Toolbox Religion

Interreligiöse Kompetenz für internationale Jugendbegegnungen und Jugendreisen

toolbox religion Interreligiöse Kompetenz für internationale Jugendbegegnungen und Jugendreisen

Wer war eigentlich Jesus? Welche Be- deutung hat das Judentum für Jugend- liche heute? Welche Glaubensrichtun- gen gibt es im Islam? Und was hat das alles mit internationalen Jugendbegeg- nungen zu tun? Mit Hintergrundinformationen, Anregun- gen zur Reflexion und methodisch-­ didaktischen Praxistipps bietet die Tool- box Religion die drei wichtigsten Zutaten für einen konstruktiven interreligiösen Dialog im Rahmen von internationalen Jugendbegegnungen. Dabei ist kein Ex- pertenwissen notwendig, um die Toolbox zu nutzen. Sie richtet sich vielmehr an Teamer/-innen, die sich auf die Themati- sierung von Religion im Rahmen ihrer Jugendbegegnung vorbereiten wollen. Toolbox Religion Interreligiöse Kompetenz für internationale Jugendbegegnungen und Jugendreisen

Gefördert vom

TOOLBOX RELIGION

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Interreligiöse Kompetenz für internationale Jugendbegegnungen und Jugendreisen

Impressum

Inhalt

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Herausgeber: IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e V Godesberger Allee 142–148, 53175 Bonn Tel.: +49 (0)228-95 06-0, Fax: +49 (0)228-95 06-199 info@ijab.de, www.ijab.de transfer e V Grethenstraße 30, 50739 Köln Tel.: +49 (0)221-95 92 19-0, Fax: +49 (0)221-95 92 19-3 service@transfer-ev.de, www.transfer-ev.de

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Teil I: Basisinformationen .................................. 13 Christentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Das Leben Jesu ............................................ 16 Jesu Botschaft .............................................. 17 Kirchengeschichte .......................................... 19 Theologie ................................................ 20 Reformbewegungen ......................................... 27 Mystik ................................................... 30 Christentum heute .......................................... 31 Bedeutung des Christentums für Jugendliche ...................... 33 Interreligiöse Dialoge ........................................ 34 Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Ursprung ................................................. 36 Geltungsbereich ........................................... 36 Entwicklungen/Geschichte ................................... 37 Der Prophet ............................................... 39 Der Koran – Gottes Rede in Buchform ........................... 40 Die zentrale Botschaft des Islam ............................... 41 Wir und die „Anderen“ – Abgrenzung oder Ausgrenzung? ........... 42 Die Deutung des Textes – Hermeneutik .......................... 42 Feministische Theologie ...................................... 43 Glaubenspraxis – Riten ...................................... 43 Glaubensrichtungen ........................................ 45 Sunniten ................................................. 45 Schi‘iten ................................................. 46 Islamische Mystik/Sufismus ................................... 47 Ethik .................................................... 47 Religiosität heute und die Bedeutung der Religion für Jugendliche in der Diaspora ............................................ 48 Der 11. September und die Folgen .............................. 50

Verantwortlich: Marie-Luise Dreber, IJAB (V.i.S.d.P.) Dr. Werner Müller, transfer e.V.

Autorinnen und Autoren: Anette Gisevius, AFS Interkulturelle Begegnungen e.V. www.afs.de (Miteinander in multireligiösen Gruppen) Jonathan Grünfeld, Yitzhak-Rabin-Schule, Grundschule der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf (Judentum) Rabeya Müller/Luise Becker, IPD – Institut für interreligiöse Pädagogik und Didaktik, www.ipd-koeln.de (Islam) Ulrike Plautz, evangelische Theologin und Journalistin (Christentum) Redaktion: Christiane Reinholz-Asolli, IJAB Anke Frey, transfer e.V. unter Mitarbeit von Andrea Wenk, Kerstin Dopatka-Durston, Behrooz Motamed-Afshari, Emilia Illieva und Tamasz Büchler

Lektorat und Bildredaktion: Ann-Kathrin Fischer, IJAB Susanne Klinzing, IJAB Ulrike Werner, IJAB Gestaltung: DIE.PROJEKTOREN, Berlin

Druck: LASER LINE

Dezember 2009

Gefördert vom: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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TOOLBOX RELIGION

Inhalt

Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Ursprünge des Judentums – Tora, Land und Volk ................... 52 „An den Strömen Babylons saßen wir und weinten“ (Psalm 137,1): Das babylonische Exil ....................................... 53 Die Zeit des Zweiten Tempels ................................. 54 Jüdische Selbstbehauptung nach der Tempelzerstörung .............. 55 Der Talmud ............................................... 55 Botschaften des Judentums .................................... 56 Ethnisch-religiöse Zugehörigkeit und Glaubensrichtungen ............ 57 Jüdischer Feminismus ........................................ 59 Bedeutung der Religion für jüdische Jugendliche ................... 60 Zionismus ................................................ 61 Die Schoa ................................................ 62 Israel .................................................... 63 Teil II: Informationen zur Glaubenspraxis – Religiöse Regeln & Rituale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Bedeutung und Verbindlichkeit der Schriften und Gesetze . . . . . . . . . . . . 67 Christentum ............................................... 67 Islam .................................................... 69 Judentum ................................................. 70 Hinweis für die Begegnungspraxis .............................. 71 Textauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Christentum ............................................... 72 Islam .................................................... 73 Judentum ................................................. 74 Hinweis für die Begegnungspraxis .............................. 75 Sprache der Heiligen Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Christentum ............................................... 76 Islam .................................................... 77 Judentum ................................................. 77

Eintritt und Austritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Christentum ............................................... 78 Islam .................................................... 79 Judentum ................................................. 79 Hinweis für die Begegnungspraxis .............................. 80 Religiöse Rituale/Alltagsrituale/Feste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Christentum ............................................... 81 Islam .................................................... 84 Judentum ................................................. 86 Hinweis für die Begegnungspraxis .............................. 91 Gebete und Gotteshäuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Christentum ............................................... 92 Islam .................................................... 94 Judentum ................................................ 95 Hinweis für die Begegnungspraxis .............................. 97 Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Christentum ............................................... 98 Islam .................................................... 98 Judentum ................................................. 99 Hinweis für die Begegnungspraxis ............................. 101 Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Christentum .............................................. 102 Islam ................................................... 102 Judentum ............................................... 103 Hinweis für die Begegnungspraxis ............................. 103 Kleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Christentum .............................................. 104 Islam ................................................... 104 Judentum ............................................... 106 Hinweis für die Begegnungspraxis ............................. 107

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Inhalt

Teil IV: Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 ReligiöseVielfalt........................................... 135 Persönliche Einstellung zur Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 StereotypeundVorurteile.................................... 147 Gemeinsame Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Möglichkeiten eines friedlichen Miteinanders von unterschiedlichen Religionen................................................ 155 Grundwissen zu den einzelnen Religionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Vielfalt der unterschiedlichen Auslebungsmöglichkeiten einer Religion . . 165

Hygienevorstellungen und -vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Christentum .............................................. 108 Islam ................................................... 108 Judentum ................................................ 109 Hinweis für die Begegnungspraxis ............................. 109 Sexualität/Körperkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Christentum .............................................. 110 Islam ................................................... 111 Judentum ................................................ 112 Hinweis für die Begegnungspraxis ............................. 113 Rolle von Frau und Mann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Christentum .............................................. 114 Islam ................................................... 115 Judentum ................................................ 118 Hinweis für die Begegnungspraxis ............................. 119 Familie/Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Christentum .............................................. 120 Islam ................................................... 121 Judentum ............................................... 121 Teil III: Miteinander in multireligiösen Gruppen – Hinweise für Trainer/-innen & Betreuer/-innen . . . . . . . . . . . 123 Gewaltfreie Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 „Betzavta“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 AufbauundAblaufeinerBegegnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

Literatur und Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Bildnachweis ............................................... 192

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Vorwort

Vorwort Die Idee zu einer „Methodenbox Inter- religiöse Kompetenz“ entstand 2004 in einem Workshop zum Thema „Interreli- giöse Kompetenz“ im Rahmen des For- scher-Praktiker-Dialogs (www.forscher- praktiker-dialog.de). Damals wurde deutlich, dass Jugend­ leiter/-innen von internationalen Be- gegnungen zu wenig Methoden für den Umgang mit Gruppen von Ju- gendlichen verschiedener Religionen kennen und es ihnen an wichtigen Grundinformationen fehlt. Über die TIB-Trainingsseminare von IJAB – Fachstelle für Internationale Ju- gendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. und transfer e.V. wurde daher 2005 ein mehrstufiger Prozess zum Thema „Interreligiöse

Kompetenz“ initiiert. Unter Beteili- gung von Trägern der internationalen Jugendarbeit sowie Religionsexper- t(inn)en wurden Fragen, Knackpunkte, Themen und Methoden für die Arbeit mit religiös gemischten Gruppen in in- ternationalen Jugendbegegnungen er- arbeitet. Eines der Ergebnisse ist diese Toolbox. Sie soll die Entwicklung von interreligiöser Kompetenz unterstüt- zen und damit einen Beitrag zur Qua- litätsentwicklung und Qualifizierung in der internationalen Jugendarbeit leisten.

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glossar einleitung

Einleitung Wer war überhaupt Jesus? Welche Be- deutung hat das Judentum für Jugend- liche heute? Welche Glaubensrich- tungen gibt es im Islam? Und was hat das alles mit internationalen Jugend- begegnungen zu tun? Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft. In verschiedensten Lern- und Erfahrungsräumen treffen immer auch Menschen unterschiedlichen Glaubens zusammen. Neben interkul- tureller Kompetenz ist also interreligi- öse Kompetenz gefragt – sowohl von jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an internationalen Aus- tauschprogrammen als auch von Teamer(inne)n. Mit dieser Toolbox möchten wir Leiter­ innen und Leiter von internationalen Jugendbegegnungen dabei unterstüt- zen, mit der multireligiösen Zusam- mensetzung ihrer Gruppe zu arbeiten. Die Toolbox wurde für Menschen ge- schrieben, die weder Religionsexper- t(inn)en sind noch dies werden wol- len. Sie richtet sich an Teamer/-innen ohne viel Spezialwissen über die drei abrahamitischen Religionen, die sich auf die Thematisierung von Religion im Rahmen ihrer geplanten Jugendbe- gegnung vorbereiten wollen. Informa- tion, Reflexion und methodisch-di - daktische Umsetzung – dies sind die drei wichtigsten Zutaten , wie ein kon- struktiver interreligiöser Dialog im

Rahmen von internationalen Jugend- begegnungen gelingen kann. Diesen drei Schritten folgt auch der Aufbau der Toolbox. Im ersten Teil finden Sie in längeren Fließtexten Basisinformationen zu den drei Religionen Christentum, Islam und Judentum. Im zweiten Teil werden die zuvor komplex und eher abstrakt beschriebenen Glaubensin- halte in ihrer konkreten Bedeutung im Alltag anschaulich. Nach Stich­ worten gegliedert bietet Ihnen dieser Teil der Toolbox knappe Erläuterungen zu verschiedenen Punkten – von der Bedeutung von Familie bis hin zu religiösen Festen – jeweils für alle drei Religionen. Interkultureller und interreligiöser Di- alog basieren vor allem auf einer in- dividuellen Haltung, die sich in der Kommunikation und im Umgang in Konfliktsituationen niederschlägt. Dies wird im dritten Teil thematisiert, indem exemplarisch zwei Ansätze der Kommunikation und Konfliktlö - sung beschrieben werden. Und dann wird es praktisch: Eine Auswahl von Tipps und in der Praxis erprobten Methoden, wie Teamer/ -innen die Themen Religion und Inter- religiöser Dialog in Gruppenprozesse integrieren können, sind im vierten Teil zusammengestellt. Wer sich dar- über hinaus informieren möchte, fin - det am Schluss dieser Toolbox eine

Ebenso wichtig war uns, dass in dieser Toolbox in erster Linie die offene, inte- grative und dialogorientierte Richtung jeder Religion dargestellt wird. Zwar finden auch die eher konservativen Sichtweisen Erwähnung. Die Beto- nung liegt jedoch auf der Darstellung der Möglichkeiten zu Annäherung und Dialog zwischen den Religionen, die sich mit einer egalitären und demo- kratischen Textauslegung eröffnen. In diesem Sinne wünschen wir allen Nutzerinnen und Nutzern der Toolbox Religion viele gelingende und berei- chernde internationale und interreligi- öse Begegnungen.

Sammlung von hilfreichen Literatur- tipps, Adressen und Internetlinks. Bei der Erstellung der Toolbox war es uns wichtig, dass an dieser Handrei- chung Angehörige aller drei Religio- nen mitarbeiten, die ihren Glauben auch praktizieren. Nicht aus wissen­ schaftlich-abstrakter Perspektive, son- dern aus der Innensicht heraus stellen sie die jeweils wichtigen Punkte ihrer Religion dar. Zum Redaktionsteam ge- hörten neben den Herausgebern je eine Vertreterin oder ein Vertreter der drei Religionen und eines Jugendver- bandes. Alle Beiträge zur Toolbox wur- den in diesem gemischten Team disku- tiert. So fand auch im Kreis derer, die die Toolbox verfasst haben, eine in- haltliche Auseinandersetzung statt – ein kleiner interreligiöser Dialog.

Die Herausgeber

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Basisinformationen Toolbox religion

Christentum Christentum TEil 1: Basisinformationen

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Christentum Christentum

Z um Christentum (griech. christia- nismos ) bekennen sich heute über zwei Milliarden Menschen. Seine Wur- zeln liegen im Judentum, in Palästina zur Zeit der römischen Herrschaft zu Beginn des 1. Jahrhunderts. Das Chris- tentum geht zurück auf die Anhänger und Anhängerinnen des jüdischen Wanderpredigers Jesus von Nazaret. Von allen Weltreligionen beruft sich das

Christentum am stärksten auf eine Per- son. Jesus wird von den Christen als der Christus (griech. christos : der Gesalbte; hebr. maschiah : Messias) verehrt, als der Sohn Gottes, der Mensch geworden ist. „ Was die Lehre für den Buddhismus und der Koran für den Islam ist, das ist Christi Person für das Christentum. “ (Nathan Söderblom)

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Basisinformationen

Christentum

Das Leben Jesu Herkunft

vorübergehend der eschatologischen Bußbewegung um Johannes den Täufer an ( Eschatologie : Lehre von den letzten Dingen). Nach seiner Taufe durch Johannes zog sich Jesus zum Beten und Fasten 40 Tage in die Wüste zurück. Öffentliches Wirken Etwa im Jahr 28 n. Chr. trat Jesus in die Öffentlichkeit. Zunächst wirkte er in Galiläa am See Genezareth, erst später für eine kurze Zeit in Jerusa- lem. Er wählte sich seine Jünger und Jüngerinnen, meist einfache Men- schen aus Galiläa, selbst aus. Die Zeit seiner Wirksamkeit war kurz und dauerte vermutlich nur eineinhalb bis zwei Jahre. Er galt als eine sehr cha- rismatische Persönlichkeit und wurde von seinen Anhängerinnen und An- hängern als Rabbi (hebr.: Meister, Lehrer) verehrt. Jesus lehrte in Syna- gogen, verkündete die Botschaft vom Reich Gottes, heilte Kranke meist durch ein Wort oder durch Auflegen seiner Hände und kümmerte sich be- sonders um ausgestoßene und gemie- dene Menschen. Nationalistische Gruppen verknüpften den Gottesreichgedanken mit der Hoff- nung, die römische Fremdherrschaft zu überwinden. Ein Messias-König wurde erwartet, der die Feinde vertreiben wür- de. Doch Jesu Botschaft vom Gottes- reich bezog sich nicht auf die politi- schenVerhältnisse der Zukunft, sondern

hatte eine spirituelle Dimension, die schon in der Gegenwart wirksam war.

Das Leben Jesu lässt sich nur aufgrund einiger Eckdaten rekonstruieren. Jesus wurde gegen Ende der Regierungszeit von König Herodes zwischen 8 und 4 v. Chr. geboren. Seine Eltern waren der Schreiner Joseph und Maria. Sie lebten in Nazaret in Galiläa, wo Jesus auf- wuchs. Der damals häufige Name Je - sus stammt von der griechischen Form des hebräischen Jehoshua („Jahwe ist die Rettung“) ab. Jesus besuchte die Synagogenschule in seinem Heimatort, sprach Aramäisch und konnte lesen und schreiben. Danach schloss er sich

Tod und Ostergeschehen Dennoch sahen viele in Jesus einen politisch-messianischen Aufrührer. Mit dieser Begründung wurde er in Jerusa- lem verhaftet und vom römischen Statthalter Pontius Pilatus zum Tode durch Kreuzigung verurteilt. Die Hin- richtung fand vermutlich im Jahr 30 n. Chr. statt. Mit Jesu Hinrichtung war nicht alles aus. Den Überlieferungen im Neuen Testament zufolge fanden seine Jünger sein Grab leer vor, und er erschien ihnen als Auferstandener. Durch die- ses Ostergeschehen bzw. den Aufer- stehungsglauben wurde Jesus zum Christus und zum Erlöser der Men- schen. Für die Gläubigen hat er durch seine Auferstehung die Übermacht des Todes nicht nur für sich selbst über- wunden, sondern hat stellvertretend alle Menschen aus der Übermacht des Todes erlöst. Um ihre Verehrung für das Wesen und seine Lehren auszudrücken, schmück- ten ihn die Gläubigen mit Würdetiteln aus ihrer jeweiligen Umwelt ( Men- schensohn, Gottes Sohn, Sohn Davids, Herr, Heiland und Christus ). Jesus hat vermutlich keinen dieser Titel selbst auf sich angewandt.

Christus-Statue bei Rio de Janeiro/Brasilien

Jesu Botschaft Jesus war kein Religionsstifter. Er wollte weder eine neuartige Heilslehre ver- kündigen noch eine neue religiöse Or- ganisation begründen. Er betonte die erlösenden und befreienden Elemente der jüdischen Religion. Jesus lag daran, seine Botschaft in einer Sprache zu ver- künden, die jedem verständlich ist. Er wählte häufig die bildhafte Form der Gleichnisse, über deren Bedeutung er mit den Zuhörenden sprach. In ihnen verkündigte er die Liebe Gottes, die er selbst dadurch verwirklichte, indem er die Nähe zu den Armen und den von der Gesellschaft ausgestoßenen Men- schen suchte.

Glasfenster mit Krippenszene

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Basisinformationen

Christentum

Kirchengeschichte Zur Bildung der Kirche, der bedeu- tendsten Organisationsform der christ- lichen Religion (griech. kyriake : dem Herrn gehöriges Haus) kam es nach Ostern, als sich Jesu Anhängerinnen und Anhänger in Jerusalem zusam- menfanden. Beim so genannten Pfingst­ ereignis (von griech. pentekoste : der 50. Tag) sieben Wochen nach Ostern rühmten die Jüngerinnen und Jünger die großen Gottestaten in anderen als in ihren eigenen Sprachen (Apostelge- schichte 2,1–47). Durch diese gemein- same spirituelle Erfahrung gewannen sie die Gewissheit, die Mitte des von Gott erneuerten Israel zu sein. Das Pfingstereignis, das im Christentum als Ausgießung des Heiligen Geistes ge- feiert wurde, gilt somit volkstümlich als „Geburtstag der Kirche“. Zu einer eigenständigen Glaubens- richtung entwickelte sich das Chris- tentum im 1. Jahrhundert. Durch die Missionsreisen des ehemaligen Chris- tenverfolgers Paulus breitete sich das Christentum rasch im ganzen Römi- schen Reich aus und wurde im 4. Jahr- hundert zur Staatsreligion. Die gesam- te Christenheit wird heute als „die Kirche“ angesehen. Bis zur Entstehung der evangelischen Kirche im 16. Jahrhundert als neue Glaubensrichtung ist der Begriff Kirche gleichbedeutend mit der katholischen

Liebesgebot und Seligpreisungen Zur zentralen Botschaft Jesu gehören das jüdische Liebesgebot und die Bergpredigt. Das Doppelgebot der Liebe (Matthäus 22,37–40) lautet: „ Du sollst den Herren, deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Denken und aus deiner ganzen Kraft. Und das zweite ist dieses: Du sollst Deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die ganze Kraft. “ Die Bergpredigt (Matthäus 5–7) enthält unter anderem die so genannten Selig- preisungen („ Selig sind die Barmherzi- gen…“ ), die die Grundordnung der Got- tesherrschaft beschreiben. In seiner Rede geht Jesus auch auf die jüdische Gesetz- gebung ein. Er erneuert bzw. radikalisiert jüdische Gebote, um dem zugrunde lie- genden ursprünglichen Willen Gottes zu größerer Wirksamkeit zu verhelfen. Dies tut er kraft unmittelbarer Autorität in ei- nem Vollmachtsanspruch („ Zu den Alten wurde gesagt… Ich aber sage Euch“ ). Auslegung der jüdischen Gebote Jesu Botschaft und sein Wirken waren ganz auf Israel bezogen. Er lebte in der Erwartung des bevorstehenden Welten- des, wie es im Tanach , also der hebräi- schen Bibel, angekündigt wurde. (Die hebräische Bibel wurde erst später von

Jesu Selbstverständnis, insbesondere sein Vollmachtsanspruch, mit dem er die jüdische Lehre neu interpretierte, brachte ihn mit Vertretern des jüdi- schen Gesetzes in Konflikt. In den Au - gen der Schriftgelehrten und Pharisäer galt Jesu Verhalten als Gotteslästerung. Gottesbild Jesus sah das Weltende und das damit verbundene Kommen Gottes nicht als Strafgericht (wie beispielsweise Johan- nes der Täufer), vor dem man sich nur mit radikalem Gesetzesgehorsam und Askese retten konnte. Vielmehr ver- kündigte er die Gottesherrschaft als ein Geschehen, das die gegenwärti- gen Verhältnisse heilvoll verwandelt und die Menschen in die Gemein- schaft mit Gott bringt. Dieses Gesche- hen war für Jesus bereits Gegenwart. Jesu Botschaft lautet: Gott ist den Men- schen wie ein Vater zugetan. Dieses Gottesbild verdeutlicht sich im christ- lichen Hauptgebet, dem Vaterunser. Das in der jüdischen Tradition stehen- de Gebet stellt zugleich das wichtigste Binde-Gebet zwischen Judentum und Christentum dar. In seinen Gleichnis- sen verkündigt Jesus immer wieder den Himmlischen Vater .

den Christinnen und Christen als Altes Testament bezeichnet.) Das Besondere an der Lehre Jesu wurde auch deutlich in der Auseinandersetzung mit der jü- dischen Lehre und dem jüdischen Ge- setzesverständnis. Jesus unterschied sich von den anderen Rabbinern, weil er die Aussagen des Tanach sehr frei in- terpretierte. Er reduzierte zum Beispiel die Fülle der 613 Einzelgebote auf das eine jüdische Gebot, Gott und den Nächsten zu lieben. Ihm ging es dar- um, den Sinn der Gesetze neu zu erfas- sen und freizulegen. Er nahm das Ge- setz als Hinweis auf den ursprünglichen Schöpferwillen Gottes und seiner Liebe zu den Menschen, kritisierte es jedoch da, wo es diesen Willen Gottes verdun- kelte. So übertrat er mehrfach die stren- gen Sabbatregeln, die jegliche Arbeit an diesem Tag untersagten und zum Beispiel Krankenheilungen nur in Not- fällen erlaubten, mit den Worten: „ Der Sabbat ist um des Menschen willen geschaffen worden und nicht der Mensch um des Sabbats willen. “ (Markus 2, 27) Stilisierter Fisch, ein Symbol des frühen Christentums

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Basisinformationen

Christentum

 Orthodoxe Erzbistümer (die „au- tokephal“ sind, d. h. sich „selbst regieren“ und ihren Vorsteher und ihre Bischöfe selbst bestimmen dürfen): Erzbistum von Zypern, Erzbistum von Griechenland, Erz- bistum von Polen, Erzbistum von Albanien, Erzbistum von Tschechi- en und der Slowakei, Orthodoxe Kirche in Amerika (russisch-ortho- doxe Kirche gewährte ihr die „Selbstregierung“)   Autonome Kirchen (d. h. eine an- dere Kirche hat Mitspracherecht bei der Bestimmung des Vorste- hers): britisch-orthodoxe Kirche, Erzbistum von Finnland, Erzbis- tum von Japan, autonome russisch- orthodoxe Auslandskirche, Erzbis- tum Sinai

mit dem Vater“ ist (Konzil von Nicäa 325 n. Chr.) und Gottes Sein sich in drei Seinsweisen darstellt: als Vater, als Sohn und als heiliger Geist (Konzil v. Konstantinopel 381 n. Chr.). Es han- delt sich dabei nicht um drei verschie- dene Götter, sondern um einen einzi- gen Gott. Bei der Frage um das richtige Christus- verständnis kam es 1054 zur Trennung zwischen den Kirchen des Oströmi- schen Reiches (Byzanz) und der rö- misch-katholischen Westkirche. Die orthodoxen Kirchen entstanden. Orthodoxe Kirchen Orthodoxe Kirche (griech.: recht­ gläubig, d. h. die rechte Verehrung oder rechte Lehre Gottes) nennen sich die christlichen Kirchen, die ih- ren Ursprung im Byzantinischen Reich haben. Deshalb spricht man von den Ostkirchen im Gegensatz zur katholischen Westkirche. Die orthodoxen Kirchen eint die Überzeugung, das urchristliche Erbe richtig zu bewahren. Die orthodoxe Kirche versteht sich als die ursprüng- liche christliche Kirche. Die orthodo- xe Kirche erkennt als höchstes Lei- tungsorgan nicht den Papst, sondern das Konzil an. Die höchste Autorität hat die Kirche. Sie kann sich nicht ir- ren und gilt als unfehlbar.

Kirche (griech. katholikos : alle betref- fend). Die katholische Kirche galt lange Zeit als die einzige von Jesus Christus gestiftete Gemeinschaft aller Gläubigen. Um die Entstehung der unterschiedli- chen christlichen Glaubensrichtungen zu erläutern, muss ein Blick auf die Theologie, also die Glaubenslehre des Christentums geworfen werden. Theologie Christusverständnis und Trinitätslehre Wer war Christus? War er ein Gott oder ein Mensch? Um diese Frage ging es in den Anfängen der Kirchenge- schichte. Das Kernproblem war: Wie lässt sich der Glaube an den einen wahren Gott vereinen mit dem Glau- ben an Christus, den Sohn Gottes? Als monotheistische Religion, die nur an einen Gott glaubt, entwickelte die Kirche in Konzilien (Versammlungen der Bischöfe) im 4. und 5. Jahrhundert die Trinitätslehre (Lehre von der Drei- einigkeit Gottes). Die Trinitätslehre be- handelt das Verhältnis zwischen Gott, Jesus Christus und dem Heiligen Geist. Einerseits geht es darum, dass es in ei- ner monotheistischen Religion nicht zwei Götter geben kann, und anderer- seits kann Christus die Menschen nicht erlösen, wenn er nur ein vergöttlichter Mensch ist. So wurde festgelegt, dass Christus von Gott „gezeugt“ und „nicht geschaffen“ wurde, also „weseneins

Die Theologie der orthodoxen Kirche ähnelt in vieler Hinsicht der der ka- tholischen Kirche. Im Detail gibt es allerdings viele Unterschiede. Im Mittelpunkt steht vor allem das Wirken des Heiligen Geistes in Kir- che und Welt und die Menschwer- dung Gottes („und dadurch die Gott- werdung des Menschen“ – Theosis ). Zu den orthodoxen Kirchen zählen 20 Kirchen, die in Kirchengemein- schaft stehen und sich in Bekenntnis und Liturgie als eine orthodoxe Kir- che verbunden fühlen. Zu ihnen ge- hören:  Altkirchliche Patriarchate (ab 330 bis 500 n. Chr.): ökumenisches Patri- archat von Konstantinopel, grie- chisch-orthodoxes Patriarchat von Alexandria, griechisch-orthodoxes Patriarchat von Antiochien, Patriar- chat von Jerusalem  Patriarchate der nachkaiserlichen Zeit (ab 500 n. Chr.): Patriarchat von Georgien (georgisch-orthodo- xe Kirche), Patriarchat von Bulgari- en (bulgarisch-orthodoxe Kirche), russisch-orthodoxes Patriarchat von Moskau, Patriarchat von Serbien (serbisch-orthodoxe Kirche), Patri- archat von Rumänien (rumänisch- orthodoxe Kirche)

Orthodoxe Kirche in der Ukraine

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Basisinformationen

Christentum

(„ Herr Jesu rette mich, erbarme dich meiner .“).

Die orthodoxen Kirchen sind nach der katholischen Kirche weltweit gesehen die zweitgrößte christliche Kirche. Ämter: Im Gegensatz zu den westli- chen Kirchen sind die Mehrzahl der Priester keine Theologen. Die Ausbil- dung zum Priester ist kurz und sehr praxisbezogen. Auch sind die Mehr- zahl der Theologen (die die Lehre be- stimmen) Laien und keine Priester. Kirchliche Hierarchie: An der Spitze steht der Patriarch, Erzbischof oder Metropolit, dann kommen Bischof, Priester und Diakon (griech. diako- nos : Helfer). Hoch geschätzt wird die Frömmig- keit der asketisch lebenden Mönche. Aus dem Mönchsstand gehen die Bi- schöfe hervor.

im (Fehl-)Verhalten des Menschen zum Ausdruck kommen. Sie können vermieden bzw. durch Gesetze (Zehn Gebote) eingedämmt werden. Dazu gehören konkrete Verfehlungen ge- genüber Gott und den Menschen. In der kirchlichen Praxis kam es zu ei- ner Sündenstaffelung, in der zwischen einer Sünde zum Tode und einer Sün- de nicht zum Tode (1. Johannesbrief) unterschieden wurde. Daraus entwi- ckelte sich die Unterscheidung von Todsünden und lässlichen Sünden. Diese unterscheiden sich in der Ge- wichtigkeit und Schwere der Sünde, im Bewusstsein und in der Freiwillig- keit der Tat. Die Vergebung der Tod- sünde kann nur in der Beichte oder durch vollkommene Reue erreicht werden. Ohne Beichte befindet sich der Gläubige im Zustand der Sünde, was die Teilnahme an der Kommunion nicht erlaubt. Bedeutung der Institution Kirche Dieser Erlösungsglaube konnte nach dem Selbstverständnis der Kirche nur innerhalb der Institution gelebt wer- den. Die Gläubigen bekamen Zugang zu Gott und damit zur Erlösung und zum Heil nur „in und über die Kirche“. Nach damaligem Verständnis bedeu- tete dies die katholische Kirche, die sich als die einzige Kirche Jesu Christi verstand. Sie wurde für alle Menschen als heilsnotwendig und allein selig machend gesehen.

Askese oder den Erwerb von so ge- nannten Ablassbriefen von den Sün- den freikaufen könne. Der Grundge- danke der Erlösungsreligion ist: Die Erlösung und das Heilswirken Gottes geschehen schon in der Gegenwart im Leben der Menschen. Die Vollendung dieser Erlösung findet jedoch erst in der endzeitlichen Zukunft statt. So be- findet sich die christliche Existenz in der Spannung zwischen „schon“ und „noch nicht“. Die alte Theologie hat den Begriff der Erbsünde geprägt. Sie beschreibt die allgemeine Schuldhaftigkeit des Men- schen. Es handelt sich nicht um ein moralisches Versagen, sondern um eine unvermeidbare Gesamtsituation, in der sich der Mensch vor allem Tun befindet. Sie ist „Nicht-Bestandteil“ der guten Schöpfung Gottes und bricht dämonisch aus den Tiefen der Men- schen hervor. Die Erzählung vom Sün- denfall im 1. Buch Mose beschreibt das bewusste Übertreten eines Gottes- gebotes durch Adam und Eva. Die Konsequenz dieses Verstoßes ist die Vertreibung aus dem Paradies, einem Ort völliger Unschuld. Nach der Erb- sündenlehre besaß der Mensch vor dem Sündenfall das Vermögen nicht zu sündigen. Nach dem Fall wurde daraus ein prinzipielles „Unvermögen nicht zu sündigen“ (Augustin, Kirchen- vater). Im Gegensatz dazu gibt es die aktuellen und konkreten Sünden, die

Frauen sind von klerikalen Ämtern ausgeschlossen. Es gibt keine Frauen­ ordination (Priesterweihe für Frauen) und auch keinen Altardienst für Frau- en. Ansonsten können Frauen sämtli- che Gemeindefunktionen ausüben. Priester dürfen heiraten. Die Ehefrau des Priesters hat eine Sonderstellung in der Gemeinde und einen speziel- len Titel. Das orthodoxe Kirchengebäude bil- det den Jerusalemer Tempel ab. Ikonen (griech. eikon : Bild), auf de- nen Christus, Maria oder andere Hei- lige abgebildet sind, sind ein wesent- liches Merkmal der Frömmigkeit. Die Praxis des Fastens hat einen ho- hen Stellenwert. Mittwoch und Frei- tag sind regelmäßige Fastentage. Christus, der durch seine Auferstehung vom Tod die Mächte des Unheils und des Todes überwunden hat, können die Menschen erlöst werden. Die Erlö- sung wird nicht durch Leistung er- langt, also etwa durch die Befolgung der Gesetze, sondern allein durch den Glauben. Diese Überzeugung war in der Kirchengeschichte jedoch immer wieder gefährdet durch Leistungsge- danken, nach denen man sich durch

Eine wichtige Rolle spielt die Praxis des immerwährenden Herzensgebetes

Sünde und Erlösung Das Christentum ist eine Erlösungsreli- gion. Sie verspricht den Gläubigen eine Befreiung aus der das menschli- che Dasein prägenden Unheilssituati- on. In dem Zusammenhang spielt der Begriff Sünde eine große Rolle. Er ver- sucht die Tatsache zu erklären, dass es in der Welt neben den Mächten Heil, Glück und Liebe auch Unheil, Leid und Hass gibt. Im Glauben an Jesus

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Christentum

Katholische Kirche Das Wort katholisch (griech. katholi- kos ) bedeutet „das Ganze betreffend, allgemeingültig“. Unter katholischer Kirche verstand man ursprünglich die von Jesus Christus begründete Gemeinschaft aller Christen. Nach der Entstehung der evangelischen Kirche (16. Jhd.) bezeichnet der Be- griff eine Konfession bzw. Glaubens- richtung innerhalb des Christentums. Die katholische Kirche besteht aus 23 Kirchen, deren größte die Lateini- sche Kirche ist. Der katholischen Kir- che gehören weltweit die meisten Christen an. Es prägt die Morallehre der katholi- schen Kirche, an den Idealen der Bergpredigt (Liebe, Wahrheit, Ge- rechtigkeit, Gewaltlosigkeit, Besitz- verzicht, Treue) festzuhalten und zu- gleich den irdischen Anforderungen gerecht zu werden. Ämter An der Spitze der katholischen Kir- che steht der Papst . Er ist die höchste Autorität in Lehre und Kirchenord- nung und hat in Glaubens- und Lehr- fragen das letzte Wort. Ihm zur Seite stehen die Kardinäle . (lat. cardinalis : wichtig, vorzüglich). Sie werden vom Papst ernannt, unterstützen ihn bei der Leitung der Kirche und wählen bei seinem Tod seinen Nachfolger. In der Regel werden nur Bischöfe zu Kardinälen geweiht. Der Bischof

schöfe, die direkt auf die Apostel, d. h. die ersten Christen, zurück- geht).  Betonung der sieben Sakramente: Taufe, Firmung, Eucharistie (Abend- mahl), Beichte, Priesterweihe, Ehe, Krankensalbung (Letzte Ölung). Beim Abendmahl wird durch Got- tes Macht die Substanz des Brotes und des Weines vollständig in den Leib Christi verwandelt (vgl. Protes- tantismus).

(griech. episkopos : Vorsteher, Aufse- her) ist ein geistlicher Würdenträger, der die geistliche und administrative Leitung über ein bestimmtes Gebiet innehat, das zahlreiche Einzelge- meinden umfasst. Die Ernennung des Bischofs erfolgt durch den Papst. Mitarbeiter der Bischöfe sind Priester (Vorsteher einer Ortsgemeinde, Pfar- rei) sowie für den nicht priesterli- chen Dienst die Diakone . Nota Ecclesiae Zu den „Kennzeichen der Kirche“ (lat. nota ecclesiae ), die die katholi- sche Kirche nach eigener Auffassung als die einzige Kirche Jesu Christi ausweisen, gehören: 1 ihre Einheit ; 2 ihre Heiligkeit – sie wurde durch Jesus Christus gegründet; 3 Katholizität – sie gilt für alle; 4 Apostolizität – die direkte Nach­ folge der heutigen Bischöfe von den Aposteln bestätigt die Autorität der Kirche. Innerhalb der katholi- schen Kirche nahm der Apostel Pe- trus eine herausragende Bedeutung ein. Auf ihn als ersten Bischof von Rom beruft sich der Papst. Die katholische Kirche hat festgeleg- te Merkmale. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören:

  Wertschätzung der Heiligen

  Marienverehrung: Eine hohe Ver- ehrung genießt Maria, die Mutter Jesu. Über die historische Person ist wenig bekannt. Sie wird als Fürspre- cherin der Menschen vor Gott ver- ehrt. So genannte Marienerschei- nungen an Wallfahrtsorten haben im 19. Jahrhundert die Marienver- ehrung stark gefördert.

Der Satz „Es gibt kein Heil außerhalb der Kirche“ galt bis ins 20. Jahrhun- dert. Dementsprechend führt der Weg zum Heil nur über den Eintritt in die katholische Kirche. Erst während des 2. Vatikanischen Konzils erkannte die katholische Kirche die ergänzende Funktion der anderen christlichen Kir- chen wie zum Beispiel der evangeli- schen Kirche an. Auch in ihnen ist der Weg zum Heil möglich. Nach neue- rem Verständnis können demnach auch die nicht-christlichen Religionen ein Heilsweg sein. Diese Aussage hat die katholische Kirche in ihrer jüngs- ten Erklärung jedoch relativiert und die katholische Kirche als einzig wahre Kirche bezeichnet. Katholische Bischöfe auf dem Petersplatz in Rom

  Apostolische Sukzession (unun- terbrochene Amtsnachfolge der Bi-

Abendsmahlskelch mit Brot und Wein

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nedikt XVI. die lateinische Liturgie – wenn auch als außerordentliche Form der Messe – wieder eingeführt.

dern die Beziehung zwischen Gott und Mensch steht für ihn im Mittel- punkt. Sein Protest begann 1517. In einer Erklärung (Veröffentlichung von 95 Thesen an der Kirche in Witten- berg) kritisierte er, dass es in der Kir- che möglich war, sich mit so genann- ten Ablassbriefen von Sünden freizukaufen. Luthers Überzeugung zufolge können keine Leistung, keine Werke die Gnade Gottes erzwingen. Gottes Gnade erfährt man allein durch den Glauben ( sola fide ). Die guten Werke sind nicht die Voraussetzung für die Gnade Gottes, sondern die Folge seiner Gnade. Luther sieht zudem das Evangelium als den größten und einzigen Schatz der Kirche an. Damit die Bibel für alle Gläubige verständlich wurde, über- setzte er sie aus dem Lateinischen ins Deutsche. Damit wurde allen Gläubi- gen der Zugang zum Evangelium er- möglicht – notfalls auch ohne Kirche als Mittlerin. Konsequent predigte er das „Priestertum aller Gläubigen“ und vertrat die Auffassung, dass nicht nur die amtlichen Würdenträger, sondern alle getauften Christ(inn)en auf einer geistlichen Ebene stehen, da sie alle eine Taufe, ein Evangelium und einen Glauben haben. Demnach war der geistliche Stand dem weltlichen gleichgestellt und nicht mehr wie bis- her überlegen.

 Anerkennung der kirchlichen Überlieferung (Tradition, Kirchen- väter) neben der Heiligen Schrift als Offenbarungsquelle.  Anerkennung der Ergebnisse der allgemein anerkannten Ökumeni- schen Konzile (s. o.).

Heilige Messe Der zweiteilige katholische Haupt­ gottesdienst umfasst Lehrgottesdienst (Wortverkündigung) und Abendmahl (Eucharistie). Der Begriff Messe leitet sich von der Entlass-Formel der lateinischen Liturgie Ite, missa est! ab („Gehet hin in Frieden“). Beson- ders festliche Messen werden als Hochamt bezeichnet. Die Abfolge der regelmäßigen Gebete und Gesänge änderte sich im Laufe der Zeit, was eine gewisse Vielfalt der Riten hervorbrachte.

 Unterscheidung zwischen lässli- chen Sünden und Todsünden.

 Beichte (das mündliche Einge- ständnis einer schuldhaften Ver- fehlung, meist während eines Ge- sprächs unter vier Augen mit einem Geistlichen).

 Zölibat (Eheverbot) für Priester.

Gottesdienst Der Alltag der Gläubigen wird geprägt durch regelmäßige Gebete im Tages- rhythmus und zu den Mahlzeiten. In der Regel versammeln sich jeden Sonntag die Gläubigen zur Heiligen Messe . Dieser Hauptgottesdienst um- fasst die Wortverkündigung , also das Lesen und Deuten der Heiligen Schrift (Bibel) und die Eucharistiefeier (Abend- mahl, s. u.). Die Eucharistiefeier gilt als ein Sakrament . Bis zum 2. Vatikanischen Konzil (1962– 65) wurde die Messe in Latein und da- nach in der jeweiligen Landessprache gefeiert. Am 8. Juli 2007 hat Papst Be-

Reformbewegungen Evangelische Kirche Luthers Thesen

Der ehemalige Mönch Martin Luther (1501–1546) stellte den Status der Kir- che als alleinige Mittlerin des Glau- bens in Frage. Nicht die Kirche, son-

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 Der Mensch findet allein durch sei - nen Glauben Gnade vor Gott (lat. sola gratia ) und muss dafür keine Werke vollbringen.  Ausrichtung der Gottesdienste an der Heiligen Schrift (Predigt ist zen- tral). Verkündigung des Wortes Got- tes steht gleichrangig neben den Sakramenten.  Es gibt nur zwei Sakramente (statt sieben wie in der katholischen Kir- che). Als Sakrament gelten nur die Handlungen, die von Jesus von Na- zareth selbst ausgeführt wurden. Dies sind die Taufe und das Abend- mahl. Diese Sakramente verdeut­ lichen das den Menschen zukom- mende Heil.  Abendmahl: Christus ist „in, mit und unter“ Brot und Wein gegen- wärtig. Eine wirkliche Verbindung zwischen Brot und Wein und dem Leib Christi gibt es nicht. Die bei- den Substanzen „erinnern“ an das letzte Abendmahl Jesu mit den Jün- gern vor seiner Kreuzigung. Alle Gläubigen bekommen Brot und Wein (vgl. katholische Kirche).  Abschaffung der Beichte (sie ist keine Voraussetzung für die Gnade) und der Staffelung der Sünden (keine Tod- sünde). Es gibt auch keine Vorstel- lung von ewiger Verdammnis.

Die Entstehung der evangelischen Kirche

 Rolle der Laien: Sie haben das Recht, Sakramente zu spenden.

Luther wurde von der Kirche mit dem Vorwurf der Ketzerei ausgeschlossen, nachdem er nicht bereit war, seine re- formatorischen Gedanken zurückzu- nehmen. Im Selbstbewusstsein, auch außerhalb der Kirche ein guter, recht- mäßiger Christ zu sein, vertrat er wei- terhin unbeirrt seine Thesen und ge- wann immer mehr Anhängerinnen und Anhänger. Die Verbreitung seiner The- sen wurde auch durch die Entwicklung der Buchdruckkunst begünstigt. Als alle Einigungsversuche innerhalb der Kirche scheiterten, kam es zu er- bitterten Glaubenskämpfen, wobei nicht nur geistige, sondern auch welt- liche Motive eine Rolle spielten. Erst 1555 kam es zu einem Friedensab- kommen in Augsburg. Die Fürsten be- hielten das Recht, die Konfession ihrer Untertanen zu bestimmen („wessen Land, dessen Religion“). Die konfessi- onelle Spaltung zwischen katholischer und evangelischer Kirche war damit besiegelt, und die evangelische Kirche als eigenständige Glaubensrichtung anerkannt. Wesentliche Merkmale der Evangeli- schen Kirche:  Zugang zu Gott ist allen Gläubigen möglich allein durch Glauben (lat. sola fide ) und allein durch die Hei- lige Schrift (lat. sola scriptura ).

 Kein Mönchtum.

 Priesterehe ist möglich (Abschaf- fung des Zölibats).

 Keine Heiligen- und Marienvereh- rung. Die Reformatoren hielten die bisherige Form der Marienvereh- rung für übertrieben, schätzten Ma- ria als Person aber weiterhin sehr.

Briefmarken mit dem Portrait Martin Luthers

Gläubigen der jeweiligen Zeit erreicht. So wurde der Sündenbegriff im 20. Jahrhundert z. B. in Anlehnung an den Philosophen Hegel als „Entfremdung des Menschen von Gott, vom Nächs- ten und von sich selbst“ verstanden, „als das aktive sich Wegwenden von dem, wozu man gehört.“ Der Begriff Erbsünde wurde neu interpretiert und bringt den „universalen, schicksalhaf- ten Charakter der Entfremdung zum Ausdruck“ (Paul Tillich). In Theolo­ gien, die sich mit ihrem politischen Kontext auseinander setzen, wird die strukturelle Ungleichheit als Sünde bezeichnet. Anglikanische Kirche Die anglikanische Kirche (lat. ecclesia angelicana : Kirche von England) ist heute eine weltweite christliche Kir- chengemeinschaft. Zu der englischen Kirche mit ihren Tochterkirchen zäh- len heute 80 Millionen Gläubige. In

 Pluralität: verschiedene evangeli- sche Kirchen sind möglich.

 Frauen dürfen das Priesteramt aus- üben (Frauenordination).

Nach der katholischen und der ortho- doxen Kirche bilden die lutherischen Kirchen die größte Fraktion innerhalb der Christenheit. Neben der lutherischen gibt es noch andere protestantische Kirchen (zum Beispiel Calvinisten, unierte Kirche).

Protestantische Theologie im Wandel der Zeit

Der Protestantismus hat sich im Lauf seiner Geschichte wesentlich stärker als die anderen christlichen Konfessio- nen mit den geistigen und kulturellen Strömungen der jeweiligen Epoche auseinander gesetzt und jeweils ver- sucht, eine Sprache zu finden, die die

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Mystik Eine besondere Frömmigkeitsform ha- ben die Mystiker. Mystik (griech.: alle Sinne verschließen) ist eine Glaubens- form, die in allen großen Religionstradi- tionen verbreitet ist. Mystische Fröm- migkeit möchte sich fernab von allem Weltlichen versenken, um ein „Eins­ werden der Seele mit Gott“ ( unio mysti- ca ) zu erreichen. Meditation und Kon- templation – im Mittelalter auch Praktiken wie die Askese – sind daher die bevorzugten Frömmigkeitsübungen, um dem Ziel der erfahrbaren Verbin- dung mit Gott näher zu kommen. Nach Überzeugung vieler Mystiker/ -innen befindet sich in jeder menschli - chen Seele ein „göttlicher Funken“. Im tiefsten Inneren sind Gott und Seele mit- einander verwandt. Vielen Mystiker(inne) n ist eine Weltfremdheit nachgesagt wor- den. Doch nach der „Hinreise“ zu Gott folgt oft die „Rückreise“ in die Welt und den Alltag. Nicht nur im katholischen, sondern auch später im evangelischen Christentum gibt es eine reiche mystische Tradition. Gemeinsam ist vielen Mystiker(inne)n eine kritische Haltung gegenüber der kirchlichen Institution. Die Schriften der Mystiker/-innen hatten nicht nur eine innerkirchliche, sondern eine allgemeine geistesgeschichtliche Bedeutung, u.a. auch für die Entwick- lung der deutschen Sprache. Die Blüte der deutschen Mystik war zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert. Sie wurde vor allem in den Klöstern von

sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Ba- sisformel). Beim Weltkirchenrat geht es um theologische und kirchliche Themen, aber auch um politische Fra- gen wie die Folgen von Globalisierung und ungerechter Weltwirtschaft, Ras- sismus, Sexismus, Menschenrechte oder Befreiungsbewegungen. Zurzeit gehören dem Weltkirchenrat 330 anglikanische, orthodoxe und pro- testantische Kirchen an. Sie vertreten gemeinsam rund 450 Millionen Gläu- bige. Die römisch-katholische Kirche ist bis heute aufgrund ihres besonderen Kirchenverständnisses kein Mitglied, obwohl es Annäherungen gibt. So ar- beitet sie in der Kommission für Glau- ben und Kirchenverfassung mit. Theologie der Befreiung Innerhalb der christlichen Theologie hat es immer Bewegungen gegeben, die sich mit der politischen, gesell- schaftlichen und kulturellen Situation der Menschen in einer globalisierten Welt auseinander setzen. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts entstand in den damals so genannten „Ländern der Dritten Welt“, zunächst in Latein- amerika, die Befreiungstheologie. Die Theologie der Befreiung ist eine konfessionsübergreifende Theologie. Ausgangspunkt war die Erfahrung von Unterdrückung und Armut. Ausgehend

Männern wie von Frauen gelebt. Zu den berühmtesten Mystikerinnen und Mystikern gehören Meister Eckhart, Johannes Tauler, Hildegard von Bin- gen, Theresa von Avila sowie in der Neuzeit Dorothee Sölle, die in ihrem Buch „Mystik und Widerstand“ auf- zeigt, dass Kontemplation und politi- sches Engagement keine Gegensätze sind, sondern sich im Gegenteil gut er- gänzen können.

Christentum heute Ökumenische Bewegung

Seit dem 20. Jahrhundert gibt es eine ökumenische Bewegung (griech.: oikoumene : die ganze bewohnte Erde betreffend), d. h. eine Einigungsbewe- gung christlicher Kirchen. Ihr Ziel ist es, die Einheit der Kirchen in der Ver- kündigung von Jesus Christus und eine Einheit im Dienst an der Welt zu errei- chen. Ausgangspunkt dieser Bewe- gung war die Mission, d. h. die Ver- kündigung der christlichen Botschaft in anderen Ländern und Kontinenten. Schlüsselereignis war 1910 die Welt- missionskonferenz in Edinburgh. Dar- aus entstand 1948 der Ökumenische Rat der Kirchen (auch Weltkirchenrat) mit seinem heutigen Sitz in Genf. Er begreift sich als eine Gemeinschaft der Kirchen, die sich zu Gott und Christus bekennen und „gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen

Chorgestühl in der Kathedrale von Canterbury

ihrer Tradition vereint die anglikani- sche Kirche sowohl katholische als auch evangelische Elemente, wobei die katholischen Elemente in der Liturgie und die evangelischen Ele- mente in der Lehre bzw. der Theologie bestimmend sind. Die anglikanische Kirche ist im 16. Jahrhundert nicht durch eine Reformation entstanden, sondern durch einen persönlichen Bruch des englischen Königs Heinrich VIII mit dem Papst. Die anglikanische Kirche versteht demnach die Reforma- tion nicht als Bruch, sondern als not- wendige Reform der katholischen Kir- che. Damit ist die anglikanische Kirche sowohl katholische als auch reforma- torische Kirche.

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