zu leisten imstande ist. Redaktion eisenbahn magazin
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eisenbahn magazin 8/2022
Inhalt
12–25 DR-Baureihe 250/ DB AG-Baureihe 155
Seite12 DasVorbildimPorträt Seite19 Modellübersichtvon0bisZ Seite24 BerichtausdemFührerstand
ImFokus 12 Ellok mit Ecken und Kanten
Eisenbahn 6 Kein Dampf ohne Kohle?
44 Die letzten 94er der DB
Zu den letzten Länderbahn-Dampfloks der Bundesbahn zählten die Tenderloks der preußischen Gattung T 16 1 , später Baureihe 94 5–17 und zuletzt 094. Erst eine Ausmus- terungsverfügung schickte die verbliebenen Veteranen Ende 1974 in den Ruhestand 50 Güterzüge auf der Brohltalbahn Die Brohltalbahn ist eine der letzten Schmal- spurbahnen in Deutschland, auf der noch re- gelmäßig Güterzüge unterwegs sind – auch mithilfe ehrenamtlicher Eisenbahner Modellbahn 54 Das langlebige „Glaskastl“ Der Bundesbahn-Tenderlokomotive 98 307 bayerischen Ursprungs in Vorbild und Modell 58 Per Feldbahn nach Buschhöhe Es gibt Themen für Modellbahnanlagen, die einfach schnuckelig sind. Die Schmalspur gehört auf alle Fälle dazu, was diese H0i-Anlage unter Beweis stellt
Schon mehrfach sollten die schweren, sechsachsigen Loks der DB AG-Baureihe 155 – von einigen abfällig „Elektrocontainer“ genannt – aufs Abstellgleis rollen. Ihr Zugvermögen und der chronische Mangel an modernen Elloks hält die starken Maschi- nen jedoch bis heute im Einsatz 19 Kräftige Elloks für lange Güterzüge Ähnlich wie beim Vorbild läutete die „Container“ genannte Reichsbahn-Ellok der Baureihe 250 auch in Modell Mitte der 1980er-Jahren eine neue Ära ein – allerdings nicht im weit verbreiteten Maßstab 1:87, sondern in 1:120. Inzwischen wurden aber auch die anderen Nenngrößen mit diesem Kraftprotz bedient
Die weltpolitischen Ereignisse werfen ihre Schatten auch auf den Museumsbahn- Sektor: Steigende Preise für Kohle stellen Dampfbahnen vor Herausforderungen
26 Momente
Die gute alte Zeit? Rangierarbeiten auf schmaler Spur im Bahnhof Ochsenhausen
28 Entlang der Schiene
Aktuelle Informationen zum Bahngesche- hen in Deutschland, Europa und der Welt
38 Bild des Monats
Pilgersonderzug mit 110 459 der Gesellschaft für Fahrzeugtechnik von Berlin nach Lourdes
40 Vorreiter der Reaktivierung
24 Container-Erstkontakt
2005 ist der „Haller Willem“ zwischen Osna- brück und Dissen-Bad Rothenfelde als erste Nebenstrecke in Niedersachsen reaktiviert worden – eine Erfolgsgeschichte
Reichsbahn-Charme und starke Leistung: Bericht eines Lokführeranwärters von seiner ersten Fahrt mit der DB AG-Baureihe 155
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Inhalt
Selbstentladewagen für Schüttgüter aus den Produktionsstätten von Brawa, Märklin/Trix und Roco sind das Thema dieses H0-Tests 88–94 58–61
Seit Busch die H0i-Feldbahn neu „erfunden“ hat, wählen viele sie als Anlagen- Thema
Die letzten Länderbahn-Veteranen der DB-Baureihe 094 schieden 1974 aus dem Dienst 44–48
Solch ein großer Bahnhof ist des Modellbahners Traum, doch hat diese H0-Anlage noch viel mehr zu bieten 108–113
Vor 20 Jahren ist der „Haller Willem“ in Niedersachsen reaktiviert worden – wir schauen auf die Geschichte der Strecke 40–43
62 Neu im Schaufenster
80 Strippen für den Ellokbetrieb
104 Die Kleinste feiert Jubiläum „50 Jahre Z“ wird vor allem in Göppingen groß gefeiert, denn hier wurde einst der Ursprung für diese Nenngröße gelegt 108 Paradestrecken im Hobbykeller
Von Sommerflaute kann keine Rede sein, was unsere zehn Seiten voller Neuheiten- Meldungen und Kurzporträts bestätigen 72 Öllok-Exot als Eigenbauprojekt
Wer über seine Modellbahnanlage elektri- sche Triebfahrzeuge fahren lässt, braucht eine vorbildgerechte Fahrleitung. Am Beispiel einer H0-Anlage vermitteln wir dazu die entsprechenden Praxistipps
Einzelgänger einer Deutz/Henschel-Ölloko- motive als Bausatzmodell in Nenngröße 0
Um den großzügig angelegten H0-Bahnhof Stefanstadt erheben sich die Berge eines Mittelgebirges, die von den Zügen auf ihrer Reise erklommen und durchfahren werden
83 Stärz-Digitalzentrale
Die ZS2+ von Modellbahn Digital ist ein echtes Nischenprodukt, mit dem man nach aktuellem Update neben Selectrix auch DCC-Lokfunktionen bis F 32 abrufen kann
74 Qualmende Landmarken
Nahezu jeder H0-Zubehörhersteller bietet rundgemauerte Industrie-Schornsteine an. Wir haben uns nach Modellen umgesehen und geben Tipps zur Aufstellung
86 Dekorationsdioramen
Unser Leser Andreas Thiele bastelt kleine Dioramen, die überall stehen können, wobei der Schwerpunkt Automodellen gilt
Service
Termine/TV-Tipps Kleine Bahn-Börse Fachgeschäfte Veranstaltungen Buch&Film Leserbriefe Vorschau/Impressum
95 96 96 101 102 103 114
88 Transporttalent Otmm 70
Der von Talbot zu Beginn der 1950er-Jahre entwickelte zweiachsige Drehschieber- Selbstentladewagen war eine wegweisende Konstruktion zum Transport von Schütt- gütern aller Art. Wir vergleichen die H0- Modelle von Brawa, Märklin/Trix und Roco
Titelbild: Reisezüge waren keineswegs das Haupteinsatzfeld der DR-Baureihe 250 (Gützold H0) und späteren DB AG-155, denn konstruiert wurde sie für den Güterverkehr
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eisenbahn magazin 8/2022
Eisenbahn: Aktuell
Museumsbahnen unter Druck
ohne Kohle? KeinDampf
Die weltpolitischen Ereignisse werfen ihre Schatten auch auf den Museumsbahn-Sektor: Weil die Preise für Kohle steigen, stehen deutsche und andere europäische Dampfbahnen vor großen Herausforderungen. Unser Stimmungsbild zeichnet eine schwierige Gemengelage, die aber auch Nähr- boden für neue Entwicklungen sein könnte
Beim DEV in Bruchhausen-Vilsen sind die Kohlelager 2022 noch gut gefüllt. Doch viele Museumsbahnen denken inzwischen über Alternativen zu fossilen Brennstoffen für ihre Dampfloks nach Guus Ferrée
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Dampfbahnen unter Druck
U nbestritten gerät Deutschland derzeit zu- nehmend in eine Phase der Engpässe im Energiesektor. Davon bleiben auch Muse- umseisenbahnen und Bahnmuseen nicht ver- schont, die das historische Erbe der Eisenbahnge- schichte pflegen. Sie benötigen Kohle, um ihre Dampfloks anheizen zu können, die von der Tech- nik faszinierte Besucher anlocken und Einnahmen für die Vereins- oder Museumskasse versprechen. Doch das schwarze Sedimentgestein wird zuneh- mend schwerer verfügbar. Jahrelang fand russische Kohle ihren Weg nach Deutschland und zu so man- chem Eisenbahnmuseum. Verursacht durch den Krieg in der Ukraine kommt es auf dem europäi- schen Markt zu Lieferengpässen bei Kohlesorten aus Russland und Polen, zudem hat die Europäi- sche Union ein Kohleembargo gegen Russland auf den Weg gebracht, das noch 2022 wirksam werden soll. Auswirkungen auf die Lage hatte zudem ein Ereignis in Großbritannien: Die letzte walisische Steinkohlegrube Ffos-y-Fran nahe Merthyr Tydfil, die bislang hochwertige Kohle für Dampflokomo- tiven förderte, stoppte Anfang 2022 früher als erwartet den Vertrieb von Stückkohle an ihre Ab- nehmer. Grund dafür ist ein Schaden an der Sor- tieranlage. Die Stilllegung des Bergbaubetriebs war aufgrund einer nicht erneuerten Lizenz zum Abbau des fossilen Energieträgers längst beschlossene Sache, gerechnet wurde allerdings mit der Einstel- lung gegen Ende des Jahres 2022. Diese schwierige Gemengelage stellt deutsche und andere europäische Dampfbahnen vor gro-
Fauchende und rauchende Dampfrösser ziehen bisweilen Heerscharen an Eisenbahnfreunden an. Kurz vor ihrer Abstellung nimmt 99 5906 am 14. Mai 2022 in Gernrode nochmal Kohle für eine ihrer letzten Fahrten bei den Harzer Schmalspurbahnen Guus Ferrée
ße Herausforderungen. Für die laufende Saison scheint die Versorgungssituation weitgehend sta- bil zu sein. Beim Deutschen Eisenbahn-Verein (DEV) in Bruchhausen-Vilsen etwa waren zum Auf- takt die Kohlelager gut gefüllt. Pro Jahr benötigt die Museumseisenbahn, die vom 1. Mai bis 1. Ok- tober an allen Samstagen und Sonntagen sowie an Feiertagen fährt, bis zu 30 Tonnen Kohle. DEV- Pressesprecher Martin Thies erklärt, dass man von einem Brennstoffhandel in der Region die Vorräte auffüllen lasse: „Wir gehen davon aus, dass wir an
unseren üblichen Fahrtagen auch mit unseren Dampfloks fahren können.“ Die Kohlelager sind voll Sprecher Dirk Bahnsen reagiert gelassen auf die Forderung nach Offenheit über den Kohlever- brauch bei den Harzer Schmalspurbahnen (HSB): „Insgesamt haben wir einen jährlichen Bedarf von rund 6.000 Tonnen Steinkohle. Der Bedarf bezieht sich allerdings auf normale Jahre, nicht auf die Jahre 2020 und 2021 mit pandemiebedingt einge-
Bei der Mansfelder Bergwerksbahn wirken sich die steigenden Kohlepreise 2022 noch nicht auf die Tarife für Besucher aus (Hettstedt 16. April 2022) Dirk Höllerhage
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eisenbahn magazin 8/2022
Eisenbahn: Aktuell
schränkten Verkehren. Der Sprecher von Deutsch- lands größtem Bahnkohleverbraucher legt Wert auf die Feststellung, dass der Fortbestand seines Unternehmens nicht infrage steht. „Da wir unsere Steinkohle über Zwischenhändler aus Polen be- ziehen, hat der Importstopp für russische Kohle glücklicherweise keine aktuellen Auswirkungen auf unsere Versorgung. Die Lieferungen laufen und wir haben derzeit keinen Anlass, an der Erfül- lung vertraglicher Vereinbarungen unseres Liefe- ranten bis zum Jahresende zu zweifeln. Die Preise sind bereits zu Beginn dieses Jahres gestiegen, die nächste größere Preissteigerung kommt voraus- sichtlich zum Jahresende.“
Viele Museumsbahnen registrieren die steigen- den Kohlepreise mit zunehmender Sorge
Beim Rhön-Zügle heizte man bis zuletzt mit russischer Kohle. 2022 werde die Kohlebe- schaffung schwierig, glaubt der Vorsit- zende Lothar Huber (Foto mit 89 7373 bei Ostheim am 16. Oktober 2021) Guus Ferrée
Fotofahrt mit 01 1519 am 2. April 2022 in Immelborn im Werratal: Veranstalter Marcus Dettenberg fragt sich, wie lange solche Aktionen bei steigenden Preisen überhaupt noch möglich sind Markus Behrla
Bei der Mansfelder Bergbahn äußert Marco Zed- del sich nicht dazu, ob genügend Kohlevorräte vor- handen sind. Offener zeigt er sich bei der Frage, was die Herkunft der Kohle angeht. Die komme aus dem Bergwerk Wesola in Schlesien. Jährlich verbrauche die Mansfelder Bergbahn etwa 25 Ton- nen Kohle: „Zurzeit ( April 2022 – Anm. d. Autors ) bezahlen wir etwa 300 Euro pro Tonne, die Preise steigen.“ Ob man sich in Zukunft nach einem an- deren Anbieter umsehen wird, ist noch offen. „In jedem Fall“, verspricht Marco Zeddel, „werden die Fahrpreise der Mansfelder Bergbahn in diesem Jahr nicht erhöht, sondern erst 2023.“ Schwankende Qualitäten Lokomotivkohle sei schon seit Jahren ein Problem, berichtet Frans Borghouts, Betriebsleiter bei der Chiemseebahn. Er ist schon lange mit diesem Thema beschäftigt. „Als ich noch in den Nieder- landen aktiv war, haben wir auf den Lokomotiven belgische Kohle verfeuert. Das war feine, fettige Kohle, die wenig Schlacke erzeugte – und bei guter Schaufelpflege auch relativ wenig Rauch. Nach der Schließung der belgischen Zechen kam die Kohle aus dem Aachener Revier, die war praktisch gleichwertig.“ Inzwischen sind in Belgien und Deutschland alle Zechen geschlossen. Borghouts vermutet, dass gegenwärtig wohl am häufigsten Kohle aus Polen verwendet wird. Doch der gebürtige Niederländer stellt bei dieser schwankende Qualitäten fest, ob- wohl die Händler Zertifikate über den Kohlenstoff- gehalt und andere Werte ausstellen. „Interessant ist, dass die Werte auf den Zertifikaten fast immer gleich sind“, sagt Frans Borghouts. Doch die Qua- litätsunterschiede machen sich deutlich bemerk- bar. Bei guter Kohle entsteht wenig Rauch, die Ver- brennung ist gut und es entsteht wenig Schlacke, bei minderwertigem Brennstoff muss man nach jeder Fahrt den Rost abziehen. „Da unsere Strecke fast ausschließlich durch be- bautes Gebiet führt, ist der Rauchaspekt für uns elementar wichtig“, betont Frans Borghouts. „In der Vergangenheit fuhren wir daher mit einem
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Gemisch aus Anthrazit und Kohle (Verhältnis 1:3), das gut für die Rauchbildung und Wärmeentwick- lung ist. Leider erfordert ein Anthrazitfeuer eine geübte Hand, den meisten Heizern und Lokfüh- rern fehlt heute die Erfahrung, ein solches Feuer zu bedienen und zu unterhalten.“ Nach häufigem Abbrennen der Stäbe habe die Chiemseebahn die Befeuerung mit Anthrazit eingestellt, weil die Kos- ten zu hoch waren. Abwarten und Hoffen Die Chiemseebahn verbraucht in einer normalen Saison rund 30 Tonnen Kohle, was etwa 1,5 Last- wagenladungen entspricht. „Unser Kohlebunker ist noch mit rund 14 Tonnen Kohle gefüllt“, sagt Frans Borghouts. Weil die kleine Kastendampflok der Schmalspurbahn im oberbayerischen Prien nur noch samstags und sonntags fährt, reicht das noch bis 2023. Und dann? „Wir warten einfach ab, was die Zukunft bringt!“ Auch Lothar Huber, Vorsitzender der Museums- bahn Rhön-Zügle, die zwischen Fladungen und Mellrichstadt fährt, prognostiziert, dass die Koh- lebeschaffung in diesem Jahr recht schwierig sein wird. „Die einzig wirklich brauchbare Lokkohle (Ssibirskij) kam zuletzt aus Russland. Diese Kohle wird aber mittlerweile komplett nach China ex- portiert, zudem ist der Bezug aufgrund des Krieges in der Ukraine nicht mehr möglich. Die polnische Wesola-Kohle ist aufgrund ihres hohen Gehalts an flüchtigen Bestandteilen für den Lokbetrieb nicht sonderlich geeignet und ebenfalls nur be- dingt lieferbar. Für die ebenfalls nicht mehr liefer-
Auch die Zittauer Schmalspurbahn heizt aktuell noch mit Kohle (Foto vom 17. April 2022 in Bertsdorf). Dort wird künftig jedoch mit einer Leichtölfeuerung experimentiert Dirk Höllerhage
derlanden. Frank Vergeer, ehemaliges Vorstands- mitglied des Museums, berichtet, dass die Quali- tät jedoch schwanke, da sie aus verschiedenen Bergwerken stamme. „Wir können nicht einfach alles verwenden. Die Kohle muss auf jeden Fall ge- siebt werden.“ Vergeer fügt hinzu, dass sich die verschiedenen Eisenbahnmuseen untereinander über die immer besorgniserregendere Kohlesitua- tion austauschen. „Wir selbst konnten gerade noch rechtzeitig im Februar Kohle für dieses Jahr bestellen. Künftig werden wir sie über einen Zwi-
bare Ffos-Y-Fran Kohle soll absehbar eine Ersatz- kohle einer anderen britischen Zeche auch auf dem Kontinent angeboten werden.“ Ab wann und zu welchem Preis, sei aber noch unklar. Lothar Hu- ber berichtet, die Vorräte beim Rhön-Zügle wür- den noch bis etwa Ende Juli reichen. „Was dann ist, werden wir sehen.“ Besorgniserregende Situation Auf Kohle aus Venezuela setzt das Museum Bu- urtspoorweg (MBS) in Haaksbergen in den Nie-
Wertvoller Brennstoff? In Mügeln säuseln am 20. Mai 2022 einige IV K hinter einem großen Kohlehaufen vor sich hin Guus Ferrée
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Eisenbahn: Aktuell
schenhändler beziehen. Der Vorrat reicht bis zum Frühjahr 2023. Es ist also noch genug da, um un- sere ELNA, die gerade renoviert wird, im Dezem- ber unter Dampf zu setzen.“ Fragliche Perspektiven Auch die Reiseveranstalter stellen fest, dass die Kohlepreise steigen. Marcus Dettenberg aus Ha- gen zum Beispiel. Er nutzte den Abschluss der Hauptuntersuchung der Reko-Lok 01 1519 in Mei- ningen am 2. April 2022 für eine Fotofahrt von Ei- senach nach Meiningen und zurück. „Bei der ers- ten Kalkulation waren wir von einem Preis von rund 350 Euro pro Tonne ausgegangen“, erinnert sich Dettenberg. „Doch nach Beginn des Krieges erhielten wir eine Preisansage von 600 Euro pro Tonne, mit der ich dann gerechnet habe. Im Au- genblick warte ich noch auf die genaue Abrech- nung, sodass ich noch gar nicht sagen kann, was mich die Tonnen jetzt wirklich gekostet haben.“ Er stellt fest, dass es immer schwieriger wird, solche Fotozugaktionen zu kalkulieren. Marcus Detten- berg geht aber davon aus, dass der Kohlenpreis steigen wird: „Somit werden auch die Kosten für unsere Fotozüge immer weiter steigen. Ob es dann noch Sinn ergibt, diese Züge anzubieten, wird sich zeigen ...“ Alternative Brennstoffe im Test Somit stellt sich die Frage, wie man auf das Pro- blem reagiert, das sich hier in zunehmend beun- ruhigendem Maße den Dampfbahnen stellt. Da sich die Versorgungssituation mit Bahnkohle per- spektivisch kaum verbessern wird, zunehmend aber auch das Thema Klimaschutz und Emissionen eine Rolle spielt, scheint ein Abschied von der Kohle nahezu ausweglos. Europaweit gibt es be- reits Versuche, Dampfloks mit alternativen Brenn- stoffen zu feuern. Auf eine bereits bewährte Methode will die Zittauer Schmalspurbahn bei einem Pilotprojekt zurückgreifen. Sie will die derzeit ohne Fristen ab- gestellte 99 787 mit einer Leichtölfeuerung aus- rüsten. Die Entscheidung dazu fiel bereits 2021, im November des Jahres gab der zweite regionale Begleitausschuss im Lausitzer Revier grünes Licht für das Projekt, das unter anderem mit Mitteln aus dem Kohlestrukturfonds finanziert wird. Ziel ist vor allem eine Reduktion des CO 2 -Ausstoßes um 40 Prozent. Bereits mit dieser Technologie ausgestattet sind unter anderem die Lok „Heidi“ des Club 1889 in der Schweiz sowie die Lok „Bor-
Die Dampfbahn Furka Bergstrecke in der Schweiz hat bereits 100 Tonnen Ovoid im Lager Realp liegen. Dort hofft man auf positive Ergebnisse bei der Erprobung der Biokohle (Foto mit Lok 9 bei Oberalp, 31. August 2021) Sevrien Ferrée
Tests mit Trevithik Welsh Steaming Ovoids bei den Rigi-Bahnen Protokoll eines Probebetriebs K urzbericht über den Ersteinsatz der Tre- vithik Welsh Steaming Ovoids beim
bis Wichmatt, dann wieder Kesselwasser er- gänzen. Kurzer Halt Kaltbad und Weiter- fahrt bis Staffel /Kreuzungshalt, dann Wei- terfahrt bis Kulm – Ankunft fahrplanmäßig. Fazit: + Rauchfrei + Brandgefahr vermutlich sehr klein, da praktisch nur feinste Lösche zum Kamin raus + leicht zum Schaufeln + wenig Feinanteil in der Kohle – Verbrauch ca. 50 % mehr – Feuerführung anspruchsvoll – Feuerführung sehr träge – etwa entspre- chend dem Anthrazit – Bei Fahrtunterbrechungen gibt es schnell totes Feuer / oder bläst dauernd ab – Überhitzung kam nicht über 320° ( nor- mal bis 380°) – Ohne Saugzug verschlackt der Rost schnell
Dampfbetrieb Rigi Bahnen AG am 30. April und 1. Mai 2022. (Heizer Martin Horath/ Lokführer Rolf Lüönd) Spezifikation: Welsh Steaming Ovoids Kohle. Körnung 60 x 75 mm Wasser 4 - 6.5 % Asche 6 - 6.5 % Flüchtige 15 - 18 % Schwefel 0.8 - 1.5 %. Heizwert ca. 7500 - 7500 kcal/kg Samstag: Überfuhr Lok 17 mit Fu1 und B5 Goldau - Staffel – Vitznau. Voraussetzungen: Vorstelllast 12 Tonnen, Zugsgewicht 36 Ton- nen. Heißt: halbe Last und max. 200 Pro- mille. Verspätete Abfahrt infolge Problemen mit Schiebebühne, Fahrt gut, Wasser und Druck gehalten mit üblichen Fahrzeiten. Sonntag: Bestellte Fahrt mit B15 /B6/75 Per- sonen = rund 40 Tonnen Zugsgewicht (max 44.7 Tonnen). Anheizphase: frühzeitiges Er- stellen eines ganzflächigen Grundfeuers notwendig, dunkle Stellen brennen kaum nach, dann eine Stunde Aufbau eines eher hochgehaltenen Feuers. Vor Abfahrt mit Bläser zur vollen Glut gebracht. Bei Abfahrt Wasser und Druck auf Maximum, hält schön bis knapp Mittlerschwanden. Trotz intensiver Beschickung nicht möglich, Was- ser zu halten! Zwischenhalt Milchbänkli zum Wasser kochen. Nachher Fahrt bis Frei- bergen, Wasser knapp gehalten. Wasserfas- sen und Feuer wieder voll aufgebaut. Fahrt
kum“ der Borkumer Inselbahn. Holzpellets im Hasetal
Ein anderer zukunftsweisender Ansatz wird der- zeit in Niedersachsen erprobt. Das Ingenieurbüro Steam-Technologies und die Eisenbahnfreunde Hasetal untersuchen in einem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt die Frage, ob die Feuerung der Dampflok „Niedersach- sen“ (Henschel Typ Bismarck) auf Holzpellets um- gestellt werden kann. Dabei handelt es sich um ei- nenalsCO 2 -neutral anerkannten Brennstoff. Dazu erklären die Eisenbahnfreunde Hasetal auf ihren
– Viel Lösche in Rauchkammer – Viel feinsandiger Güsel auf der Lokomotive
– Rost war nach der Fahrt flächendeckend verschlackt (dünn, leicht zu entfernen)
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Dampfbahnen unter Druck
Internet-Auftritten, dass es bei der klassischen Handbeschickung bleiben solle. Im Rahmen von Standversuchen und Messfahrten mit Leistungs- messung wolle man die Anwendbarkeit bestäti- gen und Parameter wie Leistung und Verbrauch erfassen. Die am Versuchsträger erzielten Erkennt- nisse sollen sich später auch auf kleinere und grö- ßere Kessel skalieren lassen. Eine Alternative sol- len die Holzpellets vor allem für Loks mit kleinerer und mittlerer Leistung und bei geeigneten Be- triebsbedingungen (Reichweite) sein. Heilsbringer Biokohle? Die Heritage Railway Association (HRA), ein Ver- band, der Museumsbahnen in Großbritannien un- terstützt, hat dort nun eine Vorreiterrolle bei der Lösungsfindung übernommen. Die HRA prognos- tiziert für 2022 einen Preisanstieg von 200 Pro- zent für Kohle im Vereinigten Königreich. Deshalb gibt es Versuche mit Ersatzbrennstoffen, soge- nannter Biokohle. Dazu zählen Trevithik Welsh Steaming Ovoids (Briketts von Hargreaves Energy, Lieferant der Ffos-Y-Fran-Kohle) und sogenannte „Homefire Ecoal“ (besteht zu 50 Prozent aus zer- kleinerten Olivenkernen). Zu den Museen, die mit diesen alternativen Brennstoffen experimentie- ren, gehören die North Yorkshire Moors Railway, die Severn Valley Railway, die Keighly & Worth Val- ley Railway sowie die Talyllyn Railway in Wales. Am 14. Februar 2022 fanden bei der Keighley and Worth Valley Railway Versuche mit der British Rail- ways Standard '2MT' 2-6-0 Nr. 78022 statt, bei de- nen die Dampflok mit der Ecoal angeheizt wurde. Die North Yorkshire Moors Railway testete Bio-
kohle mit der Lokomotive 80136. Diese 1’C2‘-Stan- dard-Tenderlok von British Rail wurde 1956 gebaut und bereits neun Jahre später wieder ausgemus- tert. Nach der Verbrennung von Biokohle bleibt in dieser Lok eine Art Grillasche zurück. Durch Museums-Mitglieder, die auch in Großbri- tannien aktiv sind, kennt Frank Vergeer vom Mu- seum Buurtspoorweg die Tests mit den Ovoids. Er zeigt sich skeptisch, denn die Biokohle enthält Chlor, das den Feuerraum angreift und nicht gut für die Flammrohre ist. „Das Chlor ist in der Me- lasse gebunden, die als Bindemittel für die Bio- kohle verwendet wird.“
Biomasse ausreichend sein, die in Pflanzenkohle umgewandelt würde. Deutschlandweit entstehen jedes Jahr gut 10.000.000 Tonnen an Biomasse, rein mengenmäßig sollte das also keine unlösbare Aufgabe sein“, ist sich Dirk Bahnsen sicher. Hoffen auf Ovoid in der Schweiz Auch in der Schweiz ist die Kohlesituation für alle Verbraucher derzeit schwierig. Die vorher vorwie- gend verwendete russische Kohle und solche aus Ffos-y-Fran ist nicht mehr lieferbar. Zurzeit seien in der Schweiz nur Ovoids und Ecoal erhältlich, be- richtet Martin Horath, Leiter der Werkstatt Goldau der Rigi-Bahnen und Mitarbeiter der Dampfbahn Furka Bergstrecke. Mit diesen neuen Brennstoffen werden momentan Versuchsfahrten unter ande- rem bei der Rigi-Bahn unternommen (siehe Kas- ten). Bei Lokomotiven mit hochbelasteten Rosten scheinen beide Alternativ-Brennstoffe aber massiv Probleme zu bereiten. Nebst schwieriger Feuer- führung ist der Verbrauch bis zu 1,5-fach höher. „Bei der DFB wollen wir Probefahrten machen, wenn die Schneeräumung abgeschlossen und die Steffenbachbrücke aufgestellt ist“, sagt Martin Ho- rath. „Bei den Rigi Bahnen haben wir in weiser Vo- raussicht im Herbst 2021 noch einen Jahresvorrat an Welsh Kohle bestellt und daher dieses Jahr noch kein Problem.“ Doch auch am Furkapass sind die neuen Brennstoffe schon angekommen: „Die DFB hat rund 40 Tonnen Welsh und 100 Tonnen Ovoid im Lager Realp. Falls sich Ovoid wirklich nicht be- währen sollte, bekommen wir da ein großes Pro- blem...“ Guus Ferrée
Viele Dampfbahnen experimentieren derzeit mit Kohle-Ersatzproduk- ten – mit offenem Ende ...
Aufgeschlossener zeigt man sich hinsichtlich Kohle-Alternativen bei den Harzer Schmalspur- bahnen. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie war sogenannte Pyrolyse- oder Pflanzenkohle als die vorteilhafteste Alternative zur Steinkohle ermit- telt worden (siehe em 6/22). „Sobald hiervon eine Mindestmenge von rund sechs Tonnen zur Verfü- gung steht, werden wir die Pflanzenkohle auf un- seren Lokomotiven erproben“, ist sich Pressespre- cher Dirk Bahnsen sicher. Zurzeit gebe es aber weder entsprechende Liefermengen noch ent- sprechende Hersteller. „Für unseren jährlichen Be- trieb würde eine Menge von rund 18.000 Tonnen
Bei der North Yorkshire Railway in Großbritannien laufen derzeit Versuche mit sogenannten Ovoids, einem Kohleersatz. Mit einer Schwester- lok der BR-80072 fanden im Frühjahr 2022 Tests statt Sevrien Ferrée
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eisenbahn magazin 8/2022
ImFokus
DR-Baureihe 250, spätere 155 der Deutschen Bahn
Ecken und Kanten Elektrolokomotiven mit
Schon mehrfach sollten die schweren sechsachsigen Loks der DB AG- Baureihe 155 – von einigen abfällig „Elektrocontainer“ genannt – aufs Abstellgleis rollen. Ihr Zugvermögen und der chronische Mangel an modernen Elloks machten sie aber bis heute sowohl bei Deutscher Bahn als auch bei privaten Bahnunternehmen unverzichtbar
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Elloks der DR-Baureihe 250
Als Füllleistung bespannten Erfur- ter 250er auch Personenzüge auf dem seinerzeit elektrifizierten Ab- schnitt nach Arnstadt. Im Juni 1987 verlässt 250 242 den Bahnhof mit
der Rückleistung nach Erfurt Slg. Michael U. Kratzsch-Leichsenring (2)
Die Pause beim Kuppeln der 250 001 in Magdeburg nutzen zahlreiche Reisende zum Bestau- nen des ungewohnt kantigen Prototyps der neuesten DR-Maschine. Abweichend von der Serie sind die Fenster deutlich größer und das Spitzenlicht ist oberhalb der Frontfenster montiert
D er Refrain eines in der DDR sowohl von der Freien Deutschen Jugend (FDJ) als auch in abgewandelter Form in Kirchen- kreisen gesungenen Liedes „Da sind wir aber im- mer noch …“ fällt mir immer ein, wenn ich auf die einzigartigen Maschinen der Baureihe 250/155 treffe. Das einstige Flaggschiff des DDR-Güter- verkehrs stand das erste Mal vor gut 30 Jahren zur Disposition, als Schäden am Fahrwerk zur Ab- senkung ihrer Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h führten. Bereits 1995 verfügte die DB AG ein Ende der Hauptuntersuchungen. Aber die neuen Drehstromloks der Baureihen 145 und 185 boten keinen vollwertigen Ersatz, zumal auch zahllose weitaus ältere Loks der Bundesbahn-Bau- reihen 140 und 150 schlicht verschlissen waren. Also doch wieder Hauptuntersuchungen ab 2006 im Ausbesserungswerk Dessau für die 155er – im- merhin standen damals noch rund 200 Maschi- nen im Dienst.
Ähnliches wiederholte sich im Zuge der Wirt- schaftskrise Ende der 2010er-Jahre. 2017 schließlich veräußerte die DB AG mit 100 Loks bedeutende Teile ihrer Flotte an ein Konsortium unter der Lei- tung des Leasingunternehmens Railpool und mie- tete sie dann zu einem großen Teil zurück – den Sinn in solchen Geschäften erkennen wohl nur Bi- lanzbuchhalter ... Erkennbar waren die Loks fortan an den fehlenden DB AG-Signets. Endgültig trennte sich die Deutsche Bahn Ende 2019 von der Baureihe 155. Aber was heißt das schon, denn aktuell laufen erneut einige Exemplare vor Leistungen von DB Cargo. Hinzu kommen noch mehr als 20 Loks in den Diensten privater Unternehmen wie der Leip- ziger LDK als derzeit größter 155er-Betreiber. Die Technik der DR-250 Bereits Mitte der 1960er-Jahre zeigte sich, dass die Baureihe 242 selbst in Doppeltraktion vor schwe- ren Güterzügen schnell an die Leistungsgrenze
Auf den elektrifizierten Strecken in Sachsen waren sechsachsige Loks unabdingbar. Am 30. August 1979 trifft die 250 005 in Glauchau auf den Urahn 254 114. Diese Altbau-Ellok- Baureihe schied erst 1989/1990 aus dem Betriebsdienst der DR aus Siegfried Künzel
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ImFokus
Auch wenn die Baureihe 250 grundsätzlich für schwere Güterzüge konzipiert war, bekam sie im Betriebsdienst bei der Deutschen Reichsbahn auch immer wieder hochwertige Reisezüge an den Haken, so wie hier im Oktober 1991 in Dresden Volker Emersleben
Technische Daten DR-Baureihe 250 Achsfolge
Co’Co‘
Stundenleistung Dauerleistung Anfahrzugkraft Dauerzugkraft
5.400kW 5.100kW
380kN 196kN
Eigenmasse
123t
Radsatzfahrmasse
20,5t
Höchstgeschwindigkeit
125km/h
kam. Ähnlich sah es mit der für Reisezüge konzi- pierten DR-Baureihe 211 aus, die im sächsischen Dreieck zwischen Leipzig, Zwickau und Dresden mit bis zu 14 Wagen langen Schnellzügen kaum Re- serven zum Herausfahren von Verspätungen hatte (siehe ImFokus in em 1/20). Die Verantwortlichen bei der DR waren sich rasch einig: Ein neuer Ellok- typ musste her. Die technischen Parameter erga- ben sich ebenfalls zügig: Als auch im schweren Rei- sezugdienst einsetzbare Lok sollten es mindestens 120 km/h Höchstgeschwindigkeit sein, sechs Treib- radsätze wären sinnvoll, das zeigte die Baureihe 251 seit 1965 auf der „Rübelandbahn“ eindrucksvoll. Die aufkommende und zunehmend bahntaugliche Halbleitertechnik sollte ebenfalls zur Anwendung kommen, ein Erprobungsmuster war mit der E 211 001 seit 1967 bereits vorhanden. Die 250er war seinerzeit das Stärkste, was die Reichsbahn in der DDR auf die Räder stellte: sechs Achsen, 123 Tonnen Eigenmasse, 5.400 Kilowatt Stunden- und 5.100 Kilowatt Dauerleistung sowie 120 km/h Höchstgeschwindigkeit und in 270
Typenskizze der sechsachsigen Ellok der DR-Baureihe 250
EFA/alba Publikation
Technisches Detail der DR-Baureihe 250: das dreiachsige Drehgestell Axel Mehnert (2)
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Elloks der DR-Baureihe 250
Exemplaren zwischen 1977 und 1984 beschafft. Hinzuzuzählen sind die drei Prototypen von 1974. Nicht zu vergessen die Anforderungen an die Er- gonomie: Helle, geräumige und vor allem auch bequeme Führerstände waren gefragt, inklusive Schränke für Kittel und Jacken. Damit Verschmut- zungen während der Wartung reduziert werden, erfolgte der Zugang in den Führerstand nicht mehr direkt, sondern über den Maschinenraum.
Die 250 war seinerzeit das Stärkste, was die Reichsbahn in der DDR auf die Räder stellte
Technisches Detail der DR-Bau- reihe 250: der Führerstand
Der komplette Lokkasten ist als selbsttragende Konstruktion ausgeführt, die gesickten Seiten- wände tragen wesentlich zur Stabilisierung bei. Für einen hohen Luftdurchsatz sorgen die fast über die komplette Seitenwand reichenden Lüf- terbänder. Drei abnehmbare Dachhauben sorgen für den nötigen leichten Zugang sowohl bei der schweren Instandhaltung als auch beim Umfor- mer- oder Fahrmotorlüfter-Tausch im Heimat-Bw. Die Drehgestelle mit asymmetrischem Radstand besitzen eine Tiefenanlenkung und sind unterei- nander zwecks Verschleißminderung an den Spur- kränzen und am Oberbau mit einer Querkupplung verbunden. Die Radsätze sind einzeln ohne Aus- gleichshebel gefedert und werden von Lemniska- tenlenkern geführt. Der Lokkasten stützt sich eben- falls über Schraubenfedern auf seitlichen Konsolen der Drehgestellrahmen ab. Der mittlere Radsatz besitzt um 60 Millimeter verschiebbare Radsatzla- ger. Für den Achsantrieb sorgt der bewährte LEW- Kegelringfederantrieb. Hierbei sind die Fahrmoto- ren nicht mehr wie beim Tatzlagerantrieb etwa der Baureihen 211 und 242 ungefedert direkt auf der Radsatzwelle gelagert, sondern auf einer die Rad- satzwelle umschließenden Hohlwelle, welche sie über beidseitige, schrägverzahnte Achsgetriebe auch antreiben. Sowohl die Übertragung des An- triebs-Drehmomentes als auch eines Teiles der Fahrmotormasse von der Hohlwelle zum eigentli- chen Radsatz erfolgt hier elastisch durch die eben- falls auf beiden Seiten zwischen Großrad und Rad- körper einvulkanisierten Gummi-Kegelringfedern. Der rund dreieinhalb Tonnen schwere Fahrmotor selbst ist ein fremdbelüfteter, zwölfpoliger Reihen- schlussmotor mit Wendefeld und Kompensations- wicklung. Die Stundenbelastbarkeit beträgt 1.940 Ampere, zum Anfahren sind 3.500 Ampere zuläs- sig. Das maximale Drehmoment liegt bei 1.800 Newtonmeter bei Drehzahlen von 1.500 min-1. Neuerungen bei dieser DR-Ellok Erstmalig bei der DR war die Ausrüstung der Lok mit einer Hochspannungssteuerung mit Leistungs- thyristoren und direkt mit der Fahrleitungsfrequenz von 16,7 Hertz gespeisten Fahrmotoren. Dabei er- möglicht ein Stufenwähler mit 30 kreisbogenförmig angeordneten Kontakten leistungsfrei die Vorwahl der nötigen Trafoanzapfungen. Die leistungsbehaf- tete kontinuierliche Spannungsstellung zwischen den Trafoanzapfungen übernimmt ein Thyristor-
steller. Bei Vollansteuerung der Fahrstufe 27 wird bei einer Fahrdrahtspannung von 15 Kilovolt eine Motorspannung von 520 Volt erreicht. Die Fahrstu- fen 28 bis 30 dienen hingegen dem Ausgleich von Unterspannungen – einem bei der DR regelmäßig im Netz auftauchenden Problem. Technik-Detail LEW-Kegelringfederantrieb U m zur Schonung des Gleises wie auch der Lokrahmen die ungefederten Mas- sen im Fahrwerksbereich und auch die schädlichen Nebenwirkungen zu lange ste- hender Rotoren beim Anfahren zu reduzie- ren, entwickelten die Siemens-Schuckert- Werke (SSW) nach dem Zweiten Weltkrieg den Gummiringfederantrieb. Die Gummi- ringfeder wird von mehreren zylindrisch gebogenen Gummiplatten gebildet, die beidseitig mit zylindrischen Segmenten aus Metall zu einer Einheit vulkanisiert wurden. Außen sind diese Gummifedern an über den Umfang verteilten Armen an der Hohlwelle und innen an der Seite eines Treibrades angeschraubt. Dieses Prinzip
Die Baureihe 250 besitzt eine elektronische Nach- laufsteuerung. Die unterlagerte Zugkraftregelung ermöglicht das Fahren der Lok an der Reibungs- grenze. Auch die Bremssteuerung arbeitet mit ste- tem Soll/Ist-Vergleich der Bremskraft. Eine mittels Führerbremsventil eingeleitete Bremsung wird
erlaubt einerseits eine Federung der Rad- scheibe sowie eine minimale Beweglich- keit der Achswelle gegenüber dem stehen- den Rad. Das LEW Hennigsdorf optimierte den SSW-Antrieb und testete ihn ausgie- big am Versuchsträger E 211. Serienmäßig eingebaut wurde der Antrieb später in den Baureihen 250/155, 243/143 sowie 252/156. Hierbei ist der Federring kein zylindri- scher, sondern ein kegelförmiger Gummi- ring, der zudem einteilig ausgeführt ist. Eine weitere Besonderheit des LEW-An- triebes ist, dass die Hohlwelle von je ei- nem schrägverzahnten Großrad je Rad- scheibe und damit symmetrisch angetrieben wird. MKL
LEW-Kegelring-Federantrieb am Radsatz einer Ellok der Baureihe 143 im AW Dessau. Die Verschraubungen für die Gummifedern an der Radscheibe sind gut erkennbar, ebenso die beiden Großzahnräder, die die Hohlwelle antreiben Michael U. Kratzsch-Leichsenring
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Als eine der ersten Loks im DB AG-Farbschema rollte die noch mit DR-Signets versehene 155 142 im Jahre 1993 über den Berg in Chemnitz-Hilbersdorf in Rich- tung Zwickau Siegfried Künzel
Im Zuge der DB AG-konformen Umzeich- nung erhielt 155 238 sogar noch neue genie- tete Nummernschilder. Damit zeigt sich die Maschine im Mai 1994 vor einem langen Kes- selwagenzug bei der Durchfahrt durch die Skatstadt Altenburg Michael U. Kratzsch-Leichsenring
Bedienen des Tasters „Bremse überbrücken“ un- wirksam geschaltet werden, woraufhin bei einer mittels Führerbremsventil eingeleiteten Brem- sung unmittelbar die Druckluftbremse aktiviert wird. Die maximal erreichbaren Bremszylinder- drücke werden mittels Druckübersetzer den ein- gestellten Zugarten G, P, P2 und R angepasst und betragen 3,7 bar in den Bremsstellungen G und P, 5,5 bar in der Bremsstellung P2 sowie acht bar in der Bremsstellung R. Allerdings ist heute die Bremsstellung R am Einstellhebel mechanisch blo- ckiert und die frühere Bremsstellung P2 gilt nun- mehr als Bremsstellung R. Zusätzlich besitzt die Lok noch eine ebenfalls über die Druckübersetzer auf die Bremszylinder wirkende Zusatzbremse mit Zusatzbremsventil Bauart Dako BP. Je drei parallel geschaltete Fahrmotoren werden von der Sekundärwicklung des Leistungstrafos ge- speist. Sobald der Bremskreis durch automatisches Umsteuern der beiden Fahr/Brems-Wender einge- schaltet ist, arbeiten die Fahrmotoren als fremd- erregte Gleichstrom-Nebenschlussgeneratoren. Jeder Fahrmotor arbeitet mit einem eigenen Bremswiderstand, die zusammen in einem sepa- raten Widerstandsturm im Maschinenraum unter- gebracht sind. Jedes Drehgestell hat sein eigenes Bremssystem und jedes Rad seinen eigenen Brems- zylinder. Ein aus der elektrischen Bremse abgelei- teter Gleitschutz soll das Entstehen von Flachstel- len bei blockierenden Radsätzen verhindern. Eine automatische Schaltung wirkt einem Schleudern der Radsätze entgegen, indem sie bei erkanntem Schleudervorgang den Lauf des Schaltwerkes be- einflusst und die Druckluftbremse mit einem ge-
über einen Druckmessumformer in ein elektri- sches Signal zur Ansteuerung der Widerstands- bremse umgewandelt und die Druckluftbremse der Lok zunächst abgeschaltet. Sobald dabei die Wirkung der elektrischen Bremse mit abnehmen- der Geschwindigkeit nachlässt, wird die elektro- nisch gesteuerte pneumatische Ergänzungs-
bremse aktiviert. Die elektrische Bremse ist so- wohl für die üblichen Verzögerungsbremsungen als auch für Beharrungsbremsungen in Gefälle- strecken als Betriebsbremse ausgelegt und wird im unteren Geschwindigkeitsbereich automatisch durch die Druckluftbremse ergänzt. Die elektri- sche Widerstandsbremse kann aber auch mittels
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Elloks der DR-Baureihe 250
ringen Druck in Tätigkeit setzt. Ein manuell ein- schaltbarer und mit Erreichen der 15 Fahrstufe au- tomatisch abschaltender Achslastausgleich wirkt einer Entlastung der voranlaufenden Radsätze bei der Anfahrt mit schweren Zügen entgegen. Der Haupttransformator besteht aus einem Stufen- und einem Leistungstransformator. Die Wicklung des ersteren hat 31 Anzapfungen, die gleichmäßig von 500 bis 15.000 Volt gestuft sind und zum Stu- fenwähler des Schaltwerkes führen. Auf dem drei- schenkligen Trafokern finden sich zudem noch die Wicklungen für die Zugheizung sowie die Hilfsbe- triebe, Bremserregung sowie die Steuerung. Zur Speisung der Hilfsbetriebe wie Fahrmotorlüfter, Tra- folüfter und Luftverdichter besitzt die Baureihe 250 einen Umformer (Motorgenerator). Dieser wird aus einer Hilfsbetrieb-Anzapfung des Trafos gespeist; bei Fahrleitungs-Unterspannung wird selbsttätig auf eine höhere Anzapfung umgeschaltet. Am Aus- gang erzeugt der Umformer einen ganz klassischen dreiphasigen Drehstrom mit 380/400 Volt, weshalb man preiswerte, in Massenproduktion herstellbare
Auch im Ruhrgebiet wurden die „Container“ schnell heimisch. Im April 2010 passiert 155 035 mit Gaskesselwagen das Kulturzentrum Gasometer in Oberhausen Michael U. Kratzsch-Leichsenring
Industriemotoren verwenden kann. Schneller als der Bedarf
Pro & contra Einflussfaktoren auf den Lokomotiveinsatz W as spricht für, was gegen die Einsätze der „Container“ genannten DB AG-
Mit 250 002 wurden nach Veränderungen an den Achsantrieben auch Versuchsfahrten mit 160 km/h Höchstgeschwindigkeit unternommen. Diese waren zwar erfolgreich, allerdings sah die DR keinen Bedarf an derartigen Loks – es blieb bei 120 km/h für die 1977 beginnende und erst 1984 endende Serienfertigung. Technische Verän- derungen gab es an den Maschinen erst unter der Regie der DB AG. So erhielten Mannheimer Ma- schinen für den Einsatz auf der Oberrheinstrecke
Zugsicherungssysteme wie ETCS. Hinzu kommt die Ersatzteillage, denn viele Ma- schinen überleben nur noch, weil Haupt- baugruppen inzwischen aus Spenderloks kommen. Allerdings spielen solche techni- schen Faktoren nicht auf allen Strecken im Netz der DB AG eine Rolle – und moderne Drehstromloks haben auch ihre Beschaf- fungs- oder Leasingkosten. Gerade für pri- vate Anbieter ohne dichtes Zugangebot sind Loks wie die 155 daher immer noch ein wirtschaftliches Optimum, beispielsweise wenn Züge auf Strecken nur an wenigen Tagen je Woche verkehren und dazwischen längere Standzeiten ohne anderweitige Leistungen liegen. MKL
Baureihe 155? Pluspunkt der Maschinen sind zweifelsohne die Zugkraft über die sechs Radsätze sowie die noch zeitgemäße Ergonomie des Führerstandes. Erste spielt gerade auf steigungsreichen Strecken bei Regen und Schnee eine wichtige Rolle, soll die installierte Leistung auch komplett am Gleis wirken können. Gegen die Maschine sprechen sechs Achsen, denn die kosten Aufpreise bei der Trassengebühr. Zudem besitzt die Lok wegen des Gleichstroman- triebes keine ihre Betriebskosten senkende Rückspeisemöglichkeit der elektrischen Bremse ins Netz und es fehlen moderne
Die DB ersetzte bei vielen Loks die Scheren- stromabnehmer durch Einholmstromabnehmer
zusätzlich das Zugsicherungssystem LZB 80/ CirElke. Des Weiteren ersetzte man bei zahlrei- chen Loks die Scherenstromabnehmer der Bauart VM28-31 durch Einholmstromabnehmer DAS 200. Damit verbunden war in der Regel auch der Ersatz des Druckluft-Hauptschalters durch einen neuen Vakuumhauptschalter. Die Mitteldeutsche Eisen- bahn rüstete ihre 155er teilweise noch mit Kompo- nenten der Baureihe 143 nach, um sie zusammen mit dieser in Doppeltraktion fahren zu können. Die 250/155 selbst besaß ansonsten keine Viel- fach- oder Wendezugsteuerung und konnte auch nicht in Doppeltraktion gefahren werden. Abwechslungsreiche Farbgebungen Die ersten Maschinen trugen den klassischen DR- Lack der Epoche IV mit einem Lokkasten in Bor- deauxrot sowie Dach, Radsätzen und Drehgestel- len in Grau. An den Fronten in Höhe der unteren Lampen trugen sie breite und an den Seitenwän- den schmale Zierstreifen. Loknummern und Eigen- tumsanschriften waren als genietete bzw. gegos- sene Schilder angebracht. Ende der 1970er-Jahre gab es allerdings offensichtlich Beschaffungspro-
Am 2. April 2016 im Ausbesserungswerk Dessau aufgearbeitete DB AG-Baureihe 155
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Die Baureihe 155 bei „privaten“ Bahnunternehmen
Eine der ersten privaten 155er war die 155 059 der PRESS, hier am 12. März 2022 mit einem Elbtalumleiter bei Feilitzsch Michael Giegold
Bei der MEG wurden die 155er zum Teil traktionsfähig mit der 143 um- gebaut und kamen als gemischtes Doppel zum Einsatz Bahn im Bild/LeiKra
155 045 gehört der IntEgro Verkehr GmbH. Am 30. Mai 2020 ist die Lok bei Bruchmühlbach unterwegs. Am Haken hat die auffallend mehrfarbig lackierte Maschine einen standesge- mäßen Ganzzug, gebildet aus modernen VTG-Selbstentladewagen Jan Luca Herrmann
In einem schwarzen Design ist 155 007 des Erfurter Bahnservice gehalten (Foto am 6. Februar 2019 in Obersuhl) Volker Thalhäuser
bleme beim Lack, weshalb die Maschinen in einem hellen Rotton ausgeliefert wurden. Dank oft guter Pflege durch die Planpersonale hielten sich diese Farbvarianten bis zur „Wende“. Bei der DB AG wurde die Farbgebung bunter: Von Orientrot mit Latz und gegebenenfalls Braun ab- gesetzten Lüfterbändern (und Fahrwerken) bis zu- letzt im Verkehrsrot mit Fahrwerk in Schwarz und Lüfterbändern und unterem Rahmen in Grau reichte die Vielfalt. Auch gut erhaltene DR-Lackie- rungen – ergänzt um DB-Signets – waren anzu- treffen. Bei den verkehrsroten Maschinen konnten die Seitenwände nur mit DB AG-Signet oder Rai- lion- beziehungsweise später DB-Cargo-Schriftzü- gen versehen sein. Es gab aber auch Maschinen, die zeitweise ganz ohne diese Zierde auskamen. Bei den ersten privaten Betreibern wie Press oder Integro kamen weitere Lackierunsgvarianten in Blau/Grau oder Dunkelblau/Weiß hinzu, auch Er- furter Bahnservice und Railpool sorgten für far- benfrohe Zuwächse. Andere Einsteller lackierten die Maschinen dagegen eher im Retrodesign der DR bzw. frühen DB AG – im Falle der 155 219 treffen
ten die Loks die in sie gestellten Erwartungen und erfreuten sich schnell entsprechender Beliebtheit bei den Lokführern. Deshalb wurden die Maschinen nicht nur in den großen Güterbahnhöfen der Repu- blik schnell heimisch, auch im schweren Schnell- zugdienst schätzten die Lokführer ihre Qualitäten. Und zwischen zwei Leistungen tauchten die 250er auch schon mal vor Personenzügen auf, schließlich waren Stillstandszeiten verpönt, und seit der Ener- giekrise der frühen 1980er-Jahre war die Elektro- traktion bei der DR wieder das Mittel der Wahl beim Ausbau des sozialistischen Verkehrswesens. Zwischen zwei Leistungen tauchte die 250 bei Dass dieser 1989/90 eine jähe Richtungsänderung erfahren sollte, war natürlich in den 1970er-Jahren nicht vorhersehbar – Einsätze im Westen ebenso- wenig. Allerdings führte die Wiedervereinigung genau dazu. Ost-West-Strecken wie Halle – Ei- chenberg, Erfurt – Bebra oder eben die Magistrale Berlin – Helmstedt waren bald elektrifiziert und wurden zu neuen Auslaufstrecken der „Container“. Zudem wurden sie schnell in den Großräumen Mannheim und Nürnberg heimisch und bespann- ten dort alle Arten von Güterzügen, bevorzugt na- der DR auch schon mal vor Personenzügen auf
türlich im Montan- und Baustoffverkehr. Lediglich die Domäne der 4.000 bis 6.000 Tonnen schwe- ren Erzzüge verblieb bis zum Auftauchen der Bau- reihe 189 uneingeschränkt bei den DB-151ern. Die Vorbehalte der Bundesbahner waren zunächst hoch: Eine Ostlok aus sozialistischer Mangelwirt- schaft mit zum Teil unbekannten Komponenten, was sollte denn von sowas zu halten sein? Immer- hin kamen mit der 155 auch zahlreiche DR-Lokfüh- rer mit in den Westen und zeigten so ganz praxis- nah, was damit so alles zu ziehen war. Wirklich ersetzen konnte die DB AG die 155er erst durch die Baureihen 189 und 193. Die haben zwar keine sechs Radsätze, allerdings eine sehr gute Zugkraft- regelung. Hauptgrund für die DB AG zur Abstel- lung ist aber wie bei der Baureihe 151 neben dem Alter die fehlende Energierückspeisung beim Bremsen sowie nicht mehr wirtschaftlich nachzu- rüstende Sicherungssysteme wie ETCS. Bleibt den „Container“-Fans zu wünschen, dass dies bei den noch mehr als 20 aktiven vorhandenen Privat- bahn- und Museumsloks noch längere Zeit eine untergeordnete Rolle spielt und die Loks der heu- tigen Baureihe 155 noch eine Weile vor standesge- mäßen Güterzügen auf ihren angestammten Ma- gistralen zu erleben sind. Das Baumuster 155 001 schied übrigens erst 2006 aus dem aktiven Dienst aus und steht heute im DB-Museum Halle (Saale). Michael U. Kratzsch-Leichsenring
sogar beide Schemata aufeinander. Einsätze in alle Richtungen
Erprobt wurden die Baumuster 250 001 bis 003 ab 1974 vor allen Arten von Zügen im gesamten elek- trifizierten Netz der DR. Erwartungsgemäß erfüll-
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